An der Rathauswand wirbt die Stadt für Corona-Schutz – auch im Rathaus drinnen spielt die Bekämpfung der Pandemie eine große Rolle. Dafür wird viel Geld bewegt. Foto: Lichtgut/Leif-Hendrik Piechowski

Die Landeshauptstadt macht Kassensturz. Das Ergebnis: Die Pandemie könnte sie schlimmstenfalls bis zu 856 Millionen Euro kosten. Immerhin sorgt die LBBW für einen Lichtblick. Zumindest noch 2020.

Stuttgart - Die Corona-Pandemie wird die Landeshauptstadt in diesem Jahr vermutlich knapp 560 Millionen Euro kosten, schlimmstenfalls vielleicht sogar bis zu 856 Millionen Euro. Über die Dramatik der Entwicklung haben OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) am Mittwoch den städtischen Verwaltungsausschuss informiert – und Kuhn sagte auch, dass „Stuttgart wie andere Kommunen einen Rettungsschirm von Bund und Land braucht“.

Das größte Risiko sieht man beim schwer wägbaren Rückgang der Gewerbesteuer. Selbst im „realistischen Szenario“ mit der Annahme, dass die Krise alsbald abflaut, gehen die Einnahmen aus den unterschiedlichen Steuerarten um rund 363 Millionen Euro zurück. Die im Dezember beschlossene Bettensteuer erklärte Kuhn im nichtöffentlichen Teil der Sitzung dem Vernehmen nach trotzdem für erledigt – sie würde Hotels und Hotelgäste betreffen.

Auch eine längere Pandemiephase wird betrachtet

Die Einnahmen aus Kitagebühren, Parkgebühren, Bußgeldern und Konzessionseinnahmen sinken wohl um 17 Millionen Euro. Der Aufwand für die Bekämpfung der Pandemiefolgen – darunter die Einrichtung der Fieberambulanzen und der Quarantänestation sowie Schutzausrüstung für die Feuerwehr – wird mit 5,6 Millionen Euro beziffert. Dazu kommen Zahlungen, damit auch die freien Träger von Kitas Elternbeiträge für die Zeit der Kita-Schließung zurückgeben können, außerdem Hilfen für Sport- und Kulturanbieter sowie Ausgleichszahlungen für die Schülerbeförderung. Diese Dinge summieren sich auf rund 15 Millionen. Schließlich rechnet die Verwaltung damit, dass bei den städtischen Beteiligungsunternehmen noch Belastungen von etwa 180 Millionen erwachsen. Unterm Strich sind das 557 Millionen Euro.

Sollte das Szenario 2 eintreten und die Pandemie hartnäckiger sein, vielleicht wieder aufflammen, dürfte allein das Minus bei den Steuereinnahmen rund 516 Millionen Euro betragen. Zudem würden 21 Millionen Euro aus dem Topf der Schlüsselzuweisungen vom Land fehlen. Die Einnahmen aus Gebühren und Bußgeldern würden um 43 Millionen Euro abstürzen und der Aufwand für die Pandemiebekämpfung auf rund zehn Millionen Euro steigen. Der Posten rund um die Sport- und Kulturhilfe würde rund 18 Millionen Euro verschlingen, bei den Beteiligungsunternehmen, darunter das städtische Klinikum, könnten bis zu 211 Millionen Euro fehlen.

Ausgaben werden sofort begrenzt

Die erste Reaktion der Verwaltungsspitze ist ein Haushaltserlass, wonach die Ausgaben im Ergebnishaushalt für die Verwaltungstätigkeit auf 85 Prozent gesenkt werden. Nicht betroffen sind vorerst die Investitionen im Finanzhaushalt, der Stellenplan und bereits beschlossene Dinge. OB Kuhn sagte, mit den Investitionen in der Krise wolle man auch einen wichtigen Beitrag zum Wiederankurbeln der Konjunktur leisten. Man müsse aber an die „gesamtstaatliche Verantwortung“ zur Bewältigung der Krise erinnern, um die Daseinsvorsorge für die Bürger sicherzustellen. Daher brauche man den Rettungsschirm. Zumal über den Prognosen auch noch eine Ungewissheit schwebt: Noch kennt man nicht das Ergebnis der Mai-Steuerschätzung in Bund und Land.

Immerhin darf die Stadt noch mit 41,3 Millionen Euro von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) rechnen, an der sie beteiligt ist. Der Vorstandsvorsitzende Rainer Neske sagte, er halte die Ausschüttung an die Träger für das „sehr erfreuliche Jahr 2019“ nach wie vor für gerechtfertigt. Die Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Banken, nach dem Ausbruch der Coronakrise ihre Ausschüttungen zu verschieben oder sogar ganz zur Disposition zu stellen, hält Neske für eine Grenzüberschreitung der EZB. Dem Appell zum Aufschub immerhin verschloss sich die LBBW-Führung nicht. Nun sei mit der Weichenstellung, das Jahresergebnis von 259 Millionen Euro auszuschütten, im Herbst zu rechnen. Neben dem Sparkassenverband und dem Land profitiert dann auch die Stadt. Deren Kämmerei hat den städtischen Anteil im „realistischen Szenario“ schon einberechnet, im Szenario 2 nicht. „Die Ausschüttung 2021 ist aber eine völlig andere Sache“, warnte LBBW-Chef Neske schon einmal.