Alexander Zverev (links) und Dominic Thiem trafen zuletzt im Halbfinale der Australian Open in Melbourne aufeinander. Foto: imago images/Paul Zimmer

Die besten Tennisspieler der Welt wie Alexander Zverev diskutieren, wie sie schlechter gestellten Kollegen helfen können. Der Österreicher Dominic Thiem mag darin keinen Sinn erkennen.

München - Der Aufruf zur Solidarität klang erst mal gut. Die Großen wie Novak Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer helfen den Kleinen, finanziell gut aufgestellte Tennis-Profis unterstützen jene, die wegen der Corona-Pandemie am Hungertuch nagen. So zumindest der Plan. „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe, in der, glaube ich, alle Top-50-Spieler drin sind“, berichtete Alexander Zverev im Interview mit dem kicker, „wir überlegen gerade alle gemeinsam, wie wir Spieler unterstützen können, die Hilfe benötigen.“

„Warum soll ich solchen Leuten Geld schenken wollen?“

Gemeinsam? Dominic Thiem scheinen diese Überlegungen nicht zu gefallen. In den unteren Regionen der Weltrangliste tummelten sich „viele Leute, die dem Sport nicht alles unterordnen,“ und er sehe nun nicht ein, „warum ich solchen Leuten Geld schenken sollte“, sagte der Österreicher der Kronen-Zeitung. Da spende er doch „lieber an Leute oder Institutionen, die es wirklich brauchen“, ergänzte der Weltranglistendritte. Auch von „uns Top-Leuten“ habe ja „keiner etwas geschenkt bekommen. Wir mussten uns alle hochkämpfen“.

Noch ist unklar, wer wie viel Geld zahlen kann und soll. Der Weltverband ITF sowie die Profi-Verbände WTA (Frauen) und ATP (Männer) wollen angeblich ein Paket von sechs Millionen Dollar schnüren, um schlechter platzierten Spielern, die aufgrund der weltweiten Turnierpause (bis 13. Juli) nicht mal Kleingeld einspielen können, zu helfen. Djokovic, Nadal und Federer wollen eine weitere Million bei den Top 100 im Einzel und den Top 20 im Doppel einsammeln: Gestaffelt von 30.000 Dollar von den Top 5 (wie Thiem) bis 5000 von den Nummern 51 bis 100.

Tennis-Spielern ab Position 150 soll geholfen werden

Djokovic, Vorsitzender des ATP-Spielerrats, ahnte bereits bei einem Instagram-Live-Chat in der vergangenen Woche mit Fabio Fognini (Italien), dass die Sache kompliziert werden könnte: „Es ist schwierig, von Spielern Geld zu verlangen, egal, wie ihre Weltranglistenplatzierung ist.“ Zverev berichtete: „Wir sprechen alle miteinander und steuern Ideen bei, damit wir finanzschwächeren Spielern helfen können.“ Meistens folge die Gruppe bei derartigen Themen den Vorschlägen der erfahrenen Spieler Djokovic, Nadal und Federer.

Die Unterstützung sei vor allem für Spieler ab Position 150 auf der Weltrangliste gedacht, sagte Zverev. Die Pläne von Djokovic, Nadal und Federer zielen angeblich darauf ab, den Spielern von Position 250 bis Position 700 auf jeden Fall je 10.000 Dollar zukommen zu lassen. Dies beträfe dann auch den Deutschen Dominik Böhler vom schwäbischen TC Bad Schussenried, der in der eingefrorenen Weltrangliste genau die Nummer 700 ist. Der 24-Jährige hat in diesem Jahr bislang 774 Dollar eingespielt, im vergangenen Jahr 7489 Dollar.

Thiem behauptet, den betroffenen Spielern gehe es nicht so schlecht wie vermutet. „Ich habe in keinem Beruf die Garantie, irgendwann einmal richtig viel Geld damit zu verdienen. Es kämpft kein Tennisspieler, auch nicht die, die weiter unten stehen, ums Überleben. Es muss keiner verhungern“, sagte er. Der Australier John Millman, Nummer 43 der Weltrangliste und potenzieller Geldgeber mit 10.000 Dollar, stellt derweil die Frage: „Wenn die Sorge ist, den Rängen 250 bis 700 zu helfen, warum war eine weltweite Pandemie nötig, um das zu verstehen?“