Ohne Untersuchung der Tiere darf ein Tierarzt keine verschreibungspflichtigen Medikamente abgeben Foto: dpa

Die Gesetzeslage ist eindeutig: Kein Tierarzt darf Penicillin abgeben an "Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen", ohne sie zuvor untersucht zu haben. Diese Vorschrift ist nun einem Tierarzt aus Sindelfingen zum Verhängnis geworden.

Böblingen - Seit 25 Jahren betreute der Tierarzt die Milchkühe einer Landwirtfamilie im Enzkreis. Regelmäßig besuchte er den Hof und sah nach den Tieren. Bei kleineren Erkrankungen kam es aber immer wieder vor, dass der Bauer anrief, die Beschwerden einer Kuh schilderte, und sich daraufhin Medikamente aus der Apotheke der Praxis holen konnte, ohne dass der Arzt auf den Hof fuhr.

Vor allem bei Euterentzündungen wurde zu diesem Verfahren gegriffen. Damit habe er einen Gesetzesverstoß begangen, urteilte der Richter Andreas Arndt am Mittwoch. Der 53-jährige Tierarzt wurde zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 130 Euro auf Bewährung verurteilt. Lässt er sich innerhalb eines Jahres nichts mehr zuschulden kommen, muss er die 6500 Euro nicht zahlen und gilt als nicht vorbestraft. Allerdings muss er als Bewährungsauflage 5000 Euro an den Bewährungshilfeverein zahlen.

Sein Kompagnon, der mit ihm zusammen die Praxis führt, wurde freigesprochen. Er konnte beweisen, dass es in der Praxi eine genaue Arbeitsteilung gibt und er für die Betreuung der Landwirtsfamilie nicht verantwortlich war.

Das Regierungspräsidium Tübingen, das für die Überwachung der Tierarzt-Apotheken sowie der landwirtschaftlichen Betriebe zuständig ist, hatte bei einer Überprüfung die Verstöße festgestellt.. „Ist es üblich, dass Tierärzte nicht in jedem Krankheitsfall auf den Hof fahren?“, wollte der Richter wissen. „Ob es üblich ist, kann ich nicht sagen. Es gibt sicher einige Fälle, aber es ist nicht gesetzeskonform“, sagte der Vertreter der Behörde.

Der Tierarzt hingegen sah sich im Recht. Er kenne sowohl den Landwirt als auch die Kühe bestens. „Der Bauer gibt sehr wenige Medikamente, viel weniger als die meisten anderen Landwirte. Ich selbst kaufe meine Milch dort.“ Bei einer Euterentzündung mache es wenig Sinn, das Tier zu untersuchen. „Meist sieht man das der Kuh nicht an. Aufklärung gibt nur der Schleimtest, den jeder Bauer selbst durchführen kann. Und wenn der mir die Werte durchgibt, kann ich eine Arznei verschreiben“, begründete der 53-Jährige sein Vorgehen.

Der Richter jedoch ließ an der Schuld keinen Zweifel. „Doch Sie haben diese Verstöße nicht aus Böswilligkeit begangen, sondern das hat sich im Laufe der Zeit so eingeschlichen.“ Zu seinen Gunsten spräche außerdem, dass er nicht vorbestraft sei und sich kooperativ verhalten habe. Alle Behandlungen und Verschreibungen hatte er vorschriftsmäßig dokumentiert. Als positiv wertete Arndt, dass der Arzt seine Apotheke neu geordnet hat und er künftig auf die Behandlung von Milchkühen verzichten will. Die betroffene Bauernfamilie hat mittlerweile ihren Stall zugemacht.