Die Französische Polizei hat einen mutmaßlichen Dschihadisten aufgegriffen, der Anschläge bei Paris geplant haben soll. Auf seine Spur brachte der 24-Jährige die Ermittler selbst.
Paris - Durch Zufall ist Frankreich drei Monate nach den islamistischen Attentaten in Paris offenbar einem weiteren Terror-Anschlag entgangen. Die Polizei griff am Sonntagmorgen einen aus Algerien stammenden Elektronikstudenten auf, der „zweifelsohne“ Attentate auf eine oder zwei Kirchen in der Pariser Vorstadt Villejuif geplant hatte, wie der französische Innenminister Bernard Cazeneuve am Mittwoch bekanntgab.
Der 24-Jährige, der vor einigen Jahren durch Familiennachzug nach Frankreich kam und in Paris lebt, hatte die Fahnder selbst auf seine Spur gebracht. Wegen einer Schussverletzung im Bein rief er einen Krankenwagen und tischte den Sanitätern „Fantasie-Geschichten“ auf, sagte Staatsanwalt François Molins. Demnach behauptete er, er habe die Waffen in die Seine werfen wollen.
Die Polizei verfolgte eine Blutspur bis zu einem in der Nähe geparkten Auto und durchsuchte es aufgrund des verdächtigen Verhaltens des Mannes und seiner Weigerung, es zu öffnen. Dort fand sie ein wahres Waffenarsenal – eine Kalaschnikow, einen Revolver, eine Pistole, zahlreiche Munition, eine kugelsichere Weste, drei Handys, einen Laptop sowie schriftliche Aufzeichnungen mit möglichen Anschlagszielen.
Waffen, Schutzwesten, Schriftstücke in arabischer Sprache
Bei der Durchsuchung seiner Wohnung stellte die Polizei weitere Waffen und Schutzwesten, 2000 Euro in bar und Schriftstücke in arabischer Sprache sicher, die die Terror-Organisationen El Kaida und Islamischer Staat (IS) erwähnten, sowie Telefone und Chipkarten, deren Analyse ergab, dass der Student in Kontakt mit einem Mann in Syrien stand, der ihn zum Anschlag auf eine Kirche beauftragt habe, sagte Molins.
Der 24-Jährige, der sich nun in „totales Schweigen“ hülle, und ein weiterer Mann befinden sich in Untersuchungshaft. Medien zufolge gab es mehrere Durchsuchungen in seinem Umfeld und seiner Familie. Aus diesem Personenkreis hatten sich einige dem radikalen Islam zugewandt.
Der Mann war den Geheimdiensten bekannt. Seit einer Reise in die Türkei im vergangenen Jahr wurde er abgehört, auch wegen möglicher Ausreisepläne nach Syrien, so Cazeneuve. Ermittlungen hätten allerdings keine ausreichenden Indizien ergeben, um ein formelles Verfahren gegen ihn einzuleiten.
Ist der Verdächtige ein Mörder?
Inzwischen steht er zudem im Verdacht, in den Mord an einer 32-jährigen Frau verwickelt zu sein, die am Sonntag erschossen auf dem Beifahrersitz eines Autos in Villejuif gefunden wurde. Im Auto der jungen Fitness-Trainerin wurden DNA-Abdrücke sowie Blutspuren des Informatikstudenten gefunden, der sich zur Tatzeit vor Ort befunden hat, wie das GPS-System seines Autos belegt. Auch trug seine Kleidung Blutspuren der Frau.
Das Motiv erschien zunächst völlig unklar. Präsident François Hollande erklärte, ein Terrorakt sei vereitelt worden – „es ist nicht der erste, es gab andere in den letzten Wochen und Monaten“.
Auch Premierminister Manuel Valls versuchte, Alarmbereitschaft und Wachsamkeit zugleich zu signalisieren. Das Land stehe einer terroristischen Bedrohung nie da gewesenen Ausmaßes gegenüber: „Terroristen zielen auf Frankreich, um uns zu spalten. Unsere Antwort sind der Schutz der Bürger und eine große Entschlossenheit gegenüber der Bedrohung.“
In Paris herrscht höchste Terror-Warnstufe
Seit den Anschlägen im Januar auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt durch insgesamt drei Islamisten, die sich El Kaida und dem IS zugehörig erklärt hatten, herrscht im Großraum Paris immer noch höchste Terror-Warnstufe. Medienhäuser sowie religiöse, politische, touristische und ganz besonders jüdische Einrichtungen werden seitdem verstärkt überwacht.
Vor zwei Wochen schreckte ein terroristischer Hackerangriff auf den Fernsehsender TV5 Monde auf, bei dem das Programm stundenlang lahmgelegt wurde und die Konten der sozialen Netzwerke des Senders IS-Propaganda verbreiteten.
Im Rahmen der Terrorismus-Bekämpfung will die Regierung ein neues Geheimdienstgesetz einführen, das weitreichende Abhörmöglichkeiten vorsieht. Künftig kann die Kommunikation der Bürger ohne richterlichen Beschluss abgehört werden, wenn die „nationale Sicherheit“ des Landes bedroht scheint.