Die Schilder haben in den vergangenen Jahren wenig Wirkung gezeigt. Foto: picture alliance

Das idyllische Lautertal zieht jede Menge Ausflügler an, doch mit ihnen kam der Lärm. Jetzt sollen Tempolimits für Motorräder wieder mehr Ruhe bringen.

Münsingen - Es hat alles nichts geholfen: Weder gut gemeinte Appelle an die Motorradfahrer, vom Gas zu gehen, noch die Schilder, die darauf hinweisen, dass ein Fahrverbot drohen könnte. Im Großen Lautertal auf der Schwäbischen Alb (Kreis Reutlingen) ist die Lärmbelastung durch Motorradfahrer immens. Vor allem an den Wochenenden ist das kurvige Tal ein gefragtes Ausflugsziel – und der Krach seit Jahren das größte Ärgernis für die Anwohner.

Damit soll endlich Schluss sein: Von Mitte Juni an werden die Raser auf der Strecke zwischen Buttenhausen und Indelhausen gezielt ausgebremst. 500 Meter vor den Ortschaften und bis 500 Meter danach gilt künftig ein Tempolimit – und zwar ausschließlich für Motorradfahrer: Statt 100 Kilometer pro Stunde sind künftig 50 vorgeschrieben. Allerdings greift die Beschränkung nur an den Wochenenden sowie an Feiertagen und nur in der Sommerzeit von Mai bis August, wenn der Freizeitverkehr am stärksten ist.

„Ein generelles Fahrverbot scheidet aus“, stellte der Reutlinger Landrat Thomas Reumann auf einer Pressekonferenz am Mittwoch klar. Man wolle nicht alle Motorradfahrer verdammen, sondern das Lärmproblem in den Griff bekommen. Die bisherigen Instrumente hätten dazu leider nicht ausgereicht, auch verstärkte Verkehrskontrollen der Polizei brachten nicht den gewünschten Effekt. Ganz besonders ärgert den Landrat das gezielte Krachmachen. „Es ist ein Sport geworden“, sagte er. Da bauten Motorradfahrer ihre Schalldämpfer aus, bretterten durchs Lautertal und bauten sie danach wieder ein. Auch die Hersteller setzten auf den potenten Sound zum Gefährt. „Es gehört zum Fahrgenuss dazu, dass man den Motor hört“, bedauert Reumann und wünscht sich eine Drosselung der Dezibelbelastung.

Bis zu 1800 Motorradfahrer schlängeln sich pro Tag zwischen den Hängen hindurch

An sonnigen Sommertagen zieht das Tal den Verkehr regelrecht an: Bis zu 1800 Motorradfahrer schlängeln sich pro Tag zwischen den Hängen hindurch, genießen die Ausfahrt entlang der Lauter. An insgesamt 21 Standorten hat das Landratsamt im vergangenen Jahr die Belastung untersucht und eigens neu entwickelte Messgeräte angeschafft, die sowohl die Geschwindigkeit als auch die Lautstärke der Fahrzeuge messen können. Außerdem reagieren die Geräte auf auffällige Motorradfahrer mit speziellen Displays und geben eine Rückmeldung zum jeweiligen Fahrverhalten.

Als Problemstrecke haben sich die acht Kilometer von Buttenhausen nach Indelhausen erwiesen. Aber auch an andernorts im Landkreis könnte ein Tempolimit kommen. „Das ist ein erster Aufschlag“, sagte der Landrat Reumann am Mittwoch, „wir wollen das ausweiten.“ Im Fokus der Messungen stünden auch das Seeburger Tal, die Zwiefalter Steige sowie weitere Abschnitte des Großen Lautertals etwa bei Dapfen. Als „Reutlinger Weg“ bezeichnet der Landrat das restriktive Vorgehen und sieht es als „passgenaue Antwort“ auf den seit Jahren anhaltenden Motorradlärm. Rechtlich nicht zulässig seien dagegen flächendeckende Verbote, dafür fehle die Handhabe, erläuterte Reumann.

Klagen über zu laute Motorräder gibt es im ganzen Land. Am Lochenpass bei Balingen wird die Straße an Wochenenden deshalb einseitig gesperrt. Rund um Freiburg setzt die Polizei auf verstärkte Kontrollen.

Im Großen Lautertal stoßen die Pläne zur Lärmverringerung nicht nur auf Zustimmung. „Tempo 70 auf der ganzen Strecke wäre besser“, sagt Georg Erzberger, der in Gundelfingen wohnt und die Nöte im Tal bestens kennt. „Das Abbremsen führt zu Rivalitäten und Unfällen auf der Straße, da werden Autofahrer Motorradfahrer kurz vor den Ortschaften überholen“, warnt der Münsinger CDU-Gemeinderat. Außerdem hält er das Tempolimit für juristisch nicht wasserdicht. Die Motorradlobby sei stark und eine Musterklage gegen die Regelung bereits absehbar.