Beate Meyer-Friesch liebt Greifvögel und Eulen. Seit 18 Jahren ist sie Falknerin. Wer bei ihr einen Kurs bucht, sieht sich Auge in Auge mit den Tieren – und mit sich selbst.
Ein sanftes Gurren entfährt der Eulenkehle. Kuckuckskauz Iwi sitzt auf dem Falknerhandschuh und genießt Linas Streicheleinheiten. Die Augen des gerade einmal handgroßen Kauzes schließen sich genüsslich, wenn die Elfjährige ihm behutsam über das Gefieder streicht – eine Szene wie aus den Harry-Potter-Filmen. Doch Iwi ist real, und bei der Falknerin Beate Meyer-Friesch in Murrhardt-Kirchenkirnberg (Rems-Murr-Kreis) kann jeder lernen, mit Eulen und Greifvögeln umzugehen. „Den Laut, den er gerade macht, nennt man Lahnen“, erklärt die 59-Jährige, „Iwi bettelt dich damit um Futter an“.
Seit 18 Jahren ist die Murrhardterin den Greifvögeln verfallen. „Nach einer Flugshow auf dem Hohenneuffen habe ich zu meinem Mann gesagt, dass ich so etwas auch machen will“, sagt sie. Gesagt, getan. Nach dem dafür nötigen Jagd- machte sie den Falknerschein. Bei Flugshows auf dem Hohenneuffen, aber auch bei Kursen bei ihr in Kirchenkirnberg gibt sie das Wissen über Greifvögel und Eulen weiter. Der Name ihrer kleinen Falknerei: Cum Avibus – frei nach dem Titel eines Falknerei-Lehrbuchs aus dem 13. Jahrhundert.
Falknerei ausprobieren – in Murrhardt ist das möglich
Bald schon fliegen Iwi und der afrikanische Fleckenuhu Aleta zwischen Lina und Meyer-Friesch hin und her. Nicht jeder kommt auf Anhieb so gut mit den Greifvögeln klar wie die Schülerin, die heute bei Meyer-Friesch zu Besuch ist. „Diese Tiere spiegeln uns Menschen wider“, sagt die Falknerin. Bei aufgedrehten Teilnehmern verhielten sich auch die Vögel unruhig, erzählt sie. Gesunder Respekt vor den Tieren sei immer angebracht – angesichts der Fänge und Schnäbel der Vögel versteht sich das eigentlich von selbst.
Auch das Füttern der gefiederten Räuber mit den Einzelteilen toter Hühnerküken dürfte für viele Menschen gewöhnungsbedürftig sein. Aber, da beißt die Maus keinen Faden ab, so niedlich Kuckuckskäuzchen oder Wanderfalke aussehen, sie sind Räuber. Anderen sieht man das deutlicher an, etwa dem Rothabicht. So werden junge Habichte wegen ihrer Gefiederfärbung genannt. Mit seinen großen Fängen und dem durchdringenden Blick gebietet der Vogel jedem Respekt. „Wäre er ein wilder Vogel, könnten wir so etwas nicht machen“, betont Meyer-Friesch.
Ihre Tiere stammen jedoch alle aus der Zucht. Und jene, die mit der passionierten Jägerfamilie auf Pirsch mitgehen beziehungsweise -fliegen, nehmen nicht an Flugshows teil. Zu groß wäre die Gefahr, dass ihr Killerinstinkt mit ihnen durchgeht und ein Hündchen oder ein kleinerer Mitflieger dran glauben müssen. „Idealerweise beginnen wir mit dem Training nach drei oder vier Monaten, wenn die Vögel ausgewachsen sind“, sagt die Falknerin. Also zu dem Zeitpunkt, in dem sie das elterliche Nest verlassen.
„Der Falkner übernimmt dann im Grunde die Rolle der Eltern“, sagt Meyer-Friesch. Während die Elterntiere das Futter immer weiter vom Nest entfernt drapieren, gewöhnen die Falkner ihre gefiederten Schützlinge an die menschliche Gegenwart – und daran, was sie zu tun haben, um satt zu werden.
Das Erlebnis, wenn ein Vogel freiwillig zu ihr zurückkommt, ist für Meyer-Friesch noch immer ein ganz besonderes. „Dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe“, sagt sie und lächelt. Übrigens: Bei Eulen, die eigentlich als Inbegriff von Weisheit gelten, müssen Falkner mit dem Training besonders früh und gewissenhaft beginnen.
Bei Cum Avibus lernen Besucher alles über Greifvögel und Eulen
Ihr Wissen über Greifvögel und Eulen gibt Beate Meyer-Friesch gerne weiter. Seit einiger Zeit beteiligt sie sich selbst mit ihren Tieren an den Flugshows auf dem Hohenneuffen. Zudem kann jeder bei ihr Kurse buchen – sie kommt sogar zu Besuch in Kindergärten und Schulen. „Es ist so schön zu sehen, wenn selbst die schüchternsten Kinder sich zum Schluss trauen, so einen Vogel auf die Hand zu nehmen“, sagt sie.
Und auch ihre Familie hat sie mit ihrer Leidenschaft angesteckt: Nicht nur ihr Mann Heinz, sondern auch ihre Söhne Josias und Elias haben inzwischen den Falknerschein. „Jeder Vogel ist anders – man kann schon sagen, jeder von ihnen hat sein eigenes Wesen“, schwärmt der 20-jährige Josias. Auch deshalb lernt ein Falkner niemals aus: Selbst wer sich seit Jahrzehnten mit den Tieren beschäftigt, kann noch etwas Neues lernen.
Falknerei erleben
Kurse
Beate Meyer-Friesch bietet als Cum Avibus Falknerzeit Kurse für Jedermann an, bei denen Besucher Greifvögel hautnah erleben können. Auf dem Programm stehen zum Beispiel Spaziergänge mit Bussarden und Eulen, aber auch Besuche bei Hochzeiten, Geburtstagen oder bei Kindergärten und Schulen.
Preise
Die Kosten für einen Kurs sind unterschiedlich. Einzelpersonen zahlen pro Stunde 75 Euro für einen Spaziergang, 85 Euro für einen Kurs. Weitere Informationen und Kontaktdaten findet man im Internet unter www.cum-avibus.de.