Logo der Deutschen Telekom: Der Konzern hat vor Gericht eine Schlappe erlitten Foto: dpa

De Kanzlei Tilp aus Kirchentellinsfurt hat vor dem Bundes­gerichtshof einen Teilerfolg erzielt. Der BGH entdeckte schwere Fehler im Telekom-Verkaufsprospekt aus dem Jahr 2000.

Kirchentellinsfurt/Karlsruhe- Für Peter Gundermann, Mitgeschäftsführer der Kirchentellinsfurter Kanzlei Tilp, ist der Donnerstag einer jener Tage, „an dem man sich freut, dass man Anwalt ist“. „Und natürlich ein erfreulicher Tag für die Anleger, für deren Rechte wir uns einsetzen“, wie er hinzufügt.

Es geht um Tausende von Kleinaktionären, die beim dritten Börsengang der Telekom im Jahr 2000 Aktien gekauft haben. Sie können wieder auf Schadensersatz für ihre drastischen Verluste hoffen. Wie der von der Kanzlei vertretene Musterkläger, einem Pensionär aus Schwaben, der 1,2 Millionen Euro verloren hat. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) Karlsruhe hat dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Donnerstag auferlegt, das im Mai 2012 beendete Verfahren wieder aufzurollen.

BGH: Telekom hat keine Angaben zu einem Aktienpaket gemacht

Der Grund: Im Verkaufsprospekt für die Platzierung der Aktien hat es an einem zentralen Punkt einen Fehler gegeben, durch den ein beträchtliches Risiko des Unternehmens selbst für bilanzkundige Anleger nicht zu erkennen gewesen sei. Allerdings betont der BGH auch, dass damit nicht abschließend entschieden sei, ob „die Deutsche Telekom AG tatsächlich zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist“. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, man sei zuversichtlich, dass die Gerichte feststellen würden, dass eine solche Pflicht nicht besteht. Gundermann dagegen sagt, er „gehe davon aus, dass es zu Schadensersatz kommen wird.“ Andreas Tilp, Geschäftsführer der Kanzlei, spricht gar von einem „rechtshistorischen Etappensieg für die deutschen Anleger“.

Tilp hatte nach dem Urteil im Mai 2012 (Aktenzeichen 23 Kap1/06) sofort Rechtsbeschwerde eingelegt. Dem hat der BGH jetzt zum Teil stattgegeben. Danach hat die Telekom im Börsenprospekt keine Angaben zu einem Aktienpaket gemacht, das sie zu dieser Zeit an dem US-Mobilfunkunternehmen Sprint hielt. Daraus, so die Richter, habe sich ein erhebliches, milliardenschweres Verlustrisiko ergeben, das für Anleger nicht erkennbar gewesen sei. Möglicherweise hätte sie das vom Kauf der Aktie abgehalten. Sie wurde im Jahr 2000 zum Kurs von 63,50 Euro ausgegeben. Er stürzte dann bis auf weniger als zehn Euro ab und steht heute bei rund 13 Euro. Eben daraus könnte sich für die rund 17 000 Telekom-Aktionäre ein Anspruch aus Schadensersatz ergeben. Insgesamt geht es um rund 80 Millionen Euro.

Die Kanzlei will nun den 167 Seiten langen Beschluss der obersten Richter genauer analysieren. Wann es zur Neuauflage des Prozesses um den Dritten Börsengang der Telekom kommt, ist offen. Das Verfahren hatte sich bis zur Entscheidung im Mai 2012 bereits vier Jahre hingezogen.

Gundermann und seine Kollegen genießen erst einmal den Erfolg – und kritisieren die Telekom abermals. Es sei „bedauerlich“, dass diese den deutschen Aktionären das vorenthalten hat, was sie den US-Aktionären bereits gezahlt habe, sagt Gundermann. In den USA zahlte die Telekom in einem ähnlichen Verfahren 2005 nach einem Vergleich klagenden Aktionären 120 Millionen Dollar. Wie immer der Fall in Deutschland ausgehe – die Entscheidung des BGH sei schon jetzt wegweisend, betont Gundermann: „Das verdeutlicht, dass Börsenprospekte die Risiken im Zusammenhang mit Beteiligungsverhältnissen zutreffend und klar darstellen müssen. Das hat positive Auswirkungen für die Informationspolitik gegenüber Anlegern auch über den Fall Telekom hinaus.“

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