Der Ökoverband wirft dem Bundeslandwirtschaftsminister ein Spiel auf Zeit vor und verlangt klare Kennzeichnungen bei der Fleischerzeugung.
Stuttgart - Der Ökoverband Bioland wirft Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vor, er wolle schlechte Zustände bei der Tierhaltung möglichst lange aufrechterhalten. „Schmidt spielt nur auf Zeit“, sagte ein Sprecher des Ökoverbandes unserer Zeitung, „damit er überhaupt etwas vorweisen kann, will er nun ein staatliches Label bringen“. Es sei aber falsch, weiter auf Freiwilligkeit zu setzen, statt auf staatliche Normen. Bioland wäre im Gegensatz zu Schmidt dafür, alle gängigen Tierhaltungssysteme im Fleischbereich zu überprüfen und entsprechend einzuordnen. Dies könne ähnlich geschehen wie die Klassifizierung bei Eiern. Dabei wird mit verschiedenen Ziffern auf die Art der Hühnerhaltung hingewiesen. „Dann hätte der Verbraucher eine Nummer auf seiner Fleischpackung und es wäre Transparenz vorhanden“. Dies könne ein erster Schritt sein, später könnte dann auch eine Klassifizierung von Fleisch für den Verzehr außer Haus – etwa in Gaststätten – vorgenommen werden.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hatte in einem Gespräch mit unserer Zeitung angekündigt, er wolle möglichst bis zur „Grünen Woche“ im kommenden Januar ein staatliches Label mit verschiedenen Klassifizierungen einführen. Dabei solle es eine Basiskategorie für Fleisch geben, das aus Tierhaltung stamme, die über dem gesetzlichen Standard liege. Zudem werde es dann noch eine oder zwei mit Sternen gekennzeichnete Premiumstufen geben.
Kennzeichnung wie bei Eiern gefordert
Rudolf Bühler, der Gründer und Vorsitzende der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, bekannt für das „Hällische Landschwein“ begrüßt die Ankündigung von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, ein staatliches Label zur Fleischkennzeichnung einzuführen. Grundsätzlich sei dies positiv, sagte Bühler. Damit könne Ordnung in den Wildwuchs der vielen unterschiedlichen Labels gebracht werden, die die Verbraucher verwirren würden. „Sinnvoll wäre ein Kennzeichnung ähnlich wie bei Eiern, erklärte der Vorsitzende. Bei diesen steht die Ziffer „0“ für Bio-Hühnerhaltung, die Ziffer „1“ für Freilandhaltung, die Ziffer „2“ für Bodenhaltung und die Ziffer „3“ für Käfighaltung. „Das wäre eine gute Sache“, sagte Bühler. Er bezweifle aber, dass Schmidt die politische Kraft habe, seine Vorstellung auch durchzusetzen. Entscheidend sei, was der Bauernverband von der Idee des Ministers halte. Den von Schmidt angepeilten Termin zu der Vorstellung des Labels auf der Grünen Woche in Berlin im kommenden Januar hält Bühler für sinnvoll.
Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft mit ihren 1450 Mitgliedern hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 120 Millionen Euro erzielt. „Wir sind kein Nischenanbieter mehr, sondern Qualitätsführer im gehobenen Fleischsegment“, sagte Bühler zu der Entwicklung der Erzeugergemeinschaft. Inzwischen seien 470 Mitglieder Biobetriebe.
Kritik auch vom Bauernverband
Auch der Bauernverband sieht das von Schmidt angekündigte Siegel kritisch. „Die Labels sind bisher nie aus der Nische gekommen“, sagte eine Sprecherin. Dagegen sei die von ihrem Verband mit getragene „Initiative Tierwohl“ bisher der einzige Ansatz, der helfe, eine tiergerechte Haltung „in die Fläche zu bringen“. Partner bei dieser Initiative sind neben den Bauern der Einzelhandel und die Schlachtbetriebe. Finanziert wird die Initiative vom Handel, Landwirte erhalten Geld für Anstrengungen, um das Leben der Tiere zu verbessern. Eine eigene Kennzeichnung gibt es bei der Initiative nicht, wohl aber legen teilnehmende Handelsketten Broschüren aus, in denen sie darauf hinweisen, was Bauern und Handel tun, um das Tierwohl zu verbessern. Eine Sprecherin des Verbraucherzentrale Bundesverbands sagte, Schmidt dürfe die Schwelle für die Vergabe seines geplanten Labels nicht zu niedrig anlegen. Zu begrüßen sei, dass es nun möglicherweise eine staatliche Kennzeichnung gebe. Dies könne bei den Verbrauchern mehr Vertrauen schaffen als vielen einzelnen Labels. Auch die Verbraucherzentrale spricht sich für eine ähnliche Klassifizierung des Fleisches wie bei Eiern aus. Wenn sich eine solche Kennzeichnung in Deutschland durchgesetzt habe, sei es als zweiten Schritt sinnvoll, auch eine in der gesamten Europäischen Union geltende Einstufung für Fleisch einzuführen.
Bioland hält auch nichts von der Ankündigung Schmidts, bis 2017 solle erkennbar sein, ob in einem Ei ein weibliches oder männliches Huhn steckt. „Das wissen alle, dass das bis dahin nicht klappt“, sagt der Sprecher des Ökoverbandes. Damit soll nach Meinung des Landwirtschaftsministers das bisher übliche Schreddern junger männlicher Küken verzichtet werden. Schmidt setzt auf diese Entwicklung, weil er glaubt, ein Verbot des Schredderns werde zu langjährigen juristischen Auseinandersetzung führen. Nach Ansicht von Schmidt sollte das Schreddern aber rasch beendet werden. Männliche Küken werden geschreddert, da sie keine Eier legen.