Thalia wird zukünftig die drei Standorte von Wittwer, Stuttgart Königstraße (im Bild), Breuningerland Ludwigsburg sowie Breuningerland Sindelfingen, fortführen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das ist ein Paukenschlag: Die Stuttgarter Traditionsbuchhandlung gibt den Zusammenschluss mit Thalia bekannt. Für die Mitarbeiter gibt es eine wichtige Nachricht.

Stuttgart - Im vergangenen Jahr hat das Familienunternehmen Wittwer sein 150-Jahr-Jubiläum gefeiert, jetzt hat es den Zusammenschluss mit Deutschlands größter Buchhandelskette Thalia verkündet. „Mit Thalia stellen wir die Weichen für die Zukunft“, lässt Geschäftsführer Konrad Martin Wittwer aus der Inhaberfamilie offiziell mitteilen. Über Details wurde Stillschweigen vereinbart, noch steht die Genehmigung der Transaktion durch das Bundeskartellamt aus. Fest steht bislang: Die Standorte an der Stuttgart Königstraße sowie in den Breuningerländern Ludwigsburg und Sindelfingen bleiben erhalten.

Während Thalia für weitere Auskünfte noch das Genehmigungsverfahren vor dem Kartellamt abwarten will, steckt Wittwer zumindest die Rahmenbedingungen für diesen Zusammenschluss ab: „Durch die Digitalisierung und das geänderte Medienverhalten der Leser bieten sich auch für alteingesessene Traditionshäuser wie Wittwer neue Möglichkeiten, wenn sie sich mit größeren Partnern zusammentun“, so der 63-Jährige: „Wir haben uns in der Familie dafür entschieden, mit dem Generationswechsel auch einen Wechsel des Geschäftsmodells vorzunehmen und sehen die besten Chancen für unser Vorhaben im Zusammenschluss mit Thalia.“

Im Juni war Schließung der Uni-Filialen bekannt geworden

Persönlicher wird Wittwer im Gespräch mit unserer Zeitung: „Die Frage, ob ich diesen Zusammenschluss gerne gemacht habe oder nicht, spielt keine große Rolle. Auf Tendenzen, die sich abzeichnen, muss man sich eben einstellen und darauf reagieren, also das Notwendige tun. Und gerade als Traditionshaus haben wir auch die Pflicht, dieses am Markt zu erhalten und weiterzuentwickeln. Insofern ist das erst mal keine schlimme Sache.“ Wittwer gibt aber auch, dass das „andererseits schon eine Zäsur ist“. Aber das übergeordnete Ziel sei der Fortbestand und die Weiterentwicklung der Firma: „Und wenn man wie wir in so einer mittleren Größe steckt, aus der man nicht herauskommt, ist es gut, wenn man jemand als Partner gewinnen kann, der dies weiter betreiben kann, und dies mit dem dafür erforderlichen Geschäftsvolumen“. Erst vor wenigen Wochen im Juni hat Wittwer die Schließung seiner Uni-Standorte Hohenheim und Pfaffenwald verkündet. Über die Geschäftsentwicklung konkret will sich Wittwer nicht äußern, da verweist er auf die allgemeine Situation der Branche: So habe der Dachverband Börsenverein des deutschen Buchhandels in einer Untersuchung festgestellt, dass in den vergangenen sechs Jahren mehr als sieben Millionen Leser verloren gegangen seien.

Regionale Literaturschaffende sind entsetzt

Aber haben Großsortimenter darauf die richtigen Antworten, speziell auch für und in Stuttgart? Der kaufende Leser erinnert sich an einige, die gekommen, gegangen und heute in veränderter Form wieder da sind: Hugendubel im Dorotheen-Quartier, Osiander am Marktplatz. Auch Wittwer erinnert sich daran: „Natürlich waren wir sehr froh, als wir nach deren Rückzug wieder allein auf dem Platz waren. Und jetzt sind sie zum Teil wieder da. Das sind Dinge, die geschehen, die kann man nicht verhindern.“ Wittwers Antwort darauf ist mit dem Zusammengehen mit Thalia eindeutig: „Letztlich haben sie das größere Volumen. Sonst kochen wir ja alle mit dem gleichen Wasser. Mit einer Milliarde Euro Umsatz sind sie aber ganz anders unterwegs“. Und da bewegt sich Thalia in der Tat in einer anderen Liga mit knapp 300 Filialen im deutschsprachigen Raum als Marktführer im Sortimentsbuchhandel. Auch digital ist Thalia mit der Entwicklung des E-Readers Tolino weit vorne.

Regionale Literaturschaffende sehen das kritisch: „Das ist der Supergau für Stuttgart“, so der Autor Eberhard Rapp. Oder der Lektor Torsten Schöll: „Nur der Einkäufer vor Ort weiß, mit wie vielen Exemplaren ein regionaler Titel in die Buchhandlung muss. Aus der Ferne wird halt „mal eins“ bestellt, damit es da ist. Das geht dann unter und damit ist das Buch erledigt. So kann man keine Regionalia verkaufen“