Thailands Regierungschefin muss ihr Amt aufgeben. Das höchste Gericht wirft Yingluck Shinawatra  und neun Ministern Verfassungsbruch vor. Die politische Lähmung des Landes löst das nicht.

Thailands Regierungschefin muss ihr Amt aufgeben. Das höchste Gericht wirft Yingluck Shinawatra  und neun Ministern Verfassungsbruch vor. Die politische Lähmung des Landes löst das nicht.

Bangkok - Nach monatelanger Regierungskrise hat das oberste Gericht Thailands Regierungschefin Yingluck Shinawatra und neun ihrer Minister des Amtes enthoben. Sie hätten Verfassungsbruch begangen, urteilten die Richter am Mittwoch.

Die Versetzung eines hohen Beamten zugunsten eines Verwandten von Yingluck vor drei Jahren sei illegal gewesen. Diese habe einen Interessenkonflikt ausgelöst und lasse „Ethik und Moral“ vermissen, hieß es vom Gericht weiter. Das verbliebene Kabinett setzte Handelsminister Niwatthamrong Boonsongpaisan als neuen Regierungschef ein. Er ist in der Öffentlichkeit unbekannt.

Konflikt dauert an

Das seit November anhaltende politische Chaos mit Massenprotesten, Ämterbesetzungen und Tränengas auf den Straßen Bangkoks ist damit nicht beseitigt. Die Regierung besteht weiter auf baldigen Neuwahlen, die Opposition droht mit der Störung aller Wahlvorbereitungen und beharrt auf der Einsetzung einer ungewählten Übergangsregierung.

Die Opposition wirft Yingluck und ihrem Bruder Thaksin, der aus dem Exil die Regierungspolitik bestimmt, Korruption und Verschleuderung von Staatsgeldern vor und verlangt politische Reformen vor Neuwahlen. Das Parlament wurde im Dezember aufgelöst. Die von der Opposition boykottierten und von Demonstranten massiv gestörten Wahlen im Februar wurden annulliert. Die Regierung strebt am 20. Juli Neuwahlen an, aber der Termin ist noch nicht offiziell beschlossen.

Yingluck hatte sich gegen die Vorwürfe des Verfassungsbruchs vor dem Gericht gewehrt. Sie habe von der Personalentscheidung selbst nicht profitiert, argumentierte sie. Nach dem Urteil sagte sie in einer im Fernsehen übertragenen Stellungnahme: „Ich habe in meiner Amtszeit stets hart für das Wohl des thailändischen Volkes gearbeitet... Ich werde mich weiter für die Demokratie und Gleichberechtigung für alle Bürger einsetzen.“

Die Regierungspartei Pheu Thai verurteilte die Entscheidung. Das Urteil sei eine Verschwörung, um die Regierung zu stürzen, teilte sie mit. Auch der Jurist und Analyst Verapat Pariyawong kritisierte die Entscheidung. „Das ist ein juristischer Coup mit langfristigen Auswirkungen auf die Machtbalance“, schrieb er. Er hält die Begründung der Richter für fadenscheinig. Verapat hat schon öfter die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt.

Seit 2006 immer wieder Proteste

Seit 2006 haben Thaksin-Gegner und -Anhänger mehrfach Massenproteste organisiert und Teile Bangkoks teils wochenlang lahmgelegt. Mehr als 100 Menschen kamen bei Zusammenstößen ums Leben. Die Regierungsanhänger werden nach der Farbe ihrer T-Shirts Rothemden genannt. Die Oppositionellen waren früher Gelbhemden, doch löste die Bewegung sich auf. Heute treten die Regierungsgegner in den Farben der Nationalflagge auf: rot-weiß-blau.

Die jüngste Protestwelle der Opposition startete im November. Stein des Anstoßes war der Versuch der Regierungspartei Pheu Thai, Thaksin per Amnestie straffrei nach Thailand zurückzubringen. Er war selbst Regierungschef, bis das Militär ihn 2006 stürzte. Zwei Jahre später floh er vor einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs ins Exil. Der stellvertretende Oppositionschef Suthep Thaugsuban legte sein Mandat nieder und stellte sich an die Spitze der außerparlamentarischen Opposition PDRC. Er organisierte Massenproteste und besetzte wochenlang Regierungsgebäude. Die Oppositionspartei „Die Demokraten“ startete auf mehreren Ebenen juristische Schritte gegen Yingluck.

„Entscheidend ist nicht das politische Schicksal von Yingluck“, meinte Fuadi Pitsuwan vom Asien-Zentrum der Harvard-Universität. „Wichtiger ist die Frage, wie die Rothemden (Regierungsanhänger) darauf reagieren.“