Die Spritpreise kennen momentan nur eine Richtung: nach oben. Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Treibstoffpreise steigen und steigen, und Diesel ist zurzeit teurer als Superbenzin. Der Tankmarkt steht kopf. Wir erklären, warum das so ist und wer davon profitiert.

Die Treibstoffpreise kennen derzeit nur eine Richtung: nach oben. Bundesweit haben sie seit Anfang der Woche die Marke von zwei Euro – teilweise massiv – überstiegen. Bemerkenswert ist dabei nicht zuletzt auch, dass Dieselkraftstoff, der eigentlich geringer besteuert wird als Benzin, teurer ist als Ottokraftstoff. Normalerweise ist das andersherum. Wir erklären, warum das so ist und wer davon profitiert.

Wie sieht es aktuell aus?

Am Mittwoch lag der Preis für Super E10 im Bundesdurchschnitt an den 14 000 Tankstellen im Mittel des Tages bei 2,174 Euro – und damit über 30 Cent höher als eine Woche zuvor. Für Diesel musste man durchschnittlich 2,268 Euro bezahlen. Das sind sogar gut 50 Cent mehr als vor einer Woche. Normalerweise liegt der Dieselpreis unter dem Benzinpreis, weil die Energiesteuer auf Diesel bei 47,07 Cent pro Liter und damit 18,41 Cent unter dem Steuerbetrag für Benzin liegt.

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Warum ist Diesel teurer als Benzin?

Generell treibt der Krieg in der Ukraine den Marktpreis für Öl und Treibstoffe. Der Branchenverband EN2X spricht von einem „geopolitischen Risikoaufschlag auf den Ölpreis“. Hinzu kommt, dass derzeit die Nachfrage nach Heizöl außergewöhnlich hoch ist. Heizöl und Diesel sind chemisch betrachtet bis auf eine farbliche Kennzeichnung identisch. „Normalerweise ebbt die Nachfrage nach Heizöl im März ab“, erläutert ein Sprecher des ADAC, „aber offenbar treibt viele die Sorge um, dass der Heizölpreis im Herbst noch höher liegen oder die Versorgung sogar eng werden könnte. Deshalb gibt es jetzt eine Heizölwelle, wie wir sie normalerweise nur im Herbst und Winter beobachten.“

Wer profitiert von den hohen Preisen an der Tankstelle?

Der Erfurter Politikprofessor Andreas Goldthau bringt es auf den Punkt: „Wenn jemand jemanden abzockt, dann ist es eine aggressive politische Elite in Moskau, die ein Nachbarland überfallen hat. Die verdienen nämlich im Moment am meisten daran, dass die Preise hoch sind“, sagte er dem MDR in einem Interview. Zugleich taucht auch immer wieder der Vorwurf auf, die Mineralölkonzerne füllten sich bei hohen Preisen die Taschen. „Generell ist zu beobachten, dass Verteuerungen am Markt sehr schnell weitergegeben werden“, sagt der Sprecher des ADAC, „bei sinkenden Preisen dauert es immer etwas länger.“ Inwieweit es zurzeit eine Rolle spiele, dass Mineralölkonzerne hohe Preise bereits weitergeben könnten, bevor sie selbst davon betroffen sind, weil ihre Lager noch gefüllt sind, könne er aber schwer sagen.

Und was sagt die Mineralölindustrie dazu?

Nichts. „Dazu müssen Sie die Unternehmen fragen“, bescheidet ein Sprecher des Branchenverbands EN2X, in dem im vergangenen Jahr auch der Mineralölwirtschaftsverband aufging. Eine Sprecherin bei Shell Deutschland antwortet auf die Frage, ob das Unternehmen bereits von den hohen Marktpreisen betroffen sei und was sie zu den Vorwürfen sage, gebetsmühlenartig: „Ich werde zu unserer Preisstrategie keine Aussage machen.“ Der vor allem in Süddeutschland mit Tankstellen vertretene österreichische Konzern OMV antwortet weder telefonisch noch auf schriftliche Anfragen, und Aral verweist nach mehrmaligen Kontaktversuchen an den Branchenverband EN2X.

Und wer profitiert noch?

Der Staat. Denn die Mehrwertsteuer bezieht sich auf den Nettopreis – steigt er, nimmt auch der Staat mehr ein. Im Januar beispielsweise flossen laut dem Statistischen Bundesamt pro Liter Diesel, der damals an der Tankstelle 160,09 Cent kostete, 25,56 Cent Mehrwertsteuer. Mittlerweile sind es bei einem Preis an der Zapfsäule von 203,2 Cent (Stand vom 7. März) 32,4 Cent Mehrwertsteuer. Hinzu kommt noch die Energiesteuer mit 47 Cent pro Liter Diesel beziehungsweise 65,4 Cent pro Liter Super E10. Entsprechend werden jetzt auch unter anderem aus der Union Rufe nach staatlichen Maßnahmen zur Entlastung vor allem einkommensschwacher Haushalte laut – unter anderem nach einer Minderung des Mehrwertsteuersatzes. Andere Länder wie Italien verschicken Schecks an Haushalte, um ihre Belastung zu mindern. „Es gibt einen ganzen Strauß von Mechanismen, die man hier andenken kann“, so Politologe Goldthau.

Was können Autofahrer jetzt tun?

Die Ratschläge sind die gleichen wie in normaleren Zeiten auch: In der Regel, zeigt die langjährige Preisbeobachtung, sind die Preise an Tankstellen morgens höher als abends – im Durchschnitt um sieben Cent. Hilfreich bei der Suche nach günstigem Treibstoff sind zudem Apps wie Clever Tanken oder ADAC Spritpreise. „Wer kann, ist sicher außerdem gut beraten, das Auto stehen zu lassen oder, wo möglich, wenigstens Kurzstrecken zu vermeiden“, so der ADAC-Sprecher. Prognosen, wann der Preisanstieg ein Ende finden könnte, wagt zurzeit niemand.

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