Der Polizist Peter Schwarz schreibt und inszeniert Mundart-Theaterstücke in seiner Freizeit.

Rohracker - Korrektheit spielt im Leben von Peter Schwarz eine wichtige Rolle. Im Berufsleben plant und organisiert der Stuttgarter als Chef der Verkehrserziehung im Polizeipräsidium Stuttgart gewissenhaft die Arbeitstage von 17 Untergebenen. Doch einmal im Jahr werden für Schwarz knapp einen Monat lang die Nächte zu Tagen. Der Grund ist sein Hobby: Schwarz ist Autor von Mundarttheaterstücken, die er auch inszeniert.

 

Nach den Tagesthemen geht es los. Bis morgens um vier Uhr schreibt Schwarz dann an einem neuen Hubertus-Abenteuer für das Theater am Lenzenberg in Rohracker, das seine Wurzeln in der katholischen Kirchengemeinde Sankt Ulrich hat. Die humorvolle Serie um einen „Musterschwaben“, der mit den Widrigkeiten des Alltags zu kämpfen hat, ist seit Mitte der 90er Jahre auf 14 Teile gewachsen.Die Folge „Hubertus und die Nacht imWalde“ hatte in diesem Herbst Premiere.

So manche „typische“ Charaktereigenschaft, die den Schwaben jenseits der Dialektgrenze zugeschrieben wird, spiegelt sich in den Charakteren der Protagonisten, die den Zuschauern im Lauf der Jahre ans Herz gewachsen sind:Da ist der prinzipientreue und wertkonservative Häuslesbesitzer Hubertus Hämmerle, in dessen Rolle Schwarz selbst schlüpft. Um ihn herum gruppieren sich Familienangehörige und Freunde, die knitzig sind, bruddeln oder beweisen, dass sie nicht auf die „Schwertgosch“ gefallen sind. Gewürzt werden die Geschichten mit humorvollen Wortgefechten, Situationskomik und überraschenden Kehrtwendungen. Und sie spielen meist in der Welt der Gesetzesverstöße: So rätseln die Hauptdarsteller über stibitzte Salatsetzlinge im heimischen Garten, drohen, von einem windigen „Wundermann“ übers Ohr gehauen zu werden oder fallen zunächst auf die Praktiken eines zwielichtigenGeschäftsmanns herein.

Der bisherige Spielort fällt weg

Bei seinen Ideen für die Theaterstücke schöpft Schwarz oft aus seiner langjährigen Berufserfahrung: „Einige der Fälle habe ich in der Form oder ähnlich selbst erlebt oder von ihnen gehört“, sagt der Autor, der seit fast 40 Jahre Polizeibeamter ist und seit elf Jahren die Verkehrserziehung bei der Polizei in Stuttgart leitet. Wichtig bei den Stücken sei der schwäbische Dialekt, in dem die Darstellen „schwätzet“. „Damit kann man Vieles genauer ausdrücken“, sagt Schwarz. Ein Prinzip, dass der Polizist auch in Uniform verfolgt: „Ich spreche dann Hochdeutsch mit deutlichem schwäbischen Zungenschlag.Das schafft Vertrauen.“

Gegründet hatte das Theaterensemble der Vater von Schwarz. Anfangs standen schwäbische Mundartklassiker wie „Die gestohlene Sau“ oder „s’ Rupfingers Hausgeist“ auf dem Programm. Dann griff der Sohn selbst zur Feder: „Ich hatte in der Schule immer ganz gute Aufsätze geschrieben“, sagt Schwarz. „Da habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt und gesagt, dass ich auch Theaterstücke schreiben kann“, sagt der 57-Jährige. Und das ist der Grund dafür, dass Schwarz Jahr für Jahr gleich nach der Aufführung des neuen Stücks die Nächtemit dem Verfassen einer neuen Hubertus-Geschichte verbringt, die dann im folgenden Herbst auf die Bühne kommt. „Wenn es dunkel und ruhig ist, kommen mir einfach die besten Ideen und ich kann mich sehr gut konzentrieren.“

Die Theatergruppe besteht aus zwei Polizisten, einer Lehrerin, einem Abteilungsleiter, einer Sekretärin und einem Rentner. Und es ist quasi die halbe Verwandtschaft von Schwarz: Seine beiden Schwestern Angelika Geier und Patricia Schleicher zählen ebenso zum Ensemble wie sein Schwager Rainer Geier, die Nichte Katrin Geier, Udo Heinz (ein Kollege von Peter Schwarz) und Manfred Ulrich, ein alter Freund der Familie. Gabriele, die Ehefrau von Schwarz, ist die Souffleuse und macht dieMaske. Doch ob es auch im nächsten Jahr ein neues Hubertus-Abenteuer geben wird, ist derzeit noch völlig offen: Denn mit der drohenden Aufgabe der Paulus-Kirche in Rohracker als Gotteshaus, das zum Kirchenbezirk Sankt Ulrich im benachbarten Heumaden gehört, fällt der bisherige Spielort weg. Zudem sucht das Ensemble dringend Verstärkung. „Wir müssen nun erst einmal überlegen, ob es weitergeht und wie“, sagt Peter Schwarz.

Es droht das Ende einer langjährigen Tradition. Denn in fast 40 Jahren hat sich das Theater am Lenzenberg zu einer festen Institution im Stadtbezirk gemausert. Immer im November waren die drei Vorstellungen im Gemeindesaal mit jeweils mehr als 150 Zuschauern propenvoll. Dem Ensemble geht es ähnlichwie einer Handvoll weiterer Laientheatergruppen in der Stadt, die gegen den allmählichen Bedeutungsverlust der Mundartaufführungen zu kämpfen haben. Doch Schwarz ist zuversichtlich: „Der Applaus nach den Vorführungen macht Mut weiterzumachen.“

Weitere Informationen im Internet unter www.theater-am-lenzenberg-de