Demonstranten protestieren am Samstag vor dem Reichstag in Berlin unter dem Motto "Wir haben es satt" gegen Massentierhaltung, Gentechnik und das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP. Quelle: Unbekannt

Pünktlich zur Grünen Woche machen Kritiker wieder lautstark mobil - und trommeln bei einer Großkundgebung für eine Agrarwende. Auch am Rande der Messe geht es um politische Fragen zur künftigen Ernährung.

Berlin - Gegen Massentierhaltung, Gentechnik und das geplante Freihandelsabkommen mit den USA sind in Berlin Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Zu der Demonstration anlässlich der Agrarmesse Grüne Woche kamen am Samstag nach Darstellung der Veranstalter 50.000 Teilnehmer. Aufgerufen zu dem Protestzug zum Kanzleramt mit mehreren Traktoren hatten 80 Verbände, darunter Bauern-, Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz-Organisationen. Auch Grüne und SPD verlangten ein Eindämmen des Antibiotika-Einsatzes im Stall. In Berlin berieten auch internationale Experten und Agrarminister aus rund 70 Ländern über Welternährung und die stärkere Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sagte, auf der Demonstration seien Themen angesprochen worden, bei denen man sich fragen müsse, ob etwas zu ändern sei. Mit dem Motto „Wir haben es satt“ werde aber die Mehrheit der Landwirte in eine Ecke gestellt. „Deswegen empfehle ich, aus den Ecken und aus der Selbstgewissheit herauszukommen und miteinander zu reden.“

Agrarminister betonen Vorrang der Lebensmittelproduktion

Die Agrarminister betonten bei ihrer Konferenz in Berlin den Vorrang der Lebensmittelproduktion bei einer stärkeren Nutzung nachwachsender Rohstoffe für andere Zwecke. Gemeinsame Aufgabe sei es, dass die steigende Nachfrage nach solchen Rohstoffen befriedigt werden könne. Dabei dürfe die Ernährungssicherung nicht gefährdet werden, hieß es am Samstagabend nach dem Treffen. Schmidt sagte, für einen weiteren Ausbau der sogenannten Bioökonomie komme es auch darauf an, eine nachhaltige und leistungsstarke Landwirtschaft zu haben. Bei der Bioökonomie geht es zum Beispiel um Verfahren, mit denen Kunststoffe auf pflanzlicher Basis hergestellt werden. Dies kommt zusehends zur Energiegewinnung aus Pflanzen hinzu. Aus Sicht der Welternährungsorganisation kommt es beim Kampf gegen den Hunger auch auf gute Qualität der Lebensmittel an. „Wir müssen uns mit gesunder Nahrung befassen, nicht mit irgendwelcher Nahrung“, sagte Generaldirektor José Graziano da Silva am Rande der Grünen Woche.

Schmidt verteidigte die Freihandels-Verhandlungen mit den USA. Damit biete sich auch die Chance, europäische und deutsche Standards sogar zu globalen Standards zu machen. Bei der Lebensmittelsicherheit solle nicht so getan werden, als würde in den USA alles gegessen, „was kreucht und fleucht“ und sich auf der Straße bewege. „Es ist arrogant von uns Europäern, den amerikanischen Verbrauchern zu unterstellen, sie würde das überhaupt einen Scheißdreck kümmern.“ Der Minister unterstrich, für Verbraucher müsse zum Beispiel sofort erkennbar sein, ob bei einem Produkt genverändertes Futter verwendet wurde.