Das Theater unter der Dauseck nimmt die Besucher mit auf einen Spaziergang durch Marbach unter dem Moot: „Vermessen – eine Annäherung an Tobias Mayer“. Foto: Werner Kuhnle

Mit Spielspaß, Charme und originellen Figuren erhält Tobias Mayer in Marbach durch das schauspielerische Geschehen beim Theaterspaziergang des Theaters unter der Dauseck ein würdiges Denkmal.

An den bereitgestellten Biertischgarnituren auf dem Kelterplatz sitzen am Samstagabend zahlreiche erwartungsfrohe Besucherinnen und Besucher, die dem Theaterspaziergang „Vermessen - eine Annäherung an Tobias Mayer“ bei noch schweißtreibenden Temperaturen entgegenfiebern. Vier aus Korntal und Zuffenhausen stammende Gäste erhoffen sich derweil „einen schönen, vergnüglichen Abend, der auch den Intellekt fordert“. Ein Wunsch, der zeitnah in Erfüllung geht. Die Stückeschreiberin Barbara Schüßler hat diesbezüglich nämlich eine Steilvorlage geboten. Eine, die zudem ein Potpourri an Emotionen, Eindrücken und bildenden Aussagen liefert. Sie helfen dem forschenden, äußerst klugen Kopf des in Marbach 1723 geborenen Tobias Mayer, ein tragfähiges Gesamtbild zu geben.

„Dazu habe ich erst einmal alles über ihn gelesen, was ich bekommen konnte“, erklärt Schüßler im persönlichen Gespräch. Ihre Tochter Lara hat als „Wissenschaftlicher Kopf“, der auf Stelzen geht, eine Rolle in dem auf sieben Standorten verteilten Stück übernommen. Zwei weitere Wissenschaftler (Produktionsleiter Bernd Schlegel und Evmarie Hörnle) stellen deren rechte und linke Hand dar. Barbara Schüßler wiederum ist es trefflich gelungen, prägnante Figuren, also Archetypen zu kreieren, die wesentliche Informationen, wie auch den im Stück angelegten Humor transportieren. „Dabei bleiben die Figuren fix in ihrer Rolle, um die jeweiligen Positionen klar zu verdeutlichen“, betont die Autorin, die den Theaterspaziergang darüber hinaus geschlechtsneutral geschrieben habe.

Auch Friedrich Schiller spielt eine Rolle

Freilich soll es in dem Stück ausschließlich um Mayer gehen. So jedenfalls wird es an einer Stelle fast trotzig proklamiert. Doch der Charme des Schauspiels bekommt gerade durch das Aufbrechen dieser Regel zusätzlichen Drive. Es war ein Grundgedanke Schüßlers, das Stück so zu konzipieren, dass Schiller – „der in Marbach fast überhöht präsent ist“ - immer wieder Erwähnung findet. Dadurch können sich die beiden Marbachsöhne den intellektuellen Ball pointiert zuspielen. Gegen Ende findet sogar ein Wettstreit statt, wem denn nun eigentlich die größere Bedeutung zukomme. Doch bis dahin ereignet sich noch viel an den jeweiligen Standorten: in der Absicht, den Zielgedanken - Mayer für Marbach gleichsam bedeutend wie Schiller darzustellen und dessen Persönlichkeit transparent zu machen – spielerisch anmutig, eindrucksvoll und originell umzusetzen.

Nachhaltige und mitreißende Eindrücke

Diesen Effekt garantieren aber nicht allein die bereits erwähnten Archetypen sowie Szenerien, die eindrucksvoll in die Kindheit und Schulzeit Mayers und in dessen Eheleben zurückführen. Auch die einmal kreativ-originellen, dann wieder historisch stimmigen Kostüme, für deren Ausstattung Anne Brügel verantwortlich zeichnet, sorgen für nachhaltige und mitreißende Eindrücke. Denn in der geistigen Auseinandersetzung mit Mayer treffen Vergangenheit, verklärende Esotherik (überzeugend gemimt von Monika Weber-Härtel) und sachlich-nüchtern hinterfragende Moderne (Julia Straub) gewitzt aufeinander. Sie wollen im Disput die Einordnung der Mayerschen Verdienste klären. In Anlehnung an die drei Weisen aus dem Morgenland ziehen sich konstant auch drei merkwürdige Gestalten durch das bewegte Spiel: in Begleitung einer Seifenblasenmaschine und sphärisch anmutender Musik. „Ihn zu huldigen, sind wir gekommen“, lassen sie das Publikum wissen. Chronologisch durcheinander gewürfelt und deshalb anspruchsvoll für den Zuschauenden, zeigt sich die Mayersche Erkenntniswelt auf dem Burgplatz. Dieser erweist sich als ideal für das Schauspiel, weil Richtungsänderungen durch das Bespielen kleiner Standorte, dort mühelos erfolgen kann und die Szenerie zudem historisch stimmig einbettet.

Das Publikum ist begeistert

Für Orientierung und Erhellendes, das betont heiter im Spielverlauf aufblitzt, sorgt Fabian Friedl in der Rolle des Moderators. Von Kopf bis Fuß in Grün gestaltet, zieht er nicht nur die Blicke magisch an, sondern lässt zu seiner Lenkungsfunktion hinzu, das Publikum immer wieder erheitert auflachen. Begeistert reagiert dieses – neben dem heftigen Szenenapplaus – auch mit einem anhaltenden Schlussapplaus auf die gelungene Vorführung. An diesem Applaus darf sich auch der Erfolg der Regiearbeit von Eva Mann messen lassen.

Der Theatarspaziergang mit dem Emsemble des Theaters unter der Dauseck findet an den folgenden drei Wochenenden jeweils Freitag, Samstag und Sonntag von 20 Uhr an statt.