Bohrmaschinentaufe bei Aichelberg lockt massenhaft Neugierige Foto: Horst Rudel

Am Samstag hatte die Bahn zur Taufe der Tunnelvortriebsmaschine am Aichelberg eingeladen und ist von rund 8000 Gästen förmlich überrannt worden. Sie kamen selbst mit Shuttle-Bussen, um das „Jahrhundertprojekt“ in Augenschein zu nehmen.

Aichelberg - Käthchen wiegt 2500 Tonnen. Bei 110 Metern Länge ist das verzeihlich. Erst recht für eine Tunnelbohrmaschine. Am Samstag wurde die eindrucksvolle Gerätschaft im Rahmen einer Maschinenandrehfeier getauft und erstmals in Bewegung versetzt. Der Andrang war groß. Mehr als 1000 Schaulustige hatten sich schon am Vormittag vor dem Portal des Boßlertunnels bei Aichelberg eingefunden, um dem symbolischen Baubeginn beizuwohnen.

„Die Neugier nimmt praktisch täglich zu“, stellt Wolfgang Dietrich, der scheidende Sprecher des Bahnprojektes zufrieden fest. Die oberhalb des Areals errichtete Aussichtsplattform wird selbst unter der Woche regelmäßig frequentiert. Gegner störten den Festakt für den Bohrer nicht, der sich mit 6 200 PS in den Boßler fressen soll.

Martin Eisele, der Bürgermeister von Aichelberg, erklärt das mit langer Überzeugungsarbeit: „Wir haben die Planung von Anfang an kritisch begleitet und nach konstruktiven Kompromissen gesucht“, blickt er zurück. So habe man alles getan, um die Lärm- und Schmutzbelastung möglichst gering zu halten. Eisele ist rundum zufrieden. Einziger Wermutstropfen sei die Erkenntnis, dass seine Gemeinde keinen eigenen ICE-Haltebahnhof bekomme, scherzt er. Tatsächlich sollen die Züge mit einer Geschwindigkeit von 250 Kilometer pro Stunde vorüberrauschen. Den 8806 Meter langen Boßlertunnel wird ein Fahrgast in nur zwei Minuten durchqueren.

Derzeit verfügt Aichelberg zumindest über eine außergewöhnlich anziehende Baustelle: 8 000 Interessierte lockte der Besuchertag insgesamt auf das Terrain. Viele nutzten die Möglichkeit mit den eigens eingesetzen Shuttle-Bussen aus dem Umland anzureisen. Martin Eisele gerät regelrecht ins Schwärmen: „Dieser Tunnelbau ist ein Jahrhundert- wenn nicht Jahrtausendprojekt für Aichelberg“, ist er sich sicher. Manfred Leger, der Vorsitzende der Geschäftsführung Bahnprojekt Stuttgart–Ulm GmbH, haut in eine ähnliche Kerbe: „Tunnelbau ist eine der letzten echten Pioniertaten! Der Bohrer und die Mineure dringen dorthin vor, wo noch niemand zuvor gewesen ist.“ Bis sie das tun, werden allerdings noch einige Wochen ins Land ziehen. „Wirklich losgehen kann es erst im Januar“, so Ingenieur Michael Harpf. „Bis es soweit ist, müssen wir noch einiges an der Maschine einstellen und vorbereiten.“ Erst dann wird sich das mit elf Meter Durchmesser beeindruckende Schneidrad bis zu zwanzig Meter am Tag in den Fels hineinarbeiten. Die Rahmenbedingungen für gutes Gelingen sind nach dem Andrehen jedenfalls geschaffen: Eine frisch geweihte Figur der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, steht nun in ihrem Schrein zwischen den beiden angehenden Tunnelöffnungen. 2018 soll der längste Tunnel der Neubaustrecke Wendingen-Ulm fertiggestellt sein. Bis auch alle anderen Arbeiten an der Strecke beendet sind und der erste Zug durch den Boßlertunnel rauscht, dürfte es allerdings 2021 werden.