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Die B 14 in der Innenstadt und die Neue Weinsteige sollen zu Versuchsstrecken werden.

Stuttgart - Die Autofahrer werden sich an Tempo40 auf zwei wichtigen Hauptstraßen in Stuttgart gewöhnen müssen. Nach Informationen unserer Zeitung will das Regierungspräsidium Nägel mit Köpfen machen. Hintergrund sind Klagen von Bürgern vor dem Verwaltungsgericht wegen der schlechten Luftqualität.

Das lange Warten auf Klarheit über den Kurs des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart neigt sich dem Ende zu. Am Dienstag sollen die Stadträte im Stuttgarter Rathaus erfahren, was die Gutachten über mögliche Auswirkungen von Tempo 40 auf Hauptstraßen ergeben haben - und welche Konsequenzen das RP daraus ziehen will. Noch am selben Tag möchte die Behörde via Pressemitteilung verkünden, ob zum Kampf gegen überhöhte Schadstoffwerte in der Stuttgarter Luft nun auch Tempo-40-Gebote eingesetzt werden sollen.

Tempo 40 auf der B 14 am Neckartor

"Vorher gibt es keine Auskunft. Darauf haben wir uns mit der Stadt Stuttgart verständigt", sagte RP-Sprecher Peter Zaar am Freitag. Dennoch zeichnete sich bereits ab, was geschehen soll. Zwei Zielgebiete sind bestimmt:

Brennpunkt Bundesstraße14: An der berüchtigten Messstelle Neckartor, die bundesweit für weit überhöhte Feinstaubwerte bekannt ist, soll künftig nicht mehr Tempo50 gelten. Mindestens vom Neckartor bis zur Pforte des Heslacher Tunnels will das Regierungspräsidium versuchsweise 40 Kilometer pro Stunde als Maximalgeschwindigkeit vorschreiben. Von der Stadtverwaltung verlautet sogar, die T-40-Zone auf der B14 solle bis zum Schwanenplatz beim Mineralbad Cannstatt ausgeweitet werden.

Brennpunkt Bundesstraße27: Die Hohenheimer Straße ist ebenfalls seit Jahren als Verkehrsschneise mit hoher Verkehrsbelastung und viel Feinstaub sowie Stickoxiden aus den Autoauspuffen bekannt. Deswegen soll mit einem Tempo-40-Versuch auch hier angesetzt werden. In die Pilotstrecke dürfte die Neue Weinsteige einbezogen werden, verlautet aus dem Rathaus.

Mit Begeisterung gehen die Behörden diese Maßnahmen keineswegs an. Aber in der Innenstadt wohnende Kläger haben schon vor Jahren das Verwaltungsgericht angerufen und dadurch mit Erfolg Druck auf das RP gemacht. Unter dem Eindruck von Gerichtsentscheidungen hat die Behörde seither über kontinuierliche Verschärfungen der Maßnahmen nachgedacht. Denn die Einhaltung der gesetzlichen Schadstoffgrenzwerte ist immer noch nicht gewährleistet: weder beim Feinstaub noch bei den Stickoxiden, die am Neckartor allerdings durch Tempo 50 auf der Cannstatter Straße und durch scharfe Kontrollen mit zwei neuen Blitzsäulen reduziert wurden.

Wird Tempo 40 auch nachts befolgt?

Auf der unteren Hohenheimer Straße und auf der B14 in der Innenstadt dürften die Autofahrer vor allem außerhalb der Hauptverkehrszeiten durch die Tempo-40-Vorschriften gebremst werden, in den Spitzenzeiten der Verkehrsbelastung weniger. An einem normalen Tag ohne Demonstrationen liege die Reisegeschwindigkeit der Autos zwischen Neckartor und Heslacher Tunnel in der Hauptverkehrszeit bei durchschnittlich 25 bis 30 Kilometern pro Stunde, auch wenn die Autos auf einzelnen Abschnitten vielleicht mal schneller seien, sagte der Verkehrsplaner und Verkehrsgutachter Rolf Karajan auf Anfrage unserer Zeitung. Schuld daran sind die hohen Kfz-Zahlen, stockender Verkehr und Staus sowie die Überwege mit Ampeln. In den Randbereichen der Hauptverkehrszeiten betrage die Reisegeschwindigkeit 40 bis 45 km/h. In den Nachtstunden steigt der Wert deutlich.

Wenn jetzt Tempo 40 eingeführt werde, sei die große Frage, wie das Gebot nachts befolgt werde, sagte Karajan. Seiner Meinung nach müsse man zusätzliche Überwachungsmaßnahmen ergreifen. Um die erhoffte Reduzierung von Abgasen und Schadstoffen zu erreichen, müsse man für permanente Einhaltung der Vorschrift sorgen. Sicherlich müssten auch die Ampelanlagen auf der Hauptstätter Straße - drei bei den Straßenkreuzungen zwischen dem Österreichischen Platz und dem Heslacher Tunnel, zwei bei den Fußgängerüberwegen an der Sophienstraße und der Leonhardskirche - neu programmiert werden, sagte Karajan. Bisher seien sie so eingestellt, dass die Autos bei geringem Verkehrsaufkommen mit Tempo 50 eine grüne Welle zwischen Marienplatz und Schwanenplatz haben.

Im Rathaus gibt es zumindest in puncto Überwachung keine Bedenken: Die beiden ausgewählten Straßen seien schon gut mit Blitzern bestückt. Was darüber hinaus nötig sei, werde man leisten können, heißt es.