In Brüssel herrscht Terroralarm Foto: dpa

Bei einer neuen Terrorserie sind am Dienstag in Brüssel mindestens 34 Menschen getötet worden. Die Zahl der Verletzten liegt bei mehr als 180. Was wissen wir? Was nicht?

Brüssel/Berlin - Bei einer neuen Terrorserie sind am Dienstag in Brüssel mindestens 34 Menschen getötet worden. Mehr als 180 wurden verletzt. Vermutet wird, dass die Anschläge wieder auf das Konto von radikalen Islamisten gehen. Auch nach mehreren Stunden war die Lage allerdings noch sehr unübersichtlich. Was wissen wir? Was nicht?

Was genau ist passiert?

Die Terrorserie beginnt kurz nach 08.00 Uhr auf dem Flughafen, eine halbe Autostunde von der Innenstadt entfernt. In der Abflughalle gibt es in kurzer Folge zwei Explosionen. Die Staatsanwaltschaft spricht von mindestens einem Selbstmord-Attentäter. Vorläufige Bilanz: mindestens 14 Tote, mindestens 81 Verletzte. Punkt 09.11 Uhr dann noch ein Anschlag, in der Metro-Station Maelbeek, mitten im EU-Viertel. In einer U-Bahn, die gerade steht, explodiert der mittlere Wagen - vermutlich eine Bombe. Bilanz hier: mindestens 20 Toten und 106 Verletzte. Stundenlang gibt es dann immer wieder Gerüchte über neue Anschläge - alles Fehlanzeige, zum Glück.

Wie reagieren die belgischen Behörden?

Für ganz Belgien gilt nun wieder die höchste Terrorwarnstufe - wie zuletzt im November 2015, gleich nach den Anschlägen von Paris. Der Flughafen wird sofort geräumt und dann geschlossen. Mehr als 1000 Flüge müssen umgeleitet werden. Alle U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse stehen bis zum Abend still. Auch die Hochgeschwindigkeitszüge fahren nicht mehr. Der Schutz für die Zentralen von EU und Nato wird nochmals verschärft. Im Atomkraftwerk Tihange werden alle Mitarbeiter, die nicht unbedingt gebraucht werden, nach Hause geschickt. Das belgische Krisenzentrum empfiehlt: „Bleiben Sie, wo sie gerade sind!“ Das Rote Kreuz bittet um Blutspenden. Gebraucht werden vor allem die Blutgruppen A und 0, Rhesusfaktor negativ.

Wer steckt hinter den Anschlägen?

Alles deutet darauf hin, dass auch diese Terrorserie einen islamistischen Hintergrund hat. Erst am Freitag war in Brüssel einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge von Paris festgenommen worden, Salah Abdeslam. Seither rechneten Experten mit neuen Aktionen aus seinem Umfeld. Der Terrorexperte Peter R. Neumann vom Londoner King’s College sagte am Wochenende: „Es gibt keinen Grund zur Entwarnung. Uns stehen wahrscheinlich ähnliche Anschläge noch bevor.“ Die Suche nach weiteren Tätern läuft auf Hochtouren. An verschiedenen Orten in Brüssel gibt es wieder Razzien. Belgiens Außenminister Didier Reynders bestätigt: „Wir fürchten, dass Leute noch auf freiem Fuß sind.“ Gesucht wird auch nach zwei Komplizen Abdeslams. Die Staatsanwaltschaft äußert sich wegen der laufenden Ermittlungen zurückhaltend.

Wie groß ist die Gefahr für Deutschland?

Die Sorge vor einem Anschlag auf deutschem Boden ist anhaltend hoch - aber das ist schon seit vielen Monaten so. Die Kontrollen an Deutschlands Grenzen zu Belgien und Frankreich werden nochmals verschärft. Auch an den großen Flughäfen und Bahnhöfen werden die Sicherheitsmaßnahmen wieder in die Höhe gefahren. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagt, es gebe bislang keine Hinweise auf einen „Deutschland-Bezug“ der Täter. Aber selbstverständlich wird geprüft, ob es Querverbindungen zur hiesigen Islamistenszene gibt.

Sind Deutsche unter den Opfern?

Nach den jüngsten Anschlägen hat man immer die Befürchtung, dass auch Bundesbürger betroffen sind - gerade in einer Stadt wie Brüssel, wo auch viele Deutsche leben. De Maizière zufolge gab es zunächst aber keine Hinweise. Die Botschaft war auch am Nachmittag noch um Aufklärung bemüht. Botschafter Rüdiger Lüdeking schrieb in einer E-Mail an seine Landsleute: „Ich bitte Sie darum, in der gegenwärtigen Situation Ruhe zu bewahren und nach Möglichkeit Ihren aktuellen Aufenthaltsort (Büro, Zuhause) nicht zu verlassen.“

Warum immer wieder Brüssel?

Die belgische Hauptstadt gilt als Hochburg des islamistischen Terrorismus in Europa. Vor allem der Stadtteil Molenbeek mit seinen vielen Einwanderern aus der arabischen Welt hat einen schlechten Ruf. Von dort kamen außer Abdelslam auch andere Islamisten, die an Terrorabschlägen beteiligt waren. In Belgiens Hauptstadt lebt man deshalb seit einer Weile mit besonderer Vorsicht. Bereits eine Woche nach den Anschlägen in Paris hatte es konkrete Gefahrenhinweise für die Region Brüssel gegeben. Das öffentliche Leben kam damals für fünf Tage praktisch zum Erliegen, ohne dass etwas geschah.

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