Offen für Experimente: Theater Rampe. Foto: Peter-Michael Petsch

Marie Bues und Martina Grohmann leiten das Theater Rampe im Stuttgarter Süden. Neben Stücken von Autoren setzen die Intendantinnen auf Performances.

Stuttgart -Täglich strebt der Mensch nach Sinn. Warum aufstehen, warum sich schlafen legen, und warum der ganze Quatsch dazwischen? Das Theater Rampe stellt die Sinnfrage fortan anders – warum überhaupt Sinn? „Why make sense“ lautet das Motto der neuen Spielzeit. Ebendieses liest man in der Stadt auf weißen, absichtlich angerissenen Plakaten mit schwarzer Schrift. Darunter schimmert stets dunkelgrün eine Gurke. Und schon wieder: Warum? „Das ist das so ziemlich Sinnloseste, was man auf ein Theaterplakat drucken kann“, finden die Intendantinnen Marie Bues und Martina Grohmann. Na ja. Ein Zucchino wäre vermutlich auch nicht sinnvoller, aber sei’s drum.

Bisher prägten „formale Grenzüberschreitungen“, wie Bues sagt, also Stadtprojekte und Laborexperimente das Rampe-Programm. Nun will sie zu den „klassischen Kernkompetenzen des Theaters“ zurückkehren, sich mit einem „solideren Spielplan auf die Black Box konzentrieren“. Heißt das, man leistet sich mehr Theater mit Texten von Schriftstellern und Abende mit ausgebildeten Schauspielern in der Saison 15/16? Nicht ganz. Bues: „Wir wollen eine Reihe klassischer Autorentheaterproduktionen neben eine Performance-Reihe setzen.“

Die Premieren widmen sich unter anderem der Diskrepanz zwischen Identität und Fassade: In „Als ich einmal tot war und Martin L. Gore mich nicht besuchen kam“ erzählt Dennis Schwabenland als Depeche- Mode-Sänger Dave Gahan von Coverversionen seiner selbst. In „Spam“ erwacht ein Mann ohne Erinnerung und sucht im Internet nach seine Identität..

Der Performance-Teil überwiegt jedoch. Man wolle keine Unterhaltungsmaschine sein, sondern den forschenden Zuschauer suchen, sagt Grohmann: „Über diese Spielerfahrung kann man Theater nicht nur intellektuell oder rational begreifen, sondern sehr sinnlich erleben.“ Dies ging im vergangene Jahr mitunter in die Hose: Überlebende erinnern sich an die Darbietung „Das Publikum“ samt dessen Flötenensemble mit der infernalen Tinnitus-Partitur. Die dafür Verantwortlichen, Bernhard Herbordt und Melanie Mohren, sorgen nun jedoch für ein Ausrufezeichen im Spielplan: Ihr Projekt „Das Theater“ lädt den Zuschauer an jedem zweiten Sonntag nach Michelbach an der Lücke ein. Das ganze Dorf soll inszeniert, mit Hilfe eines Parcours aus Theaterinstallationen bespielt werden. Während der gemeinsamen Busfahrt dorthin wird es eine Einführung geben.

Ach ja: in puncto schnöde Zahlen – alles im grünen Bereich. 14 500 Zuschauer verzeichnete man in der letzten Spielzeit, das sind 1000 mehr als in der Vorsaison. „Die positive Tendenz wird gehalten werden“, verspricht Grohmann. Dabei helfen könnte das Programm „Startrampe“ für Studenten und Auszubildende: Im ersten Studien-/Ausbildungsjahr haben sie freien Eintritt zu allen Aufführungen mit Ausnahme von Premieren und Sonderveranstaltungen.

Premieren im Theater Rampe in der Saison 2015/2016

15. 10.: „Als ich einmal tot war und Martin L. Gore mich nicht besuchen kam“ von Daniel Mezger, Regie: Marie Bues.

25. 10.: „Das Theater“. Bernhard Herbordt und Melanie Mohren inszenieren im Dorf Michelbach an der Lücke.

Stuttgart-Premiere 4. 11.: „Obwohl“ von Beate Faßnacht, Regie: Wolfram Apprich. Kneipengänger philosophieren am Tresen.

19. 12.: „Eugen und Eugen“, von und mit Matthias Breitenbach und Leopold von Verschuer. Zwillinge erforschen ihre Zwillingshaftigkeit.

7. 1. 2016: „Lucky Strike“. Die Performance-Anarchisten SKART schütteln anhand von „Hans im Glück“ Sichtweisen auf Besitz und Konsum durcheinander. Ab 9 Jahren.

6. 2. 2016: „Sündenbock“. Stückentwicklung von Nina Gühlstoff. Eine Ziege wird mit Sünden beladen und aus der Stadt gejagt.

12. 3. 2016: „Spam“ von Rafael Spregelburd, Regie: Marie Bues. (coe)