Die Theater-AG besteht offenbar nur aus Mädchen. Doch die machten aus der Männernot eine komödiantische Tugend. Foto: Martin Bernklau

Die Theater-AG des Geschwister-Scholl-Gymnasiums führt eine Geschichte von Erich Kästner auf. Dabei herrscht chronischer Männermangel.

Stuttgart-Sillenbuch - Die Treppe im Foyer des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) spielte eine tragende Rolle in der Komödie „Verwandte sind auch Menschen“. Aber auch fast unmerkliche Kleinigkeiten waren wichtig bei der Inszenierung, die die Theater-AG der Schule am Donnerstag und Freitag aufgeführt hat. Auf dem Tisch, wo auch der Cognac für den Familien-Clan der Blankenburgs stand, lag Erich Kästners Buch „Emil und die Detektive“. Er gilt aus Hauptautor des 1937 während des Nazi-Schreibverbot unter Pseudonym entstandenen Erben-Schwanks.

Die Theater-AG des GSG besteht offenbar nur aus Mädchen. Aus diesem Männermangel aber machten die Schauspielerinnen eine komödiantische Tugend. Sich in einen Militär-Macho, einen bärtigen Justizrat, einen steifen Diener, einen eleganten Millionär oder einen knitzen Buben zu verwandeln, das brachte sichtlich Spaß.

Die erste Überraschung

Über 20 Rollen hat das Stück. Die etwas umständliche und verwickelte Geschichte geht so: Der im Zorn auf seine geldgierigen Verwandten nach Amerika ausgewanderte und reich gewordene Stefan Blankenburg schafft es nicht in seine europäische Landvilla, sondern kommt, scheinbar, auf der Schiffspassage ums Leben. Nur sein Diener Leberecht Riedel erreicht das Gut und lädt die ganze Mischpoke zur Testamentseröffnung ein, die hat der Justizrat Klöckner als Nachlassverwalter anberaumt.

Die erste Überraschung besteht darin, dass nur der Diener erbt. Der weitverzweigte Anhang muss sich mit einem kostenlosen mehrtägigen Landaufenthalt begnügen: eine aufgedonnerte Schauspielerin darunter, ein Arzt, ein verhinderter Detektiv sowie ein seltsamer Journalist, der sich für einen südafrikanischen Großcousin ausgibt, fünf Buben dazu. Irgendwann fällt noch ein Schuss, ein Kommissar taucht auf und so weiter. Am Ende erweist sich der teure Tote als quicklebendig und darf sich freuen, dass sein Anhang bei allen schrägen Eigenheiten doch irgendwie ganz nett ist.

Eine etwas überladene Story

Eine pfiffige Kommentatorin führt ironisch durch die etwas überladene Story, die viele Möglichkeiten für hübsche Kostüme und schauspielerisch gut gezeichnete Charaktere bietet. Vom Text nicht zu reden: Denn den beherrschten in seiner ganzen Länge nicht nur ausnahmslos alle Darsteller bewundernswert flüssig und lebensecht. Er bot auch genug Gelegenheiten für Kästners (oder seines möglichen Mitautors) manchmal etwas moralisierenden Sprachwitz. Ein paar Theatertalente hoben sich auch durch tragfähige Stimmen und besonders gekonnte Artikulation ab.

Sprüche wie „Als Mensch bin ich kein Anwalt, als Anwalt bin ich kein Mensch“ zielten vielleicht weniger auf ein Feuerwerk von Lachern. Aber unter der sorgfältigen Regie der Lehrer Birgit Ruppert und Stefan Hauck sowie des Schülers Andreas Weinmann konnten die Akteure durch gutes Timing eine beschwingte komödiantische Atmosphäre aufrufen, wenn auch eher Schmunzeln denn Prusten. Der Verzicht auf beigefügte Gags oder Slapstick-Einlagen war sicher eine gute Entscheidung.

Den langen und lauten Beifall im gut besetzten Foyer verteilte das Publikum sehr gleichmäßig. Das hatte die so ausgewogen durchgearbeitete und von den vielen Schauspielern durchweg prima dargestellte Komödie auch wirklich voll verdient.