Seit Kurzem stehen in Böblingen unter anderem auf der Herrenberger Straße Tempo 30-Schilder. Foto: Eibner-Pressefoto/Sandy Dinkelacker

Seit dieser Woche gilt in einigen Straßen in der Böblinger Innenstadt Tempo 30. Das verärgert CDU, Freie Wählern und FDP. Sie fordern die Stadt in einem Brief auf, die Schilder wieder abzubauen. Die hält dagegen.

Das neue Jahr ist noch keine Woche alt und schon gibt es den ersten Streit in Böblingen. Der Grund: Die Stadt hat in den vergangenen Tagen in der Innenstadt einige Tempo 30-Schilder aufgestellt. In der Herrenberger Straße gilt nun zwischen dem Unteren See bis hin zur Wolfgang-Brumme-Allee ein Tempolimit aus Lärmschutzgründen. Auch in der Poststraße stehen zwischen Frechdax und der Einmündung zur Breiten Gasse Tempo 30-Schilder, ebenso vereinzelt in der Klaffensteinstraße und der Stadtgrabenstraße. In der Stuttgarter Straße sollen laut der Stadt noch Schilder zwischen Postplatz und Bismarckplatz hinzu kommen.

 

Das gefällt vielen nicht. Ganz vorne in den Reihen der Kritiker stehen die Fraktionsvorsitzenden von CDU, Freien Wählern und FDP im Böblinger Gemeinderat. Sie haben am Dienstag als Reaktion auf die neu aufgestellten Schilder in der Innenstadt ein offenes Schreiben veröffentlicht. Was sie stört: „Dieses Vorgehen entspricht nicht der im Oktober im Gemeinderat beschlossenen und beauftragten Vorgehensweise zum Umgang mit der 4. Runde der Lärmaktionsplanung“, schreiben Torsten Breitfeld (CDU), Ingrid Stauss (Freie Wähler) und Detlef Gurgel (FDP) darin.

Tempo 30 wird für weitere Straßen in Betracht gezogen

Im Oktober war der Lärmaktionsplan beschlossen worden, den Kommunen alle paar Jahre überarbeiten müssen. Wie sich dabei herausstellte, sind große Teile der Böblinger Innenstadt von zu viel Lärm betroffen. Eine kurzfristige und günstige Lösung wäre Tempo 30 – und zwar über die Straßen hinaus, in denen jetzt die neuen Schilder stehen. Beschlossene Sache ist das noch nicht, sondern nur eine von vielen möglichen Maßnahmen. Zunächst soll die Verwaltung eine Öffentlichkeitsbeteiligung und eine Beteiligung aller Träger öffentlicher Belange durchführen. Letzteres sind etwa Busunternehmen.

Deshalb stören sich die Verfasser des offenen Briefs daran, dass jetzt schon Tempo 30-Schilder in der Innenstadt stehen. Und sie sind mit ihrer Kritik nicht allein. Auf Facebook erhält Detlef Gurgel viele zustimmende Kommentare auf einen Post, in dem er auf den Brief hinweist. „Der Unmut der autofahrenden Böblinger ist doch schon groß genug“, schreibt eine Nutzerin. Andere widersprechen: An bestimmten Stellen könne man sowieso nie schneller als Tempo 30 fahren.

Auch Stadträte schalten sich ein. Unter anderem erklärt Tim Göhner (Grüne) in einem Kommentar: „Der Gemeinderat hat die jetzt umgesetzten Tempo 30-Lärmschutzmaßnahmen am 20.6.2018 ohne Gegenstimmen beschlossen.“ Es gehe bei den neuen Schildern also gar nicht um die Beschlüsse von Oktober, sondern um deutlich frühere. Damals sei keine der Fraktionen gegen die Maßnahmen gewesen, schreibt Göhner. Wegen Personalmangels und Corona seien sie nun verspätet umgesetzt worden. Das sei so aber auch in den Sitzungen im Oktober nochmals kommuniziert worden.

Für Breitfeld, Stauss und Gurgel scheint dies aber kein valides Argument zu sein: Die Beschlüsse des Gemeinderates aus 2018 seien längst überholt, schreiben sie in ihrem Brief. Mit dem Beschluss vom Oktober sehe man alle älteren Entscheidungen zur Lärmaktionsplanung außer Kraft gesetzt.

Der neue Beschluss schaffe nicht alle älteren Pläne ab

Das negiert Stadtsprecher Gianluca Biela: Der neue Beschluss schaffe nicht automatisch alle anderen beschlossenen Pläne wieder ab. Er bestätigt, dass die Aufstellung der Schilder im Oktober nochmals angekündigt worden war – ohne Einwände aus dem Gremium. Ja, Tempo 30 sei hitzig diskutiert worden – allerdings sei es da um den aktuellen Lärmaktionsplan gegangen, wo deutlich mehr und flächendeckendere Tempo 30-Zonen in der Böblinger Innenstadt besprochen wurden. Es sei nicht vorgesehen, die neuen Schilder wieder abzubauen – das hatten die Verfasser des Briefs innerhalb der nächsten zwei Wochen gefordert. Dafür müsste der Gemeinderat die Entscheidung von 2018 laut Biela rückgängig machen. Ob das Thema in der nächsten Sitzung zur Sprache kommt, ist unklar.

Maßnahmen zum Lärmschutz

Tempo 30
 Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von Tempo 50 auf Tempo 30 habe gravierende Auswirkungen auf den Lärm, schreibt das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg auf seiner Webseite. Der Mensch nehme diese Reduzierung wie eine Halbierung des Verkehrs wahr.

Weitere Maßnahmen
Im Gemeinderat wurden außerdem lärmmindernde Fahrbahndecken, Lärmschutzwände und Umgehungsstraßen diskutiert. Auch Teilabdeckungen, Tunnel und lärmgeminderte Fahrzeuge seien laut Stadt denkbar. Das Problem: Sie seien teuer und aufwendig.