Pünktlich zu Ostern ziehen die Benzinpreise wieder kräftig an. Die Erhöhungen wurden von der Bundesregierung scharf verurteilt, Politiker drohten den Ölkonzernen mit Konsequenzen. Foto: dpa

Eine Studie zeigt Gründe für überhöhte Spritpreise auf. Was halten Sie davon?  

Stuttgart - Seit Jahresanfang geht es mit den Benzinpreisen nach oben. Mittlerweile kostet Superbenzin bis zu 1,48 Euro. Eine Studie will jetzt die Schuldigen für die Preisrallye gefunden haben. Spekulanten in London und New York.

Wieso die Benzinpreise gerade nur eine Richtung kennen, und zwar nach oben, konnte sich bis vor kurzem niemand so richtig erklären. Klar, da gibt es 300 Millionen Amerikaner, die pünktlich zum Frühjahrsbeginn ihre Autos aus den Garagen holen. Den Sprit, den sie dann verfahren, importieren sie mit Vorliebe aus Europa, weil dieser - anders als der eigene - einheitlichen, hohen Standards genügt. Und da gibt es den Euro, der durch die Griechenlandkrise gebeutelt ist. Weil der Dollar damit stärker wird, verteuert sich für Europa auch das in Dollar gehandelte Rohöl - und somit steigt hierzulande der Preis für Benzin.

Trotzdem: Alle Effekte zusammengenommen konnten nach Expertenmeinung den Preisanstieg für Öl in letzter Zeit nicht mal annähernd erklären. Besonders weil andere Daten - etwa die vollen Lager, die durch die Wirtschaftskrise bedingt immer noch schwache globale Nachfrage oder die Förderquote der Opec - eher sinkende Preise nahelegen.

Sogar Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident und jetzige EU-Energiekommissar, Günther Oettinger, tat sich bei der Erklärung des Preisschocks an den Tankstellen Anfang dieser Woche schwer. Seine Behörde hatte festgestellt, dass die Rallye der Kurse in Deutschland vor Ostern besonders stark gewesen war. Warum, das konnten auch die Spitzenbeamten der EU nicht genau sagen. Oettinger jedenfalls schimpfte, in Deutschland hätten die Benzinpreise jetzt "die Schmerzgrenze erreicht". Das Ganze sei ein großes Ärgernis.

Eine neue Studie, die von den Grünen im Bundestag bei der Hamburger Beratungsfirma Energy Comment in Auftrag gegeben worden ist, hat jetzt einen Schuldigen ausgemacht: internationale Spekulanten. Hinter ihnen stünden Großbanken und Fonds, die auf ganze Warenindices wetten. Seit Monaten trieben sie die Preise für Öl und Öllieferkontrakte nach oben. Mittlerweile sei das virtuelle Öl-Handelsvolumen, das täglich umgesetzt werde, "13-mal größer" als die physische Erdölförderung, sagt der Studienautor Steffen Bukold. Allein an den Londoner und New Yorker Ölbörsen würde derzeit pro Tag Öl für 93 Milliarden Dollar gehandelt, obwohl nur Öl im Wert von gut 7,1 Milliarden Dollar real vorhanden sei. Der Rohölmarkt sei zu einem Hybridmarkt geworden, meint Bukold, zu einer Mischung aus Rohstoff- und rein spekulativem Finanzmarkt. Die Nachfrage werde künstlich massiv angeschoben. Als Folge steigt der Preis.

Mit rund 30 Dollar pro Barrel gingen 35 Prozent der Notierungen für ein Fass Öl auf die Spekulation zurück. Am Ende der Verarbeitungskette mache das durchschnittlich 14 Cent je Liter aus, sagt Bukold. Pro 50-Liter-Tankfüllung wären das sieben Euro Mehrbelastung. Bundesweit summierten sich die Kosten für die PKW-Besitzer so jährlich auf fünf Milliarden Euro.

Der Rohstoffexperte der Landesbank Baden-Württemberg, Frank Schallenberger, hält die Prognose für überzogen. Allgemein sei es fast nicht möglich, den Einfluss von Spekulanten seriös zu beziffern, sagt er. Klar sei aber, dass sie in letzter Zeit die Ölpreise nach oben getrieben hätten. Als Gegenmittel empfiehlt die Studie eine schärfere internationale Kontrolle der Terminmärkte, Finanztransaktionssteuern und vor allem mehr Transparenz. Diese Debatte werde in den USA bereits intensiv geführt. Große Ölverbrauchsländer, wie Deutschland, sollten sich auch "intensiver mit diesen Fragen beschäftigen", rät die Studie.