Über Leerstände kann sich das Tierheim Esslingen nicht beklagen: Viele Kleintiere sind dort untergebracht, sagen Praktikantin Lea Renner (links) und Tierpflegerin Dilay Aras. Foto: Roberto Bulgrin

Das Tierheim Esslingen hat neue Energie bekommen: Die Einrichtung auf der Neckarinsel stellt auf Flüssiggas um. Dennoch sind die Zeiten nicht einfach.

Die Krippe ist noch leer. Die Figuren müssen noch hineingestellt werden. Aber das Häuschen steht bereits vorsorglich im Aufenthaltsraum des Tierheims Esslingen. Das Team um Leiter Horst Theilinger rüstet sich schon für die Weihnachtszeit. Doch er und David Koch, der Vorsitzende des Tierschutzvereins Esslingen und Umgebung, sehen der Zeit zum Jahresende mit gemischten Gefühlen entgegen. Normalerweise, sagen sie, fließen in diesen Wochen die Spenden besonders üppig. Doch in diesem Jahr könnte sich das finanzielle Blatt wenden: Inflation, Energiekrise, galoppierende Preise und der allgemeine Trend zum Sparen könnten sich auf die vorweihnachtlichen Gaben für das Tierheim auswirken. Dabei hat die Einrichtung auf der Neckarinsel mit denselben Problemen zu kämpfen: Die finanzielle Situation ist schwierig.

Im Keller des Tierheims wird kräftig gewerkelt. Eine neue Heizanlage werde eingebaut, erklärt David Koch. Die alte Vorrichtung war, vor allem auch durch den Neubau, an ihre Grenzen geraten. Sie war nicht mehr ausreichend für den gesamten Gebäudetrakt, konnte nicht mehr alle Teile der Einrichtung erwärmen. Darum hat sich das Tierheim zu einem Wechsel von der Öl- zu einer Gashybridheizung mit Wärmepumpe entschieden. Im November letzten Jahres war der Auftrag erteilt worden, sagt David Koch. Darum habe es keine Schwierigkeiten mit Lieferzeiten, Terminen und Umsetzung gegeben. Künftig werde das Tierheim mit Flüssiggas beheizt. Die Ausgabe schlägt seinen Angaben zu Folge nach bisheriger Kalkulation mit etwa 220 000 Euro zu Buche. Er rechne aber im Zuge der allgemeinen Preissteigerungen mit einem etwas höheren Betrag. Ein Teil der Ausgabe konnte über Spenden, Förderungen, einen Beitrag des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, die Margarete-Müller-Bull-Stiftung und andere Quellen abgedeckt werden. Einen Betrag von ungefähr 40 000 Euro aber, so David Koch, müsse das Tierheim selbst tragen.

In den Stoßseufzer fast aller Verbraucher kann auch die Einrichtung auf der Neckarinsel miteinstimmen: „Es wird alles teurer.“ Bei den Stromkosten wird voraussichtlich ein Mehr von 3000 bis 4000 Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Die Ausgaben für Tierärzte gehen ebenfalls steil nach oben. Es sei eine neue Gebührenordnung für deren Dienstleistungen erlassen worden, die eine Steigerung um mehr als 100 Prozent vorsehe, hat David Koch erfahren. Bei bisherigen Tierarztkosten von fast 170 000 Euro im Jahr 2021 sei das eine Hiobsbotschaft und bedeute eine Verschärfung der finanziellen Lage. Hinzu kommen weitere Bauarbeiten etwa für Sicherheits- und Brandschutzvorkehrungen, die David Koch nach der bisherigen Rechnung mit etwa 70 000 Euro beziffert.

Tierheim ist gut ausgelastet

Das Tierheim Esslingen tritt nach eigenen Angaben soweit als möglich auf die Sparbremse. Der Neubau sei vorsorglich mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach versehen worden. Und auch sonst würden möglichst die gängigen Tipps für einen geringeren Verbrauch eingehalten: Licht beim Verlassen des Raumes ausschalten, Heizung um ein paar Grad herunterdrehen, Fenster und Türen schließen.

Erfrieren aber sollen die Tiere nicht. Über Leerstände kann sich Horst Theilinger nicht beklagen. Mit gut 80 Katzen seien die Räumlichkeiten auf der Neckarinsel gut ausgelastet – normalerweise müssten etwa 40 Stubentiger versorgt werden. Bei den Kleintieren, vor allem den Meerschweinchen, sei die Lage ähnlich: „Wir sind fast voll belegt.“ Er befürchtet noch einen weiteren Ansturm. Wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter so entwickeln würden, dann könne es sein, dass sich mancher Haustierhalter seinen Liebling nicht mehr leisten könne und er sich notgedrungen von ihm trennen müsse. Gerade bei Terrarien sei der Stromverbrauch hoch – da würde wohl mancher an seine finanziellen Grenzen geraten. Aber das Tierheim-Team mit seinen 14 Hauptamtlichen, den beiden Azubis und den drei Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle würde sich gerade in der Vorweihnachtszeit Gedanken um mögliche Aktionen machen. Der Betrieb müsse ja weitergehen. Neue Fördertöpfe sollen erschlossen, Kommunen um eine Unterstützung angefragt, die Spendenbereitschaft angekurbelt werden.

Ohne die Ehrenamtlichen, so betonten Horst Theilinger und David Koch, würde gar nichts gehen. Sie würden viel Arbeit übernehmen und die Hauptamtlichen entlasten. Doch bald macht sich das ganze Team an die Vorbereitung auf die Weihnachtszeit. Dann wird die Krippe mit Figuren gefüllt und aufgestellt. Und alle hoffen auf einen versöhnlichen Jahresabschluss. Trotz schwerer Rahmenbedingungen.

Das Tierheim Esslingen

Die Einrichtung
Träger des Tierheims auf der Neckarinsel ist der Verein Tierschutzverein Esslingen und Umgebung. Er wurde im Jahr 1953 gegründet und hat nach eigenen Angaben mehr als 1600 Mitglieder. Neben dem Tierheim unterhält er eine eigene Geschäftsstelle mit drei Mitarbeitenden in Esslingen.

Jubiläum
 Im nächsten Jahr steht dem Tierheim ein doppeltes Fest ins Haus: 70 Jahre Tierschutzverein und 60 Jahre Tierheim auf der Neckarinsel werden begangen. Geplant ist eine Kombination aus Jubiläums- und Benefizgala, sagt David Koch. Am Freitag, 14. Juli, werde in der Festhalle in Denkendorf gefestet.

Tiere
 Im Tierheim Esslingen sind aktuell laut Leiter Horst Theilinger 211 Tiere untergebracht. Vor allem seien es Katzen und Kleintiere, aber auch Hunde und eine Schlange.  

Mehr Informationen zum Tierheim stehen unter https://www.tierschutzverein-esslingen.de/