Björn Höcke (AfD) nahm diese Woche bei einem Schweigemarsch in Chemnitz teil. Foto: AP

Thüringens AfD-Chef Höcke liebt die Provokation und extreme Positionen am rechten Rand. Vertritt er eine Einzelmeinung - oder hat sich die Partei seinen Überzeugungen längst angeschlossen? Dem will der Verfassungsschutz nun nachgehen.

Erfurt - Die Thüringer AfD mit ihrem Partei- und Fraktionschef Björn Höcke wird zum Prüffall für den Verfassungsschutz. Landesverfassungsschutzchef Stephan Kramer leitete am Donnerstag damit die Vorstufe einer möglichen Beobachtung der AfD ein. Diese erfolge ohne nachrichtendienstliche Mittel und ergebnisoffen, hieß es. Es gehe darum, ob sich vage Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD bestätigten oder nicht, sagte Kramer.

AfD-Landessprecher Olaf Möller erklärte, die Entscheidung zeige den Willen der rot-rot-grünen Landesregierung, „die Verfassungsschutzbehörde politisch zu instrumentalisieren“. Die AfD werde prüfen, ob das angekündigte Vorgehen des Verfassungsschutzes rechtmäßig sei.

Unterstützung auch aus der Opposition

Als Gründe für die Einstufung der AfD als Prüffall für den Verfassungsschutz nannte Kramer eine bröckelnde Abgrenzung der AfD zu rechtsextremistischen Gruppierungen wie sie beispielsweise bei einem Schweigemarsch in Chemnitz deutlich geworden sei sowie extreme Äußerungen von Höcke. Innenminister Georg Maier (SPD) unterstützt die Entscheidung ebenso wie die oppositionelle CDU-Landtagsfraktion. Maier: „Wir haben mit Herrn Höcke einen ideologischen Vordenker, um nicht zu sagen, einen ideologischen Scharfmacher“.

Nach den Vorfällen in Chemnitz hatte es Forderungen von Politikern gegeben, die AfD, die im Bundestag und vielen Landesparlamenten sitzt, vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Es gehe nicht um ein Wettrennen, wer zuerst die AfD in den Blick nehme, so Thüringens Innenminister. Kramer sagte, der Verfassungsschutz sei eine Gefahrenabwehrbehörde und kein politisches Kampfinstrument. Im bundesweiten Verfassungsschutzverbund gebe es derzeit rege Diskussionen, wie die Informationsbasis über die AfD verbessert werden könne.

Erfolgloses Parteiausschlussverfahren gegen Höcke

Höcke gilt als Rechtsaußen in der AfD. Nach seiner Dresdner Rede 2017 mit der Forderung nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ lief gegen ihn ein erfolgloses Parteiausschlussverfahren.

Geprüft werde in einem begrenzten Zeitraum von mehreren Monaten, ob Höcke innerhalb der AfD eine Einzelmeinung vertrete oder sich die Partei seinen Überzeugungen längst angeschlossen habe, sagte der Verfassungsschutzchef. Es gebe Indizien, dass sich die Partei seinen Positionen angeschlossen habe, äußerte Kramer mit Verweis auf die Thüringer Schiedsgerichtsentscheidung, Höcke nicht auszuschließen. In einem kürzlich veröffentlichten Buch würde Höcke zudem stark völkische Inhalte vertreten.

AfD-Landessprecher Möller erklärte, nicht Äußerungen einzelner AfD-Mitglieder bedrohten die freiheitlich-demokratische Grundordnung, sondern das einseitige Verhalten der zur Neutralität verpflichteten Landesregierung.

CDU-Innenpolitiker Wolfgang Fiedler sagte, die AfD habe die Entscheidung des Verfassungsschutzes geradezu provoziert. Höcke und andere in der AfD müssten sich entscheiden, „ob sie weiter mit Revolutions- und Systemsturzrhetorik dem rechtsextremen Affen Zucker geben wollen oder einen klaren Trennstrich zu Verfassungsfeinden ziehen“. Die SPD-Innenpolitikerin Dorothea Marx sieht die AfD auf dem Weg, „das Sammelbecken der extremen Rechten in Deutschland werden zu wollen“.

Die Verfassungsschutzämter in Bremen und Niedersachsen hatten kürzlich entschieden, die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative zu beobachten.