Auf der Internationalen Funkausstellung (Ifa) ist alles mit allem verbunden. Geräte ohne Internetanschluss sind eine aussterbende Gattung. Sie fügen sich nahtlos in den Alltag ein – und rücken immer enger an den Körper heran.
Berlin - Das sind die fünf wichtigsten Trends:
Der Fernseher für schönere Pixel
Der ultrahochauflösende UHD-Fernseher mit seinen acht Millionen Bildpunkten entwickelt sich derzeit zum Oberklasse-Standard der TV-Branche. Für knapp 1000 Euro sind kleine Geräte bereits zu haben. Ihr Bild ist viermal schärfer als der herkömmliche HD-Standard und wirkt auch aus der Nähe nicht verpixelt, was wiederum dem Trend zum Riesen-Fernseher im Wohnzimmer entgegenkommt. Wer Digitalfotos auf dem TV-Gerät sieht, hat den größten Vorteil, denn viele Filme in UHD-Qualität gibt es noch nicht – von Online-Anbietern wie Netflix einmal abgesehen.
Die Fernseher bringen noch immer am meisten Umsatz in der klassischen Unterhaltungsindustrie, ihr Absatz schwächelt aber derzeit. Deshalb werben die Hersteller auf der Ifa damit, dass die Pixel künftig nicht nur zahlreicher, sondern auch schöner werden. Der sogenannte HDR-Standard steigert den Kontrastumfang: Helle Bildpartien strahlen stärker, düstere Szenen wirken tiefschwarz. Der gebogene Flachbildschirm von Hisense (165 Zentimeter, 3999 Euro, Verkaufsstart September) hat HDR an Bord.
Allerdings gibt es noch immer wenig Filme in der Spitzenauflösung, und ein gebogener Bildschirm steigert das Sehvergnügen nicht wirklich – denn es kann Spiegelungen geben. Erfreulich: Mit dem Internet lassen sich die neuen Fernseher inzwischen alle verbinden. Nicht nur Mediatheken-Liebhaber wissen das zu schätzen.
Der Computer fürs Handgelenk
Fast schon verzweifelt bewerben die Hersteller Computeruhren. Mit der Apple Watch ist Bewegung in den Markt gekommen, auf dem sich neben Smartphone-Herstellern auch traditionelle Produzenten wie Swatch tummeln. Immerhin 645 000 Computeruhren sollen dieses Jahr nach Prognosen des Markforschungsunternehmens GfK in Deutschland verkauft werden. Im Trend liegt das klassische Design, das Uhren-Traditionalisten zum Kauf des Minicomputers fürs Handgelenk verführen soll. So lässt sich Samsungs neue Smartwatch Gear S2 Classic (Preis und Verkaufsstart noch nicht bekannt) auf den ersten Blick kaum von einem herkömmlichen Zeitmesser unterscheiden. Dafür hat sie einen Chip zum Drahtloszahlen an Bord und kann Gesundheitsdaten wie den Puls messen.
Beliebter als Computeruhren sind Fitnessbänder – auf eine Million wird ihr Absatz in diesem Jahr geschätzt. Mit ihnen lässt sich die eigene Leistung noch genauer analysieren – unter anderem Herzfrequenz, Schritte und Schlaf. Die Branche zielt auch auf ältere und chronisch kranke Menschen, die sich im Zuge der Telemedizin ihre Gesundheitsdaten aus der Ferne überwachen lassen möchten. Auch deshalb widmet die Ifa der Technik zum Anziehen – auch Wearables genannt – dieses Jahr einen eigenen Bereich.
Der Saugroboter fürs vernetzte Heim
Samsungs Saugroboter VR 9200JSamsung Stuttgart - Schon seit Jahren versuchen die Hersteller, Kunden für vernetzte Haushaltsgeräte zu begeistern. Sie bieten Waschmaschinen, Dampfgarer, Kühlschränke oder Trockner an, die sich über Drahtlosfunk mit dem Smartphone steuern lassen. So lässt sich ein Saugroboter wie Samsungs VR 9200J (ab Oktober im Handel, Preis noch nicht bekannt) schon bei der Rückfahrt aus dem Büro starten oder vom Bett aus der Kaffeevollautomat bedienen – ganz nach individueller Zubereitung und Geschmack.
Die Hersteller bieten inzwischen Apps, mit denen sie möglichst viele der Geräte vernetzen – zum Beispiel Bosch mit „Bosch Connect“. Die Vernetzung ist der wichtigste Trend der sogenannten weißen Ware. Allein der Verkauf von Großgeräten soll in diesem Jahr geschätzt 5,5 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Außerdem sollen die Geräte komfortabler zu bedienen sein und mit einer verbesserten Energie-Effizienz punkten. Waschmaschinen sollen schon bei Temperaturen von 20 Grad Celsius effektiv säubern und Spülmaschinen wesentlich schneller als bisher das Geschirr waschen.
Auch Rauchmelder, Steckdosen, Türschlösser und Glühbirnen sind künftig Teil des vernetzten Zuhauses, auch Smart Home genannt. Zurzeit wird um die technischen Standards gerungen, dass auch Geräte unterschiedlicher Hersteller miteinander kommunizieren können. Bosch, Miele, die Deutsche Telekom und die EnBW machen mit anderen europäischen Unternehmen gemeinsame Sache, um mit Google & Co konkurrieren zu können.
Der Klangwürfel für unterwegs
Musik überall zu hören hat sich zu einem der größten Ifa-Trends entwickelt. Neben dem Boom von Smartphones und Tablets trägt das Musikstreaming dazu bei, bei dem Musik direkt aus dem Internet abgespielt wird. Mehr als 20 Millionen Deutsche nutzen es bereits. Als Folge ist die Nachfrage nach drahtlosen Kopfhörern stark gestiegen, mit denen man zum Beispiel von jedem Zimmer der Wohnung aus oder in der Straßenbahn dem Lieblingssänger lauschen kann. Kopfhörer gibt es dezent an die Ohrmuschel angepasst oder als extravagantes Hi-Fi-Modell, wie man es früher nur von Stereoanlagen kannte. Denn die Hörer sind zum Kopfschmuck und ihre Träger zu Trendsettern geworden.
Ähnlich populär sind Lautsprecher, die sich per Bluetooth oder WLAN mit Musikanlage, Internetradio oder Smartphone verbinden lassen. Besonders mobil ist man mit den kleinsten Modellen, die sich auch auf Reisen bequem an Smartphone & Co. anschließen lassen. Der SRS-X11 von Sony (rund 70 Euro) ist ein tönendes, in knalligen Farben gehaltenes Quadrat, das an den Seiten nur sechs Zentimeter misst, aber immerhin zehn Watt und einen ordentlichen Bassklang bietet.
Das Tablet für Computerspiele
Computerspiele haben sich zum Volkssport und damit zu einem Milliarden-Markt entwickelt. 30 Millionen Deutsche nutzen laut einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom Computer- oder Videospiele. 80 Prozent von ihnen spielen auf ihren Smartphones und Tablets. Deshalb versuchen die Hersteller mit mobilen Geräten zu punkten, die Spielefans begeistern. Acer präsentiert in seiner Predator-Serie zum Beispiel das Tablet Predator 8 (350 Euro), das an den Ecken vier leuchtend-rote Lautsprecher hat. Außerdem ist das Gehäuse tastsensibel, so lässt sich zum Beispiel das Vibrieren eines Motors bei einem Rennspiel spüren.
Noch tiefer in Spielewelten abtauchen kann man mit sogenannten Virtual-Reality-Brillen. Sie haben Bildschirme, Sensoren und Programme integriert, die sich auf die Bewegung von Augen und Kopf einstellen. Damit haben die Nutzer den Eindruck, Teil des Spielgeschehens zu sein. Die neuesten Modelle zeigen zum Beispiel HTC und Sony.
Hintergrund: Branchentreff der Unterhaltungselektronik
Die Ifa in Berlin gilt als eine der bedeutendsten Messen für Unterhaltungselektronik und wurde am Mittwoch für Medienvertreter eröffnet. 1645 Unternehmen zeigen ihre neuesten Produkte. Für das breite Publikum ist die Messe vom 4. bis 9. September von 10 bis 18 Uhr auf. Die Tageskarte kostet 17 Euro, im Vorverkauf 12 Euro.
Die Branche steht unter Druck. Im ersten Halbjahr verzeichneten die Hersteller einen Umsatzrückgang von 2,5 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Mit am stärksten betroffen von der Flaute ist der Markt für TV-Geräte: Bei einem Minus von 16,5 Prozent machten die Hersteller einen Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro. Wachstumstreiber sind Smartphones. Mit 11,4 Millionen Stück legte die Sparte im ersten Halbjahr um 7,1 Prozent zu. Auch Camcorder (plus 15,2 Prozent) sowie Videospiele und Konsolen (plus 5,4 Prozent) boomen.