Vorbehalte gegen Wärmepumpen gibt es in Mehrfamilienhäusern häufig. Günter Renz hat in Korntal-Münchingen (Kreis Ludwigsburg) den Schritt gewagt.
Klirrende Kälte umgibt Günter Renz an diesem Vormittag im Februar, als er vor seinem Sechs-Familien-Haus aus dem Jahr 1961 in Korntal-Münchingen steht. Der 69-Jährige blickt zufrieden auf das Objekt, in das er und sein Bruder vor etwa drei Jahren rund 700 000 Euro steckten, um es energetisch zu sanieren. „Wir wollten das Haus zukunftsfähig machen“, sagt der langjährige Studienleiter für ethische Fragen an der Evangelischen Akademie Bad Boll.
Günter Renz war beim eigenen Haus nicht auf die Zustimmung anderer angewiesen. Dennoch wollte er mit seinen Mietern auf einen Nenner kommen. Und die hatten am Anfang viele Fragen: Wie lange das Baugerüst stehen bleibe oder wie viel Staub freigesetzt werde. Oder wie teuer die Sanierung für sie werde. Letztlich konnte er sie vom Vorhaben überzeugen, aber: „Ich musste die Miete um 15 Prozent erhöhen“, erklärt der Eigentümer, „das hätte ich jedoch nach drei Jahren sowieso gedurft“.
Weggelaufen sei wegen der höheren Kosten jedenfalls niemand, berichtet Renz. Zwar zogen nach der Sanierung zwei von sechs Parteien fort. Das habe jedoch andere Gründe gehabt. Die anderen seien bei der Stange geblieben, weil sie auf Vorteile hofften, erzählt der Eigentümer. So habe er früh informiert – als Gegenwert winkten den Mietern niedrigere Heizkosten.
Renz beziffert die monatlichen Heizausgaben für die Mieter vor dem Umbau im Durchschnitt auf 70 Euro. Nach dem Einbau einer Wärmepumpe und der umfassenden Sanierung zahle jede Mietpartei nur noch durchschnittlich 58 Euro – „aber da ist auch schon das Warmwasser mit drin“. Für das Brauchwasser produziere die Wärmepumpe 65 Grad Celsius heißes Wasser. „Das ist natürlich nicht ganz so effizient, weshalb sich die Warmwasserkosten den Heizungskosten annähern.“ Andererseits werde es immer teurer, mit fossilen Brennstoffen zu heizen.
Im Erdgeschoss sitzt Heidi Sackmann in ihrer angenehm gewärmten Wohnung. „Ich finde es gut, dass er es gemacht hat“, sagt die 63-Jährige, die als Erzieherin arbeitet. Die Einbauphase vom Sommer 2022 bis zum Frühjahr 2023 sei „nicht so schlimm wie befürchtet“ verlaufen. Günter Renz sei ihr für diese Zeit mit einer Mietminderung von zehn Prozent entgegengekommen, die Bewohner der Dachgeschosswohnung quartierte der Eigentümer für eine Woche auf eigene Kosten in Apartments aus, um das Dach sanieren zu lassen. Heidi Sackmann ist zufrieden: „Ich habe sogar einen um einen halben Meter größeren Balkon.“
Das Heizen und der hohe CO2 -Ausstoß waren für Günter Renz ausschlaggebend, das Haus umfassend zu sanieren. „Wir sind Überzeugungstäter: Wir wollten vom Öl wegkommen und zeigen, dass es möglich ist.“ Renz braucht jetzt nicht mehr in jedem Jahr 5000 Liter Öl bestellen, hohe Wartungs- und Schornsteinfegerkosten bezahlen und sich die Klagen über kalte Fußböden im Erdgeschoss anhören.
Keinen Ärger mit den Mietern – Günter Renz ist froh über Wärmepumpe
Die Dämmung der Kellerdecke hält nun die Kälte von unten ab. Andere wichtige Bausteine waren die Außendämmung, ein neues, gedämmtes Dach und neue Fenster. Die Wärmepumpe habe in den zwei Jahren nur einen kleinen Defekt gehabt. „Das wurde elektronisch an den Sanitärtechniker gemeldet und innerhalb von Stunden behoben.“ Für Günter Renz ist es Lebensqualität, keinen Ärger mit den Mietern zu haben: „Sie haben von der Störung noch nicht mal etwas mitbekommen.“
Wichtig war aus Sicht der Investoren die Beratung. Renz und sein Bruder holten sich externe Hilfe durch ein Ingenieurbüro. „Ohne die 45-prozentige Förderung hätten wir es nie geschafft.“ Um aber an die staatliche Hilfe von 315 000 Euro zu kommen, mussten die Brüder hohe Energiestandards erreichen. Das Konzept für ein Energieeffizienzhaus der Klasse 55 entstand: „Die Wohnungen werden jetzt mit geradezu lächerlich niedrigen Temperaturen der Heizungen warm.“ Für Günter Renz hat sich der Invest von rund 400 000 Euro gelohnt: „Ich kann den Eigenbetrag von 55 Prozent steuerlich absetzen.“
Mehrere Eigentümer ringen sich oft nicht durch für eine Wärmepumpe
Der Ludwigsburger Bauingenieur und Energie-Effizienz-Experte Joshua Lampe ist an diesem Morgen nach Korntal-Münchingen gekommen und zeigt Fotografien vom Altgebäude. Natürlich könne ein Eigentümer auch gegen die Mieter eine Sanierung durchsetzen – die Ausgangslage sei in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) schwieriger: „Die Interessen dort sind oft sehr verschieden.“
Ringe sich eine WEG doch durch, in regenerative Energien zu investieren, gehe das nur in Form eines Beschlusses mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Eigentümerversammlung. Oft seien aber die Bedenken sehr groß, so Lampe, der günstige Kredite für WEG erwähnt. Eine Rolle spiele, ob Fernwärme nicht die bessere Alternative sei. Eine Förderung sei aber auch für Einzelmaßnahmen erhältlich.
Was können Wohneigentümergemeinschaften (WEG) tun?
Möglichkeiten
Eine Einigung in einer WEG ist sehr schwierig. Es gehe meistens nur durch Überstimmung – und damit Zwang einzelner Mitglieder, berichtet die Ludwigsburger Energieagentur (Lea). Oder man schaffe Finanzierungsmöglichkeiten, etwa über einen KfW-Ergänzungskredit, den eine WEG aufnehmen kann, aber einer Einzelperson verwehrt werden würde. Oder man einigt sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner wie ein Heizungscontracting.
Fernwärme
Ob Fernwärme in Mehrfamilienhäusern günstiger ist, müsse im Einzelfall betrachtet werden, erklärt die Lea. Die Kosten müssten von zwei Seiten betrachtet werden: einmalige Investitionskosten sowie die laufenden Kosten wie Arbeitspreise oder Grundpreise. Außerdem die Kosten bei den Eigentümern für die Installation der Übergabestation, Heizung ausbauen, neue Heizung einbauen und mehr. Je nach Fernwärmeanbieter seien die Preise in den Kommunen unterschiedlich. Das alles müsse man mit den Kosten für die Anschaffung einer Wärmepumpe vergleichen.
Erstberatung
Die Lea bietet über die Verbraucherzentrale eine Erstberatung an. Sie ist kostenfrei, da staatlich gefördert. Eine Vor-Ort Begehung mit Beratung kostet etwa 40 Euro. Die Erstberatungen sollten aber nur im kleinen Kreis mit den WEG-Beiräten und Hausverwaltungen stattfinden.