LKA Baden-Württemberg durchsucht in vier Bundesländern bei einer Frau und drei Männern mit Verbindungen zur mutmaßlichen Rechtsterrorgruppe S.
Stuttgart - In Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Thüringen haben Polizisten unter Führung des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg Wohnungen und andere Räumlichkeiten einer Frau und von drei Männern durchsucht. Der Generalbundesanwalt hat den Verdacht, dass das Quartett in Verbindung zu den zwölf Mitgliedern der mutmaßlichen Rechtsterrorgruppe S. steht, die derzeit vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeklagt sind. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Ankläger die Ermittlungen gegen die vier vom Verfahren gegen den Namensgeber der Gruppe, Werner S., abgetrennt. Ihm und seinen Kumpanen werfen die Ankläger vor, eine Terrorvereinigung gebildet und Pläne für einen Aufstand in Deutschland geschmiedet zu haben. Die 13 Mitglieder der Gruppe wurden im Februar 2020 verhaftet. Einer nahm sich in der Untersuchungshaft das Leben.
Zu den jetzt Durchsuchten gehört Sören B., Mitglied des „Freikorps Heimatschutz Division 2016 – Das Original“, einem rechtsradikalen Zusammenschluss, dem auch mindestens sechs Angeklagte des Stuttgarter Verfahrens angehörten. Unter ihnen auch die beiden mutmaßlichen Rädelsführer Werner S. und Tony E.
B. nahm – wie auch S. und drei weitere Mitglieder seiner Gruppe – im Juli 2019 an einem Treffen des Freikorps im thüringischen Sondershausen teil. Bei diesem Treffen sei erstmals persönlich über Aufstandspläne gesprochen worden, sind die Ermittler überzeugt. Zudem habe Werner S. ein Plantagengrundstück in Sondershausen erwerben wollen, wo man sich „auf einen Umsturz“ vorbereiten wollte.
Friseurin Marion G. und der Rückzugsraum für die Gruppe S.
Die Friseurin Marion G. nahm am 14. September 2019 auf der Theresienwiese in Heilbronn an einem Treffen von sieben Mitgliedern der Chatgruppe „Der harte Kern“ teil. Bei dem von einem mobilen Einsatzkommando observierten Treffen schmiedeten die Rechtsextremisten auch Pläne, Politiker und Schwarze zu ermorden. An diesem Treffen nahm auch Paul-Ludwig U. teil, der sich zuvor der Polizei anvertraut hatte. Durch seine Informationen kamen die Ermittler überhaupt erst auf die Spur der Gruppe S..
13 Tage nach dem Heilbronner Treffen gehörte Marion G. auch zu dem ausgesuchten Kreis, der auf einem Grillplatz bei Alfdorf im Rems-Murr-Kreis zusammenkam. Diese Zusammenkunft gilt als Gründungstreffen der Gruppe S. Zudem organisierte G. weitere Treffen Gleichgesinnter, die sich zuvor in Chats wie der „Patrioten-Gruppe“ ausgetauscht hatten. Sich selbst sieht G. als „Kämpferin“ gegen Asylsuchende. Sie postete einmal: „Meine Mutter ist die Sprache, mein Vater ist das Land. Für die Zukunft meiner Familie leiste ich Widerstand.“
G. betreute Chatgruppen, in denen die Mitglieder – auch viele Angehörige der Gruppe S. – über Revolution und Umsturz diskutierten. In Bayern mietete sie ein Waldgrundstück samt Hütte an, dass zu einem „Rückzugsfluchtort“ für die Gruppe S. werden soll, wie Informant U. der Polizei berichtete. Nach dem Anschlag von Hanau am 19. Februar 2019, bei dem neun Menschen starben, postete G. auf Facebook: „Lasst euch gesagt sein, wir werden uns erheben, und dann lauft so schnell ihr könnt. Denn nichts und niemand wird uns dann aufhalten. Für diesen Tag lebe ich, um uns Deutschen wieder ihre Heimat zurückzuholen.“
Mit der Razzia jetzt wollten die Ermittler zusätzliche Beweise für die rechtsradikalen Umtriebe der Gruppe S. finden. Sie erhoffen sich auch weitere Informationen über das Netzwerk um die mutmaßliche Rechtsterrorgruppe. Gegen deren Mitglieder wird der Prozess am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Stuttgart in Stammheim fortgesetzt. Er war zuletzt wegen positiver Corona-Fälle in Haftanstalten ausgesetzt worden.