Sein neues Markenzeichen: Roger Federer will mit seinem kurz vor der T-Linie als Halbvolley geschlagenen Return auch bei den US Open glänzen Foto: dpa

Roger Federer ist wandlungsfähig. Der Tennis-Magier will mit einem neuen alten Schlag auch bei den US Open überraschen. Dass er das kann, daran zweifelt niemand.

New York - Seit kurzem entschärft er gegnerische Aufschläge mit schleichender List: Roger Federer (34) geht dem Ball bisweilen extrem weit entgegen und spielt ihn als frechen Halbvolley zurück. Die Welt des Tennis staunt mal wieder und denkt darüber nach, wie man diese ganz spezielle Art des Returns nennen könnte. Manche meinten, man solle doch einfach bei dem Namen bleiben, der ohnehin als Markenzeichen gilt – „Federer“.

Damit könne er leben, meinte der Meister dieser Tage in New York. Er berichtete, die ganze Geschichte sei im Training aus Spaß entstanden. Er habe den Schlag wieder und wieder probiert, und so sei er schließlich im Spiel gelandet, auch beim Sieg zuletzt im Finale gegen Novak Djokovic in Cincinnati.

Aber es war ja mehr als das. Während der gesamten Woche spielte und gewann er so überzeugend, dass nun wieder die These die Runde macht, er sei nie besser gewesen. Wie er die Sache sieht? Federer sagt, die Gegenwart sei nicht leicht mit der Vergangenheit zu vergleichen, weil sich grundsätzlich vieles verändert habe. Aber sein Spiel laufe generell bestens, und mit der Rückhand sei er besonders zufrieden, die sei dank des größeren Schlägerkopfes besser als früher.

In New York zurück in die Realität

Die Spiele und Siege in Cincinnati, darunter auch gegen Andy Murray, taten ihm gut nach der Sommerpause. Aber nun will Federer sich bemühen, in New York in die Realität zurückzukehren. Dafür sorgt schon die Auslosung. Als er kurz nach einem gemeinsamen Training mit dem starken Argentinier Leonardo Mayer erfuhr, dass er in der ersten Runde am Dienstag eben gegen jenen Mayer spielen muss, da war er fast geschockt, dass der nicht zu den Gesetzten gehöre. „Das“, findet er, „ist eine echte Herausforderung.“ Im vergangenen Jahr beim Masters-1000-Turnier in Schanghai hatte Federer nur mit einer Portion Glück gegen Mayer gewonnen. Fest steht aber auch, dass er schon lange nicht mehr mit einer so guten Bilanz beim letzten Grand-Slam-Turnier in New York angekommen ist. Fünf Titel gewann er in diesem Jahr – das sind so viele wie im Jahr 2014 und fünfmal so viele wie 2013.

Was von den anderen üblichen Verdächtigen dieser Tage zu halten ist? Novak Djokovic gewann bekanntlich im Juli den dritten Titel in Wimbledon, aber danach verlor er in Montreal gegen Andy Murray und in Cincinnati gegen Federer. Rafael Nadal, der in Wimbledon gegen Dustin Brown verloren hatte, gewann zwar danach in Hamburg bei den German Open den Titel, überzeugte aber bei den Turnieren in Nordamerika bisher nicht. Doch der Spanier behauptet, er habe endlich wieder das richtige Gefühl im Spiel, sein Niveau sei fast wieder so gut wie früher. Ob das stimmt, wird sich zeigen.

Wie gut ist Federer noch?

Es gab mal eine Zeit, in der es so ausgesehen hatte, als könne der Kollege Federer bei den US Open einfach nichts falsch machen. Zwischen 2004 und 2008 verlor er kein einziges Spiel. Er sagt: „Ich hatte gehofft, dieser Lauf könnte unendlich sein, und ich war auch nah dran. Aber nah dran ist nicht gut genug.“ 2009 verlor er im Finale gegen Juan Martin del Potro, seither schied er in jedem Jahr vor dem letzten Spiel des Turniers aus.

Die Diskussion über die Aussichten und Möglichkeiten des Roger F. im Herbst seiner Karriere flammen immer wieder auf, aber mindestens einer hat damit nichts im Sinn. Als es im Sommer um die Frage ging, ob er Federer nach wie vor zutraue, einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen, da sagte der Schwede Mats Wilander: „Das ist mir so was von egal. Und die Leute sollten sich keine Gedanken darüber machen, weil Federer sich ja auch keine Gedanken darüber macht. Er spielt, weil es ihm Spaß macht. Wenn er noch einen Grand-Slam-Titel gewinnt – super. Wenn nicht – auch super.“

Hört sich entspannt an. Vielleicht ist es diese Stimmung, in der einer auf den Platz geht und im Training Sachen auspackt und probiert, über die andere dann schwärmen. Es kann aber auch sein, dass dieser eine, der in seiner Karriere alles versucht hat, um das perfekte Spiel zu entwickeln, kein bisschen weniger ehrgeizig ist als vor zehn Jahren.