Sehr viele Krebspatienten haben nach ihrer Therapie Anspruch auf eine Rehabilitation. Meist ist damit ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer dafür spezialisierten Klinik vorgesehen. Foto: Fotolia/©

Nach dem Schock der Krebs-Diagnose drängen sich viele Fragen auf – nach der richtigen Klinik, den Therapiemöglichkeiten, oder, wie es gelingt, ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis aufzubauen. Einige wichtige Kriterien benennen Experten des Stuttgart Cancer Center (SCC) – Tumorzentrum Eva Mayr-Stihl vom Klinikum Stuttgart und der Deutschen Krebsgesellschaft.

Wie findet man die richtige Klinik?

Auch die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachrichtungen ist wichtig: In vielen Kliniken gibt es sogenannte Tumorboards – also Konferenzen, in denen sich die spezialisierten Fachärzte absprechen, die an der Diagnostik und Therapie beteiligt sind. „Da sind Chirurgen, Strahlentherapeuten und Onkologen dabei, teils auch Palliativmediziner und Psychoonkologen“, sagt Zerweck. „Das Ziel ist es, gemeinsam die bestmöglichste Behandlung für den jeweiligen Patienten zu empfehlen.“

Grundlagen dieser Entscheidungen sind die Leitlinien der Fachgesellschaften, ergänzt durch aktuelle Studienergebnisse. Somit ist der Patient auch nicht auf das Fachwissen eines einzelnen Arztes angewiesen. Bietet die Klinik zudem eine sozialrechtliche, psychologische und psychosoziale Beratung an oder hat sie ein eigenes Ernährungsteam, ist das ebenfalls ein gutes Zeichen.

Kliniken der Regelversorgung sind zu einem Qualitätsbericht verpflichtet. Zugang zu den Daten bietet die Bertelsmann-Stiftung im Netz, www.weisse-liste.de.

Worauf kommt es beim Arzt-Patienten-Gespräch an?

Es gibt Patienten, die sind mit allem einverstanden, was der Arzt vorschlägt. Andere wiederum wollen es genau wissen: die Heilungschancen, die Therapiemöglichkeiten und die damit verbundenen Nebenwirkungen. Eher zu der Gruppe der Wissbegierigen zu gehören hat durchaus Vorteile, sagt Alf Zerweck, leitender Oberarzt am Stuttgart Cancer Center (SCC) – Tumorzentrum Eva Mayr-Stihl des Klinikums Stuttgart. „Ein gut informierter Patient kann mit den Anstrengungen, die eine Krebstherapie mit sich bringen kann, besser umgehen“, sagt Zerweck.

Daher sollten sich Patienten von einem Experten behandeln lassen, dem sie Vertrauen entgegenbringen. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte man den Mut aufbringen, dies offen zu sagen. Zerweck empfiehlt, sich auf solche Arzt-Patienten-Gespräche gut vorzubereiten. Am besten ist es, sich schon in den Tagen zuvor Zettel und Stift bereitzulegen, um Fragen zur Diagnostik oder Therapie zu notieren.

In diesen Gesprächen sollte man dem Arzt nicht nur schildern, welche körperlichen Beschwerden man hat, sagt Zerweck. „Wichtig sind auch die Sorgen und Nöte, die mit der Krebsdiagnose einhergehen.“ Es hilft auch, einen Angehörigen zu dem Gespräch mitzunehmen. So werden Details seltener überhört, und man kann sich hinterher über das Gespräch austauschen.

Nach der Überlebensrate bei der eigenen Krebserkrankung zu fragen führt dagegen selten zu einem Ergebnis – denn wie eine Krankheit verläuft, ist von Patient zu Patient verschieden „und auch bei großer Erfahrung nicht immer vorhersehbar“, so Zerweck. „Wichtiger ist es, die Zielsetzung einer Therapie ausführlich zu besprechen.“

Was unterscheidet Organzentren von Onkologischen Zentren oder Spitzenzentren?

Für viele Krebsformen gibt es besondere Zentren – so für Brustkrebs, Darmkrebs, Hautkrebs, aber auch für Kopf-Hals-Tumore, Pankreaskarzinome oder andere. Diese werden auch als Organzentren bezeichnet, die meist von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert sind. Die Zertifizierung stellt sicher, dass die Patienten ganzheitlich und in allen Phasen der Erkrankung betreut werden, ein unabhängiges Institut sorgt für Qualitätskontrollen.

Wer in einem Onkologischen Zentrum behandelt wird, erhält eine sogenannte interdisziplinär geprägte Therapie. Fachärzte der beteiligten Kliniken der Krebsbehandlung arbeiten zusammen und besprechen die für den Patienten passende Therapie. Zu diesem Team gehören auch Psychoonkologen, Sozialarbeiter und Ernährungsberater. Auch eine palliativmedizinische Versorgung ist sichergestellt.

Das Stuttgart Cancer C enter (SCC) zum Beispiel ist ein Teil des Klinikums Stuttgart mit den Krankenhäusern Katharinenhospital, Olgahospital, Bürgerhospital und dem Krankenhaus Bad Cannstatt. Das Onkologische Zentrum wurde 2013 von der Deutschen Krebsgesellschaft zum ersten Mal zertifiziert. Dieses bildet das Dach über zehn verschiedenen Organzentren.

In Deutschland gibt es zudem zwölf Onkologische Spitzenzentren, die von der Deutschen Krebshilfe finanziell gefördert werden. Nach Angaben der Deutschen Krebshilfe arbeiten in solchen Zentren Krebsforscher eng mit Medizinern zusammen, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse so schnell wie möglich in die Klinik zu übertragen. Das erste Onkologische Spitzenzentrum in Deutschland war das Heidelberger Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT).

Wie schnell folgt auf die Diagnose die Behandlung?

Gerade erst vom Facharzt über die Krebserkrankung informiert, schon liegt man im Krankenhaus – so schnell geht das bei den meisten Patienten nicht, sagt der Koordinator des SCC, Alf Zerweck. „Normalerweise hat man zwischen der Diagnose und dem Beginn der Behandlung einige Tage bis Wochen Zeit.“

Diese Zeit sollte man auch nutzen: um sich zu sammeln, sich zu informieren und sich über den weiteren Behandlungsplan aufklären zu lassen. Auch hier gilt: „Es gibt keine festgelegte Therapie, die stur befolgt wird“, sagt Zerweck. Man könne den Behandlungsplan eher mit einer Zugstrecke vergleichen, bei der auch mittendrin die Weichen neu gestellt werden könnten. „Wichtig ist, dass Arzt und Patient zusammen am Ziel ankommen“, sagt Zerweck. Und auch das kann – je nach Therapieverlauf – stets neu gesteckt werden.

Sollte man eine Zweitmeinung einholen?

Viele Patienten sind sich unsicher, ob die Therapie, die ihnen vorgeschlagen wurde, wirklich die besten Heilungschancen bietet. „Jeder Patient hat grundsätzlich das Recht auf eine Zweitmeinung“, sagt der Koordinator des SCC, Alf Zerweck. Und dieses Recht sollte man auch beim geringsten Zweifel wahrnehmen.

„Eine Krebstherapie ist oft ein langwieriger Prozess, der nur zu schaffen ist, wenn sich Arzt und Patient vertrauen“, sagt Zerweck. Ein verantwortungsvoller Arzt würde es einem Krebskranken nicht übelnehmen, wenn dieser sich bei einem zweiten Mediziner nochmals beraten lässt, ist der Onkologe überzeugt. Man sollte zu dem Besuch alle bisherigen Untersuchungsergebnisse mitbringen.

Das Einholen der Zweitmeinung wird zwar prinzipiell von den Krankenkassen bezahlt. Allerdings haben nur wenige gesetzliche und private Kassen hierfür besondere Angebote geschaffen, die eine qualifizierte Beratung ermöglichen.

Welche rechtlichen Vorsorgen sollten Krebspatienten treffen?

Nicht nur Krebskranke sollten für den Fall vorsorgen, dass sie nicht mehr selbst über ihre medizinische Behandlung bestimmen können. Dies gelingt mit Hilfe einer Patientenverfügung, einer Betreuungsverfügung oder einer Vorsorgevollmacht. In der Patientenverfügung wird festgelegt, ob und wie man im Falle einer unheilbaren Krankheit oder nach einem Unfall behandelt werden möchte, wenn man sich selbst dazu nicht mehr äußern kann. Die Patientenverfügung legt die Art und den Umfang der medizinischen Behandlung in bestimmten Situationen fest.

Die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft raten Krebspatienten, in der Patientenverfügung zu klären, wie Schmerzen behandelt werden sollten, welche Regelungen im Falle einer Wiederbelebung, einer künstlichen Ernährung und Beatmutung gelten und unter welchen Bedingungen man diese Maßnahmen ablehnen möchte. Zudem sollte festgelegt werden, wie eine chronische Krankheit im Endstadium behandelt werden sollte.

Wer die Patientenverfügung mit der Vorsorgevollmacht kombiniert, gibt den Ärzten die Möglichkeit, einen Ansprechpartner zu haben, der den Willen des Patienten vertritt. Denn mit Hilfe der Vorsorgevollmacht wird eine Person bevollmächtigt, die persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten eines Patienten zu verwalten. Etwas anders verhält es sich bei der Betreuungsverfügung: Hier wird eine Person des Vertrauens festgelegt, die vom Vormundschaftsgericht als Betreuer bestellt werden soll.

Informationen dazu gibt es beim Bundesjustizministerium, www.bmj.bund.de

Was können Angehörige tun?

Krebs ist eine Art Familienkrankheit. Angehörige und Freunde leiden immer mit und wollen dem Krebspatienten, so gut es geht, beistehen. Das kann in manchen Fällen auch für den Betroffenen belastend sein – beispielsweise wenn die Angehörigen möglichst viele Informationen über die Krebserkrankung sammeln, aber nicht auf deren Seriosität achten. Die Deutsche Krebsgesellschaft rät in solchen Fällen zum offenen Gespräch, in dem klar gesagt werden soll, wenn es einem zu viel geworden ist.

Grundsätzlich ist ein enger Kontakt mit einer vertrauten Person während der Therapie sehr wichtig, bestätigt auch der Psychoonkologe Johannes Becker-Pfaff vom Bürgerhospital des Klinikums Stuttgart, der im SCC mitarbeitet. „Vielen hilft es, offen über alles zu reden, was einem durch den Kopf geht.“

Sind manche Themen mit Angehörigen zu schwer zu besprechen, kann man sich auch an den Psychoonkologischen Dienst wenden, der in Tumorzentren ebenfalls angeboten wird. Oft können einem aber auch andere Krebskranke mit dem gleichen Leiden weiterhelfen, etwa in Selbsthilfegruppen.

Eine Übersicht über die Selbsthilfegruppen findet sich bei der Deutschen Krebshilfe, www.krebshilfe.de. Zudem gibt es Krebsberatungsstellen, zu finden über den Landeskrebsverband, www.krebsverband-bw.de.

Aus dem Krankenhaus entlassen – und jetzt?

Sehr viele Krebspatienten haben nach ihrer Therapie Anspruch auf eine Rehabilitation. Meist ist damit ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer dafür spezialisierten Klinik vorgesehen. Es gibt aber auch Tageskliniken, in denen die Patienten nach der Behandlung abends wieder nach Hause gehen können. Die Kosten für eine solche medizinische Reha werden meist von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen – sofern die jeweiligen vertraglichen Bedingungen erfüllt sind, aber auch die Rentenversicherung kommt dafür infrage. Wie lange die medizinische Reha dauern soll und welche Klinik dafür infrage kommt, können Patienten schon vor ihrer Entlassung klären. Unterstützung gibt es seitens der Kliniksozialdienste – sie helfen zusammen mit den Ärzten bei der Antragstellung.

Die gesetzlichen Krankenkassen, die Rentenversicherung, die Agenturen für Arbeit und weitere Institutionen haben gemeinsame Servicestellen eingerichtet, die ebenfalls Beratung bieten: www.reha-service-stellen.de.