Ein Bild aus glücklichen Tagen: Natalia Molchanova freut sich 2005 über einen neuen Weltrekord Foto: dpa

Die russischen Apnoe-Taucherin Natalia Molchanova wird seit Sonntag vor Formentera vermisst. Die Polizei hat die Suche inzwischen eingestellt.

Palma de Mallorca - Sie konnte die Luft neun Minuten anhalten, ohne Sauerstoff-Flasche 101 Meter tief tauchen, stellte in ihrer Karriere insgesamt 41 Weltrekorde auf und gewann 23 Weltmeistertitel: Natalia Molchanova galt als die beste Freitaucherin der Welt. Galt, denn die russische Weltklassetaucherin wird seit mehreren Tagen im Mittelmeer vermisst. Taucher der spanischen Polizei stellten die Suche nach der 53-Jährigen am Mittwoch ergebnislos ein.

Es gebe immer weniger Grund zur Hoffnung, dass die Apnoe-Taucherin lebend gefunden werde, erklärte ein Polizeisprecher am Donnerstag und kündigte an, dass die Anstrengungen zurückgefahren würden. „Wir suchen noch bis Sonntag nur noch an der Oberfläche, die Unterwassersuche ist beendet“, sagte der Sprecher: „Man kann nicht endlos suchen. Normalerweise steigen Körper an die Oberfläche, aber sie trug Bleigewichte. Daher wissen wir nicht, was passiert.“

Möglicherweise bei starker Unterwasserströmung ertrunken

Die mehrfache Weltmeisterin war nach Angaben des internationalen Apnoe-Tauchverbands Aida am Sonntag bei der spanischen Ferieninsel Formentera von einem Tauchgang nicht zurückgekehrt: Molchanova habe in Tiefen von 30 bis 40 Metern getaucht. Dort sei sie möglicherweise in eine starke Unterwasserströmung geraten und ertrunken.

Auch der Stuttgarter Freitaucher Timo Dersch glaubt, dass Molchanova eine Unterwasserströmung zum Verhängnis wurde. „Sie war mit Freunden unterwegs, deswegen haben sie auf das im Wettkampf übliche Sicherheitsprocedere verzichtet. Es gab also kein Sicherungsseil und keinen Sicherungstaucher“, sagt der 28-Jährige, der selbst seit sechs Jahren taucht und für das Fachmagazin „Tauchen“ arbeitet. „Zudem ist sie ohne Flossen Tauchen gegangen, was sehr anstrengend ist. Wenn einen dann in 40 Meter Tiefe eine starke Strömung erwischt, und der Sauerstoffgehalt im Blut zu niedrig ist, kann es passieren, dass die Erschöpfung zu groß ist und man ertrinkt.“

Sorglosigkeit wolle er Molchanova aber keinesfalls unterstellen, betont Dersch: „Freitaucher sind keine waghalsigen Draufgänger, wie immer wieder erzählt wird. Freitaucher kennen ihr Leistungsvermögen sehr genau Es war vermutlich einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände.“ Auch das Alter war laut Dersch nicht entscheidend: „Sie war topfit und hat erst im vergangenen Mai einen neuen Weltrekord aufgestellt, als sie ohne Flossen 71 Meter tief getaucht ist.“ Molchanova hinterlasse eine riesige Lücke.

Ob die Russin jemals wieder auftauchen werde, sei schwer zu sagen: „Es gibt Fälle, in denen Taucher nie gefunden wurden und nur ein Tauchanzug ohne Inhalt angeschwemmt wurde.“