Im Stuttgarter Hauptbahnhof rücken rund 300 Tauben Fahrgästen und Imbissen immer dichter auf die Pelle Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Rund 300 Tauben belagern im Stuttgarter Hauptbahnhof Passanten, Tische und sogar die Auslagen der Imbisse. Tierschützer sehen die Chance, die Vögel umzusiedeln. Dafür wären aber zwei neue Taubenschläge notwendig.

Stuttgart - Die Taubenplage im Hauptbahnhof, wo die Tiere auf Futtersuche vor Tischen, Imbissen und Auslagen nicht mehr Halt machen, erregt die Gemüter. Während die Gastronomen über die Situation klagen und ihr Personal schulen, ordnet die Stadt zusätzliche Türen und Fenster an und fordert die Betreiber dazu auf, die Vögel zu verscheuchen. Tierfreunde kritisieren, dass das nichts bringe – denn Tauben sind standorttreu und kommen immer wieder. Jetzt jedoch hat der Tierschutzverein Stuttgart einen konkreten Vorschlag.

„Wir müssten die Tauben im Hauptbahnhof einfangen, vier Wochen in ein nahe gelegenes Taubenhaus sperren und dort versorgen. Dann würden sie nicht mehr zurückkehren“, sagt Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer, die Taubenbeauftragte des Vereins. Der betreut die derzeit sechs Taubenschläge und -türme in der Stadt und wird sich auch um den neuen Standort in der Kriegsbergstraße 30 kümmern, der noch in diesem Monat eingerichtet werden soll.

Das Problem dabei: Die Kapazität reicht nicht aus. Generell sieht der Verein Bedarf für etwa 20 Taubenschläge in der Stadt, in denen die Tiere gefüttert und ihre Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden, um die Population zu verringern. Um das Hauptbahnhofsproblem zu lösen, ist laut Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer der neue Standort nicht genug. „Im Bahnhof leben etwa 300 Tauben. In die Anlage in der Kriegsbergstraße passen aber nur 150 Tiere. Deshalb bräuchten wir in diesem Bereich sofort einen zweiten Standort.“

Dass es den zeitnah gibt, bezweifeln die Tierschützer allerdings. Man arbeite mit der Stadt zwar gut zusammen, jedoch gehe manches zäh. Vor kurzem war bekannt geworden, dass genug Geld für weitere Taubenschläge vorhanden wäre, es aber im Ordnungsamt am Personal fehlt. Einen in Aussicht gestellten städtischen Taubenbeauftragten gibt es laut Tierschutzverein immer noch nicht. „Wir müssen aber etwas tun – zum Wohle der Bürger und der Tiere“, sagt Brucklacher-Gunzenhäußer.

Dass sich die Situation im Hauptbahnhof so dramatisch entwickelt, wundert sie nicht. Vor zwei Jahren ist wegen der Bauarbeiten zu Stuttgart 21 der dortige Taubenschlag entfernt worden. Trotz intensiver Suche hat die Bahn keinen Ersatzstandort gefunden. „Die Tiere sind sechs Jahre lang versorgt worden und jetzt heimatlos. Es war klar, dass das Probleme gibt“, sagt die Expertin.

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