Alle drei bis vier Jahre nimmt das Landratsamt bei Waffenbesitzern Kontrollen vor.    Foto: fotosergio/Adobe Stock

Weil er es ungerecht findet, dass Waffenbesitzer je nach Wohnort unterschiedliche Gebühren für Kontrollen zahlen müssen, legte Franz Wolf Widerspruch gegen einen Bescheid ein. Das kommt ihn teuer.

Gerlingen - Für die Seele von Franz Wolf dürfte der Vorstoß Balsam gewesen sein. Die FDP-Landtagsfraktion machte sich jüngst dafür stark, dass Gebühren für waffenrechtliche Kontrollen abgeschafft werden, die keine Mängel ergeben. Doch der Gesetzentwurf blitzte ab. Waffenbesitzer müssen, je nach Wohnort, teils hohe Gebühren für Kontrollen berappen.

Franz Wolf hat das in ziemlichen Schlamassel, zwischen die Behördenmühlen und an den Rand des Offenbarungseides gebracht. Der 67-Jährige spricht von „Perfidität“ und „Behördenwillkür“.

Franz Wolf ist Sportschütze beim Schützenverein Gerlingen, tritt in der Kreisliga an, hat Meisterschaften gewonnen. Von seinem Hobby schwärmt er als „Konzen-trations- und Reaktionssport“. Eine Luftpistole, ein Kleinkalibergewehr und eine Sportpistole nennt er sein eigen – „Sportgeräte“, betont Wolf.

Ob er die Waffen ordnungsgemäß und sicher aufbewahrt hat, wollten im Herbst 2015 Kontrolleure bei einem unangekündigten Besuch wissen – und fanden nichts Beanstandenswertes. „Für fünf Minuten Arbeit 90 Euro Gebühren: akzeptabler Stundenlohn“, meint der Gerlinger sarkastisch. Was ihm dabei gegen den Strich geht: In anderen Gemeinden sind die Kontrollen günstiger oder sogar kostenlos.

Keine Chancen auf Erfolg

Diesen Umstand erklärt der Landratsamts-Sprecher Andreas Fritz damit, dass kreisangehörige Kommunen – für sie ist das Landratsamt untere Verwaltungsbehörde – per festgelegter Satzung Gebühren erheben. Nicht kreisangehörige Kommunen wie große Kreisstädte, Landkreise und Stadtkreise sind dagegen selbst untere Verwaltungsbehörden mit eigenen Gebührenberechnungen und -satzungen. Für die Kontrollen ist das Landratsamt zuständig.

Franz Wolf zahlte zähneknirschend die 90 Euro, legte aber danach Widerspruch ein. Dazu habe ihm einer der Kontrolleure wegen der Gebühren-Ungleichheit explizit geraten, begründet er diesen Schritt. Er hätte ihn besser nicht getan. „Monate später rief mich eine Amtsrichterin aus Cannstatt an und klärte mich auf, dass ich schlechte Chancen auf Erfolg habe. Also zog ich den Einspruch zurück und zahlte die 35 Euro Gerichtsgebühren“, erzählt Franz Wolf. „Ich dachte, damit hat sich’s.“

Doch Ende 2017 flatterte ihm Post vom Gerichtsvollzieher ins Haus – wegen nicht bezahlter Gebühren im Kontext der Waffenkontrolle 2015. Wolf fiel aus allen Wolken. Hatte er es mittels eines nachträglich nochmals angeforderten Kontoauszuges doch Schwarz auf Weiß, dass die 90 Euro damals ans Landratsamt flossen.

Aussage steht gegen Aussage

Um die ging es aber gar nicht, wie ihm ein Mitarbeiter der Landesoberkasse aus Karlsruhe auf sein Nachhaken hin mitteilte. „Es handelt sich um einen Anspruch des Regierungspräsidiums Stuttgart über ursprünglich 100 Euro“, heißt es in dem Brief. „Es geht dabei offensichtlich um die Widerspruchsgebühr des Regierungspräsidiums für die Entscheidung über den von Ihnen eingelegten Widerspruch gegen den Gebührenbescheid des Landratsamts Ludwigsburg.“ Wolf verstand nur Bahnhof, hatte er doch nach Belehrung des Gerichts den Rückzug angetreten. Niemand habe dann noch 100 Euro Widerspruchsgebühr verlangt. „Das wäre, nachdem ich schon 90 Euro Gebühr gezahlt habe, ja geradezu grotesk unverschämt“, echauffiert er sich.

Das Regierungspräsidium erklärt dazu, Gerichtsverfahren und Widerspruchsverfahren seien zwei paar Schuhe. Den beim Landratsamt eingelegten Widerspruch habe das RP damals mit einem Widerspruchsbescheid zurückgewiesen und dafür 100 Euro Gebühr erhoben. „Wir sind ja als Widerspruchsbehörde tätig geworden“, erläutert deren Sprecherin Saskia Becker. Das sei also eine Verwaltungsleistung.

Man habe den Gerlinger „mit ausführlicher rechtlicher Begründung“ über die mangelnden Erfolgsaussichten des Widerspruchs informiert; er hätte ihn kostenfrei zurücknehmen können, sagt Becker. Davon habe er aber keinen Gebrauch gemacht. „Die Durchführung eines Widerspruchverfahrens und die damit verbundene nochmalige Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ausgangsverwaltungsakts ist Voraussetzung, dass überhaupt Klage erhoben werden kann.“ Franz Wolf beteuert, er habe nie von dieser Widerspruchsgebühr gehört, nie ein Schreiben bekommen.

Addiert man Kontroll-, Gerichts-, Widerspruchsgebühr und Gerichtsvollzieherkosten, zahlt Franz Wolf für die Waffenkontrolle wohl mehr als 300 Euro. „Eine Farce“, findet er und fühlt sich an die Feudalzeit erinnert, „in der Untergebene und Leibeigene nach Belieben schikaniert werden konnten“. Er verwünscht sich aber auch selbst dafür, dass er dem Rat des Kontrolleurs folgte: „Er hat mir bewusst Kosten und dem Landratsamt Geld verschafft.“

Waffenstatistik für den Kreis Ludwigsburg

Im Landkreis Ludwigsburg waren Ende des Jahres 2372 Waffenbesitzer registriert. Eine Aufschlüsselung nach Kommunen wird nicht erhoben. Im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Ludwigsburg werden die Waffenbesitzer etwa alle drei bis vier Jahre kontrolliert. Dafür gibt es laut Auskunft der Pressestelle einen Stellenanteil von 1,0 Stellen, der auf mehrere Sachbearbeiter verteilt ist.

2017 wurden im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Ludwigsburg im Rahmen der bundesweiten Amnestie, die illegalen Waffenbesitzern die Möglichkeit der straffreien Abgabe einräumt, zwölf Waffen zurückgegeben. Die Abgabefrist endet am 1. Juli 2018.Vergangenes Jahr gab es im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Ludwigsburg 139 Verstöße gegen das Waffengesetz.