Auf der A 81 erprobt Bosch das autonome Fahren Foto: dpa

Wie geht es weiter mit dem Auto? Für einen Weltkonzern wie Bosch hat diese Frage existenzielle Bedeutung. Denn die Fahrzeugsparte ist immer noch das Schwergewicht im Konzern.

Boxberg - Gegensätzlicher könnten die Vorhersagen kaum sein: Es gibt Prognosen, wonach der weltweite Automarkt stark wachsen wird, weil die Menschen in den Schwellenländern mit steigendem Einkommen die westlichen Konsumstandards übernehmen wollen und das Auto als Statussymbol betrachten. Andere Prognosen sehen genau die gegenteilige Entwicklung: Verstopfte Megastädte wie Peking, London oder Los Angeles rufen danach, nicht nur die Zahl der Autos, sondern auch den Ausstoß von Abgasen zu reduzieren. Für einen globalen Autozulieferer wie Bosch ergibt sich daraus die Frage, auf welches Szenario er sich einstellt – und was geschieht, wenn er sich auf das falsche vorbereitet hat.

Für Rolf Bulander, Chef des Unternehmensbereichs Mobility Solutions (der früheren Autosparte) von Bosch, stellt sich diese Frage so nicht. Er setzt auf eine Strategie, die mit beiden Entwicklungen zurechtkommen kann. Der Schlüssel dazu ist, weit über das Auto hinauszudenken und andere Verkehrsträger in die Strategie einzubeziehen.

Denn falls das Auto tatsächlich weiter aus vielen Millionenstädten herausgedrängt wird, stellt sich die Frage, wie es mit anderen Verkehrsträgern vernetzt wird – und auch dann will Bosch eine maßgebliche Rolle spielen. „Wir sind Systemlieferant – und das ist schon jetzt mehr als ein Lieferant von Brems- und Einspritzsystemen“, sagte Bulander im Bosch-Prüfzentrum in Boxberg. Man liefere „Systeme für die ganze Mobilität – und damit Lösungen für das Zusammenspiel des Autos mit anderen Verkehrsträgern und der Infrastruktur“, zu der etwa Verkehrszentralen und Rettungsleitstellen gehören. Die Umbenennung der einstigen Sparte Kraftfahrzeugtechnik in „Mobility Solutions“ (Mobilitätslösungen) sei Programm.

Der Grundgedanke von Bulanders Strategie besteht darin, dass es beim Autofahren drei technologische Entwicklungen gibt, die Antworten geben sollen – auf ein weltweit steigendes Bedürfnis nach dem eigenen Auto ebenso wie auf den Anspruch, das Autofahren klimafreundlicher zu machen. So werde die Elektromobilität durch die gleichen politischen Vorgaben gefördert wie bereits die Verbrauchsminderung beim Verbrennungsmotor – nämlich durch immer schärfere Vorschriften zu Energieeffizienz und Abgasreduzierung. Zugleich sei die Elektromobilität mehr als eine „grüne Pflichtaufgabe“: Sie setze sich nämlich „über den Fahrspaß durch. Denn sie beschleunigt mit großem Drehmoment selbst bei kleinen Drehzahlen.“

Automatisierung macht Fahren sicherer – uns das Auto zum Lebensraum

Das Gleiche zeige sich für den zweiten großen technologischen Trend – das automatisierte Fahren, das ebenfalls den Straßenverkehr effizienter und zugleich sicherer gestalte, weil es menschliche Fehler vermeide, die 90 Prozent aller Unfälle verursachten. Zugleich enthalte auch diese Technologie einen erheblichen Spaßfaktor – könne ein Auto mit Autopilot doch zum „mobilen Zuhause“ werden und den Fahrer bei zähem Verkehr entlasten.

Der dritte Trend, das vernetzte Fahren, erhöhe zum einen den Spaßfaktor, weil die Vernetzung über das Internet neue Möglichkeiten der mobilen Unterhaltung schaffe; zugleich liefere es auch Echtzeit-Informationen, mit denen sich Staus vermeiden ließen und mit denen die Ladestrategie von Hybridfahrzeugen an die aktuelle Verkehrslage angepasst werden könne.

Bulander sieht Bosch somit auf ganz unterschiedliche Entwicklungen vorbereitet. Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung trügen allesamt dazu bei, die individuelle Mobilität nachhaltig und zugleich attraktiv zu machen. Sie seien dadurch mit „gegenläufigen Zukunftsbildern“ vereinbar und verstärkten einander in ihrer Wirkung. So werde das automatisierte Fahren durch die Vernetzung noch sicherer – beispielsweise wenn sich Autos gegenseitig vor unübersichtlichen Kreuzungen oder einem nahenden Stauende in der Kurve warnen könnten.