Wenn die Feuerwehr in Eile ist, wird es in solchen Situationen brenzlig. Foto: Gottfried Stoppel

In manchen Straßen geht es nur im Schritttempo voran – keine guten Voraussetzungen für die Arbeit der Feuerwehr. Diese hat in Schorndorf eine Testfahrt gemacht, um gefährliche Engstellen im Stadtgebiet zu finden.

Schorndorf - Zentimeter für Zentimeter tastet sich Steffen Heckel mit dem feuerroten Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, kurz HLF 20, vorwärts. Rechts und links an der Friedrichstraße parken Autos. Schneller als im Schritttempo kann der Feuerwehrmann an dieser schmalen Stelle der Schorndorfer Wohnstraße nicht fahren – zu groß ist die Gefahr, dass er eins der parkenden Fahrzeuge streift. An diesem Donnerstagvormittag ist das erzwungene Schneckentempo kein echtes Problem, denn Steffen Heckel ist ganz entspannt – kein Brand weit und breit.

Weil aber die Feuerwehr normalerweise in Eile ist und bei einem Einsatz jede Minute zählt, hat Steffen Heckel sich heute auch ohne Feuer hinter das Steuer des 2,50 Meter breiten Löschfahrzeugs geklemmt. Neben ihm sitzt Jessica Pulzer. Am Ärmel ihrer neongelben Jacke prangt das Schorndorfer Wappen mit dem Schriftzug „Polizeibehörde Stadt Schorndorf.“ Jessica Pulzer ist für „Verkehrsangelegenheiten“ zuständig; bei ihr sind in jüngster Zeit etliche Beschwerden über riskant parkende Autofahrer eingegangen. „Die Straßen, über die es die meisten Beschwerden gab, versuchen wir abzufahren“, sagt Jessica Pulzer, und nennt einige Stationen der Route: „Friedrichstraße, Maybachstraße, Werderstraße, Goethe- und Hegelstraße, Brahmsweg.“

Die magische Zahl: 3,05 Meter

Gleich in der Friedrichstraße wartet also die erste Engstelle. Doch wie eng geht es tatsächlich zu? Jessica Pulzer klettert aus dem Feuerwehrauto, klappt einen weißen Meterstab auf und misst, wie viel Platz zwischen den an beiden Straßenrändern abgestellten Autos ist. „3,55 Meter“, ruft sie – also 50 Zentimeter mehr als die vorgeschriebenen 3,05 Meter. Ist die Durchfahrtsbreite geringer, dann herrscht automatisch Parkverbot, ohne dass Schilder extra darauf hinweisen.

Weiter geht es auf der Friedrichstraße. Das Feuerwehrauto kreuzt mit röhrendem Motor die Burgstraße – und hat schon wieder ein Platzproblem. Auch an dieser Stelle parken Autos rechts und links am Rand. Kein Schild verbietet das, alles ganz legal. Jessica Pulzer steigt erneut aus, legt den weißen Meterstab auf die Fahrbahn, misst 3,05 Meter von Reifen zu Reifen. „Das ist gerade noch rechtmäßig“, sagt sie, wobei der Kotflügel noch um einiges weiter in die Straße rage. „Das ist kritisch“, findet Jessica Pulzer, „hier braucht es wohl ein Halteverbot.“

Verzögerungen werden gemeldet und dokumentiert

Steffen Heckel gibt wieder Gas. Die griffbereit aufgehängten Atemschutzmasken baumeln hin und her, das Funkgerät gibt knarzende Geräusche von sich. Die nächsten Minuten verlaufen ohne Hindernisse. Was könnte die Feuerwehr tun, wenn ein Auto beim Einsatz die Zufahrt zur Brandstelle blockiert? „Da gibt’s nur eines“, sagt der Feuerwehrkommandant Jost Rube: „Wir funken die Leitstelle an und melden das, sodass ein zweites Fahrzeug möglichst umgeleitet werden kann.“ Abschleppen, wegziehen oder -schieben? Jost Rube winkt ab: „Wir können da nichts erzwingen.“ Allerdings würden solche Verzögerungen gemeldet und auf diese Weise dokumentiert, dass Verspätungen nicht aufs Konto der Feuerwehr gehen. Sollten Menschen verletzt werden oder gar zu Tode kommen und es gibt Beweise, dass ohne die Verzögerung Rettung möglich gewesen wäre, dann haben die Autobesitzer ein Problem. „Falschparker können später belangt werden“, sagt Rube.

Die Fahrt geht derweil weiter, vorbei an Tankstellen und Industriegebäuden bis zur Hegelstraße. Die Lage dort ist unspektakulär, Steffen Heckel steuert seinen Koloss mühelos durchs Viertel. „Hier müssen wir mal später vorbeikommen, oft ist die Situation tagsüber komplett anders als abends“, sagt Jessica Pulzer. Die Dienstfahrzeuge der Diakoniestation Schorndorf, die nach Feierabend in größerer Zahl an der Hegelstraße abgestellt werden, sind an diesem Vormittag unterwegs. „In manchen Gegenden ist es die Wohnbevölkerung, in anderen sind es die Beschäftigten, die den Parkdruck verursachen“, sagt Jörn Rieg von der Stadtverwaltung.

Im Brahmsweg bleiben nur zwei Meter Platz

Nun steuert das Feuerwehrauto noch in den Brahmsweg, eine schmale Sackgasse, die auch Anlass zu Beschwerden gibt. „Da brauchen wir gar nicht zu messen“, sagt Jessica Pulzer, als Steffen Heckel dort anhält, sie tut es aber dann doch. Nur 2,05 Meter sind noch neben dem Löschfahrzeug Platz, obwohl zu dieser Stunde kein einziges Auto hier parkt. Gegen 17 Uhr sei das anders, sagt Jessica Pulzer – und nicht vertretbar. Die Stadt werde hier nun verstärkt Kontrollgänge machen und Strafzettel verteilen. „Meist melden sich dann die Anwohner und wir versuchen zu vermitteln, wieso man hier nicht parken darf. Normalerweise pendelt sich das ein. Wenn nicht, müssen wir ein absolutes Halteverbot ausschildern.“