Bis zu 500 Hunde kommen jedes Jahr ins Tierheim nach Botnang. Foto: dpa

Das Tierheim hat mit den Auswirkungen von Internetkäufen zu kämpfen.

Stuttgart-Botnang - Weihnachten ist zwar schon einige Tage vorbei, doch die Auswirkungen dieses Festes sind im Botnanger Tierheim noch nicht zu spüren. „Es ist noch zu früh, um Bilanz zu ziehen“, sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Angelika Schmidt-Straube. „Tiere zu Weihnachten zu verschenken: Das geht gar nicht.“ Doch jedes Jahr kommen zahlreiche Stuttgarter auf die Idee, dass sich Vierbeiner gut unter dem Weihnachtsbaum machen. „Meistens folgt dann später das böse Erwachen“, sagt Schmidt-Straube. „Die Leute informieren sich oft nicht ausreichend, ehe sie sich ein Tier anschaffen.“ Und im Internet werde es den Interessierten auch viel zu leicht gemacht. „Dort bekommt man die schönsten Giftschlangen“, sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins verärgert. Dass es nicht so leicht und günstig ist, so ein Tier zu halten, werde oft nicht bedacht. „Und was passiert, wenn Urlaub ansteht oder eine hohe Arztrechnung zu begleichen ist?“ Da werde das Tier schnell lästig – abgegeben oder ausgesetzt. „Vor allem bei Reptilien merken wir einen enormen Anstieg.“ Immer mehr Schlangen, Echsen und Schildkröten landen in der Einrichtung in Botnang. Erst jüngst sprach Angelika Schmidt-Straube mit einer 83-Jährigen, die zwei ein Jahre alte Schildkröten von ihrer Tochter geschenkt bekommen hat. „Die Tiere werden 100 Jahre alt. Daran denken viele Leute einfach nicht.“

Zu den ganzen Exoten kommen jährlich rund 400 bis 500 Hunde, 300 bis 400 Katzen und 1500 bis 2000 Kleintiere, sagt Tierheimleiterin Marion Wünn. Die Kleintiere wurden oft entsorgt: in Mülleimern, Kartons, Containern, in Feld und Wald. „Der Wert der Tiere wird nicht respektiert“, sagt Wünn. Sie bedauert auch die jungen Hunde, die von unverständigen Menschen aus dem Ausland eingeschleppt werden, ohne dass sie bei einem Tierarzt waren. „Die Welpen müssen mehrere Monate alleine in Quarantäne leben, dann ist ihre Jugend vorbei und sie sind traumatisiert.“ Und das nur, weil die Besitzer vorher nicht nachgedacht haben. „Man kann sich doch vorher schlaumachen“, sagt Wünn.

Marion Wünn: Ohne Erbschaften gäbe es kein Tierheim

„Finger weg von Internet- oder Kofferraumkäufen“, fordert Schmidt-Straube. Und auch bevor man einen Züchter aufsuche, solle man lieber erst einmal im Tierheim vorbeischauen. „Wir geben die Tiere liebend gerne her – wenn alles passt“, betont die Vorsitzende des Tierschutzvereins. „Wir haben aber nichts zu verschleudern.“ Natürlich gebe es Kriterien, die erfüllt sein müssen, ehe jemand ein Tier aus der Botnanger Einrichtung bekomme. Das Tier stehe immer im Vordergrund. Schließlich suche man einen Platz, an dem es für den Rest seines Lebens bleiben könne. „Wir haben sehr gute Vermittlungsquoten“, sagt Angelika Schmidt-Straube. Das bestätigt auch Marion Wünn: „Wir haben einen Vermittlungserfolg von 95 Prozent.“ Bei 2500 bis 3000 Tieren, die jährlich im Tierheim landen, ist das beachtlich.

Doch der Betrieb der Botnanger Einrichtung ist teuer. „Wir brauchen etwa 1,6 Millionen Euro im Jahr“, sagt Wünn. Für etwa 20 Tonnen Futter, für Tierärzte, Behandlungen, Hundetrainer und diverse weitere Ausgaben inklusive Personal. Der kommunale Zuschuss für Fund- und Verwahrtiere beträgt dieses Jahr rund 485 000 Euro. Ein weiterer Teil kommt in Kleinbeträgen durch Mitglieder, Patenschaften, Spendenaktionen und Veranstaltungen herein. Doch das Wichtigste für den Bestand sind Legate: „Ohne Erbschaften gäbe es kein Tierheim“, sagt Wünn. Doch die gibt es nicht regelmäßig und zuverlässig. Diese dauernde finanzielle Unsicherheit kostet Nerven: „Wir leben von der Hand in den Mund“, sagt Wünn. Doch die Existenz des Tierheims sei aktuell nicht gefährdet, betont Schmidt-Straube. „Ich kann derzeit gut schlafen“, sagt sie.