Foto: Ines Rudel

Keine Infostände, keine Weihnachtsmärkte, kein Verkauf von Selbstgemachtem. Dem Tierheim Esslingen brechen durch Corona sehr viele Einnahmen weg. Ein paar dieser Pandemie-Defizite möchte die Einrichtung durch eine vorweihnachtliche Wunschaktion ausgleichen.

Esslingen - Hugo ist eine Seele von Hund. Gutmütig, freundlich, verschmust. Gerne posiert der Mischling vor dem Christbaum im Tierheim Esslingen für das Foto. Nur beim Klicken der Kamera zuckt er zusammen. Schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit. „Er ist ein Angsthase. Aber ein Lieber“, erklärt Tierpfleger-Azubi Alexandra Priwall (Foto). Hugos Weihnachtswunsch ist klar: Er würde gerne eine nette Familie finden, die ihn aufnimmt. Aber auch seine Mitbewohner würden sich über ein Geschenk unterm Christbaum freuen. Dafür hat das Tierheim eine Weihnachtsaktion gestartet.

 

Die Spionin und Zuko

Menschliches und Tierisches erleben die 16 hauptamtlichen und unzähligen ehrenamtlichen Mitarbeiter im Tierheim Esslingenjeden Tag. So auch eine Liebesgeschichte mit und ohne Happy End. Kein Widerspruch! Sieben Katzen wurden aus einer nicht artgerechten Haltung befreit und ins Tierheim gebracht. Sechs Stubentiger wurden rasch vermittelt, doch Mata Hari tat sich schwer. Das lag nicht an ihrem geheimnisvollen Namen mit Bezug zu der berüchtigten Spionin, sondern an einem Katzenschnupfen, den sich das Tier eingefangen hatte. Dann wurde der schmucke Kater Zuko ins Tierheim gebracht. Er leidet ebenfalls an Katzenschnupfen, und eine Liebesgeschichte auf sanften Pfoten begann. Happy End. Vorerst. Doch wegen des Schniefens und der Krankheit haben beide noch kein gemeinsames Zuhause gefunden. „Dabei ist Katzenschnupfen für Menschen ungefährlich“, beruhigt Tierpflegerin Manuela Schlattner. Aber die schwierige Doppel-Vermittlung von Mata Hari und Zuko ist nicht das einzige Problem im Tierheim.

Einnahmen brechen weg

Viele Bemühungen seien in Corona-Zeiten für die Katz, bedauert David Koch, der Vorsitzende des Trägervereins: Das ehrenamtliche und öffentliche Leben steht still, Weihnachtsmärkte, Infostände, Veranstaltungen zum Verkauf von Selbstgebasteltem und eigene Feste fallen aus, dadurch kommen weniger Geld- und Sachspenden zusammen. Die Einnahmen für Pensionstiere brechen weg, da Tierfreunde wegen der Pandemie nicht mehr verreisen können und wollen.

DasTierheim darf nur nach vorheriger Terminabsprache und unter Einhaltung der Hygiene-Regeln besucht werden – daher können weniger Tiere vermittelt werden. Und auch die Schutzgebühr, die der neue Besitzer für das Tier entrichten muss, entfällt. „Wir bekommen von der Stadt Esslingen keinen Extrazuschuss. Es gibt nur die für alle Vereine übliche Unterstützung, die sich an der Zahl der Mitglieder orientiert“, betont Koch. Einnahmen bescherten in Nicht-Corona-Zeiten die Beiträge der etwa 1600 Mitglieder,Patenschaften, Fundtierverträge bei Vermittlungen, eigene Aktionen, Spenden und Erbschaften. Doch nun blieben viele Gelder aus. Darum setzt das Tierheim auf den vorweihnachtlichen Zauber.

Wunschzettel der Tiere

In verschiedenen Geschäften im Kreis Esslingen, so erklärt Constanze Heidbrink, beim Trägerverein für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, wurden in den Verkaufsflächen Christbäume aufgestellt, an denen Wunschzettel der Tiere hängen. Sie hätten zu Weihnachten gerne Leckerli, ein Körbchen, Spielzeug oder eine Dose Diätfutter. Doch wie haben die Tiere diese ihre Wünsche artikuliert? Da wären die Tierpfleger als Dolmetscher für die tierische Aktion eingesprungen, sagt Manuela Schlattner und schmunzelt. Geschäftskunden können sich nun einen Wunschzettel vom Christbaum schnappen, das Gewünschte kaufen und es unter den Baum legen. Alle Sachspenden werden an das Tierheim weitergeleitet, das somit ein paar seiner Corona-Defizite ausgleichen möchte. Mata Hari und Zuko aber wollen weder Leckerli noch Spielzeug. Die beiden Schmusetiger mit dem Katzenschnupfen hoffen auf eine erste gemeinsame Wohnung und ein Happy End. Sie wollen keine Liebesgeschichte, die für die Katz ist!

Rambo-Eichhörnchen und gute Wünsche

Eichhörnchen Zu Weihnachten, dem Fest der Liebe, möchte Manuela Schlattner mit einem ungeliebten Vorurteil aufräumen. Es halte sich hartnäckig das Gerücht, dass Eichhörnchen aus anderen Ländern die einheimischen Tiere verdrängten, so die Tierpflegerin. Doch die Mär von den Rambo-Einhörnchen sei eine Fehlinformation: In Deutschland gäbe es diese unerwünschten Eindringlinge nicht. Vielmehr hätten die einheimischen Tiere viele Farbschattierungen von hellem Rot bis hin zu einem tiefen Schwarz.

Katzenschwemme 2020, so erklärt Manuela Schlattner, wurden sehr viele herrenlose Katzen und Katzenbabys im Tierheim aufgenommen. Die Tierpflegerin weist dringend darauf hin, dass die Tiere kastriert werden sollten, um ihre Anzahl und somit ihr dadurch bedingtes Elend zu verkleinern. Auch kastrierte Katzen würden weiterhin Mäuse fangen, tritt sie einem Vorurteil entgegen. Und es sei auch unwahr, dass Katzen aus gesundheitlichen Gründen zumindest einmal Junge bekommen müssten.

Die Wunschzette l Die Weihnachtsbäume für die Wunschaktion des Esslinger Tierheims stehen beim Baumarkt Hornbach und Zoo Kölle in Esslingen sowie bei Fressnapf in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis), Neckartenzlingen und Deizisau. Die geleisteten Sachspenden kommen laut Trägerverein-Sprecherin Constanze Heidbrink direkt dem Tierheim Esslingen zu Gute.

Mehr Infos unter: www.tierschutzverein-esslingen.de.