Born to be wild? Die Boss-Hoss-Chefs: Sascha Vollmer (vorne) und Alec Völkel. Foto: Universal

Die Castingshow „The Voice of Germany“ startet an diesem Donnerstag in die dritte Staffel. Wenn Alec Völkel und Sascha Vollmer nicht gerade im Jurysessel Platz nehmen, sind sie mit The Boss Hoss auf Tournee. Am 2. November kommt die Band nach Stuttgart.

Herr Völkel, in der aktuellen Staffel von „ The Voice of Germany“ sind The Boss Hoss wieder als Juroren mit dabei. Ist Ihre Meinung zu Castingshows immer noch positiv?
Nein, zu dieser ist sie positiv, zu anderen ist sie nach wie vor negativ. Am Anfang waren wir sehr skeptisch, denn Boss Hoss und eine Castingshow passt ja so gar nicht zusammen. Aber bald war uns klar, dass das Konzept wirklich ein ganz besonderes ist und auch mal ganz anders mit dem Thema umgeht. Wir haben gesagt: Okay, nicht immer meckern, sondern antreten und zeigen, dass es besser geht, und ich finde, das ist uns gelungen. Ich würde auch immer noch sagen, dass „The Voice of Germany“ die einzige Castingshow ist, die man ernst nehmen kann und die mit den Menschen genauso wie mit dem Thema Musik nachhaltig und niveauvoll umgeht. Andere Castingshows dienen rein dem Entertainment und dazu, Werbegelder zu verdienen, das ist nicht unsere Baustelle.
Die Teilnehmer der Castingshow stehen am Anfang der Karriere. Was war denn bisher Ihr persönliches Karrierehighlight?
Der Moment, als wir bei Universal in das Plattenfirmengebäude gelaufen sind, um den ersten Plattenvertrag zu unterschreiben. Das war für mich ein Meilenstein. Nach 20 Jahren Musikmachen wurde der Traum Realität. Festzustellen, dass es jetzt wirklich losgeht und ich von nun an von der Musik leben kann. Inzwischen ist alles viel erfolgreicher und größer als beim ersten Mal, aber das war der Schlüsselmoment, wo sich alles veränderte.
Wenn Sie zurückblicken, bereuen Sie etwas in Ihrer Karriere, das Sie jetzt anders machen würden?
Nicht im musikalischen, aber im geschäftlichen Sinn. Ich würde sagen, wir hätten früher etwas wachsamer sein sollen, mit welchen Menschen man zusammenarbeitet. Die Branche ist ein Haifischbecken, und du hast auch Menschen, die dir im Management begegnen, wie es bei uns der Fall war, die an sich selbst denken, die dir in die Tasche greifen und dich verarschen. Heute würde ich sagen, es ist wichtig, frühzeitig alles, was mit dem Geschäft dahinter zu tun hat, auf dem Schirm zu haben. Da kann man nicht wachsam genug bleiben.
The Boss Hoss vermischen in ihren Liedern ja sämtliche Musikstile, von Rock über Country bis hin zu Pop oder sogar Hip-Hop. Wo liegt da die Grenze?
Die Grenze liegt eindeutig beim persönlichen Geschmack. Wir versuchen da relativ frei ranzugehen. Und da ist es auch ganz natürlich, dass man über die Jahre immer freier und offener wird, was das Genre betrifft. Wenn man mit 20 anfängt, ist man sehr fixiert auf eine Ausrichtung. Mit der Zeit merkt man, Musik ist Musik, und es gibt überall richtig gute Musik, und von all diesen Sachen nimmt man Einflüsse mit in sich auf. Der Fokus von Boss Hoss wird aber immer auf Gitarren und handgemachter Musik liegen.
Gibt es Künstler, mit denen Sie gerne zusammenarbeiten würden?
Es gibt jetzt niemanden, der auf dem Wunschzettel steht. Wir würden mit jedem arbeiten, der Lust hätte und wo es spannend werden könnte. Das kann Lemmy von Motörhead sein oder auch Dave Grohl von den Foo Fighters . . .
Auch Heino?
Muss jetzt nicht zwingend sein (lacht). Es darf aber auch aus anderen Genres sein.
Auf dem Album „Low Voltage“ haben Sie sich mit einem Sinfonieorchester zusammengetan und bewährte Songs neu interpretiert. Wird es noch mal etwas in der Form geben?
Das war ja ein sehr spezielles Projekt. Ich glaube nicht, dass wir das so schnell noch mal machen, weil das mit so einem großen Orchester sehr aufwendig war. Man muss alles neu arrangieren und auf 24 verschiedene Musiker ausrichten. Weil es grandios war, bleibt es als Idee im Hinterkopf.
Boss Hoss sind mit ihren originellen Countryversionen von Pophits bekannt geworden. Auf dem neuen Album „Flames of Fame“ gibt es aber keine einzige Coverversion.
Ja, es ist die erste Platte von Boss Hoss werden, die ohne einen Coversong auskommt. Das ist neu und auch richtig so, denn wir sind von Anfang an so verfahren, dass wir von Album zu Album den Anteil an Coverversionen immer mehr reduziert haben. Es ist wichtig für eine Band, irgendwann eine eigene Identität zu haben und nicht nur die Band zu sein, die andere Songs cool covert.
Braucht Deutschland mehr Country-Musik?
Ich würde sagen: Deutschland insgesamt braucht noch mehr gute Musik. Definitiv. Ich finde, es hat sich in den letzten zehn Jahren viel entwickelt. Wir haben viele Bands in Deutschland, also auch deutschsprachige Bands, die wirklich gute Musik machen und die auch in den Charts vorne absolut etabliert sind. Ein bisschen mehr Vielfalt wäre gut, deswegen dürfen gerne noch ein bisschen Rock’n’Roll und Countrymusik mit rein.
Einige Fans beschweren sich, dass Sie als deutsche Band auf Ihren Konzerten Englisch reden. Wie gehen Sie mit so etwas um?
Damit gehen wir so um, wie wir das schon immer machen: Wir machen’s einfach, wie wir wollen. Das ist Entertainment und Show, wir gehen auf die Bühne und labern da im Pseudo-Slang, als wären wir Cowboys aus den tiefsten Südstaaten. Das gehört ja auch irgendwie zu unserem Image und zu dem Bild, für das wir stehen. Am Anfang hat das die Leute verwirrt, weil die sich nicht sicher waren, wo wir jetzt wirklich herkommen. Inzwischen weiß man das, und wir sitzen ja im Fernsehen in einer Show und reden ganz normal Deutsch.
Was sagen Amerikaner zu Ihrer Musik und dem Image?
Wir waren ja auch schon drüben und haben Konzerte gemacht in den Staaten, und das kommt super an. Die wissen natürlich, dass wir Deutsche sind, und finden das musikalisch total cool. Sie finden, Boss Hoss klingt amerikanischer als sie selbst. In Amerika gibt es eine große Country- und Rockszene, aber die sind alle relativ genretreu, und das, was wir machen, ist ja ein kompletter Mix aus allen Sachen.
Sie setzen sich für die Kampagne „iChance“ ein, die besseres Lesen und Schreiben fördert. Sie geben Betroffenen Mut und sprechen in Videos über Analphabetismus. Wie kam es dazu?
Es ist oft schwer, die richtigen Sachen rauszufiltern, die man unterstützen möchte. Die Mitarbeit mit „iChance“ kommt daher, weil uns Kinder besonders am Herzen liegen. Wir alle haben Kinder. Wir wissen, wie wichtig Bildung ist, und auch, dass unser Bildungssystem, obwohl Deutschland ein Land ist, dem es ja gutgeht, noch verbesserungswürdig ist. Es kann nicht sein, dass in unserem Land und unserer Gesellschaft bei so viel Wohlstand Lesen für viele Menschen noch ein Problem darstellt. Deswegen muss man das ändern und kann dann dafür auch mal die eigene Prominenz nutzen, um da ein bisschen darauf aufmerksam zu machen.
Wie findet Ihre Familie Ihre Musik?
Gut natürlich, zumindest sagen sie nichts anderes! Da sie ja alle zu uns gehören, finden sie das natürlich cool, was wir machen. Ob das so wäre, wenn sie uns nicht kennen würden, weiß ich nicht.
Wenn Sie kein Musiker geworden wären, was würden Sie dann heute beruflich machen?
Ich wäre dann Grafikdesigner. Das habe ich ja gelernt, und das mache ich auch immer noch, wenn ich unsere Plattencover und Poster gestalte. Das würde mich auch ausfüllen. Aber ich bin lieber Musiker!
Mit dem gerade erschienenen Album „The Flames Of Fame“ treten The Boss Hoss am 2. November in Stuttgart in der Schleyerhalle auf. Beginn ist um 19 Uhr. Tickets unter: 07 11 / 22 11 05.