Lena Weigand lässt sich von Jeremy Lo im Kulturhaus Arena auf traditionelle Weise am Fußgelenk tätowieren Foto: Martin Stollberg

Rund 1500 Besucher strömten am Wochenende auf die Tätowiermesse „Tattoo-Convention“ im Kulturhaus Arena in Stuttgart Wangen. Im Trend bei den Bildern auf der Haut sind indianische Motive.

Stuttgart - Lena Weigand hat wenig Berührungsängste. Selbst mit einem scharfen Zinken nicht, den Jeremy Lo ihr gleich mehrere Hundert Mal mit einem Holzstöckchen in den Fuß hämmern wird. Am Stand des gefragten Tätowierers aus Samoa, der noch das traditionelle Handwerk aus seiner Heimat pflegt und auf moderne Tätowiermaschinen verzichtet, herrscht bei der 16. Tattoo-Convention Tattooshow Stuttgart besonders reger Andrang. Lo ist zum ersten Mal hier und einer von über 100 Tätowierern, die von Freitag bis Sonntag an 47 Ständen alle Sparten der Kunst bedienten, die unter die Haut geht. 1500 Besucher, schätzt Veranstalter Ulf Dengler, kamen übers Wochenende ins Kulturhaus Arena in Stuttgart-Wangen.

Handwerk vom Großvater gelernt

„Die meisten kommen nur, um zu gucken“, sagt Dengler. Lena Weigand ist eine der wenigen Besucher, die Körperschmuck mit nach Hause nehmen. „Es tut auch nicht mehr weh, als sich mit der Maschine stechen zu lassen“, sagt die 22-jährige Hotelfachfrau aus Coburg, die gelegentlich auch als Tattoomodel arbeitet. Aufgrund ihres Berufs sind all ihre stolzen 23 Tätowierungen an Körperstellen, die man in Alltagskleidung nicht sieht. Wie die traditionell gemusterte Linie, die Jeremy Lo an ihrem Fuß anfertigt. „Die traditionelle Methode dauert länger, ist aber genauso präzise“, sagt der 33-jährige Samoaner, der oberkörperfrei und in Badeschlappen arbeitet, selbst ziemlich zutätowiert, die Basecap falsch herum auf dem Kopf. In Borneo betreibt er ein eigenes Tattoostudio, reist aber regelmäßig um die ganze Welt, um Tattoo-Conventions zu besuchen. Das Handwerk hat er von seinem Großvater gelernt.

Weigand kann sich glücklich schätzen, dass Lo sich spontan für sie Zeit genommen hat. Denn viele der Tätowierer sind auch auf den Conventions restlos ausgebucht. „Es ist sinnvoll, vorher Termine zu vereinbaren“, sagt Veranstalter Dengler. Das läuft heute üblicherweise über das soziale Netzwerk Facebook, wo die Tattoo-Künstler aus dem Ausland von ihren Kunden angeschrieben werden.

Ein weiterer Faktor, warum sich die Tätowierer keine Zeit für alle Interessenten nehmen können, ist der Trend zu bunten Tattoos. „Große, aufwendige Bilder sind heute besonders gefragt. Der Trend des ,Arschgeweihs‘ ist zum Glück fast vollkommen abgeebbt“, sagt Dengler.

Messe dient der Werbung

Eine Beobachtung, die auch ein Tätowierer macht, der sich Jakk nennt. Er arbeitet beim Stuttgarter Studio Cactus Tattoo in der Rotebühlstraße und hat gerade jemandem fotorealistisch die Freiheitsstatue auf den Arm gestochen. „Vor allem indianische Motive sind wieder schwer im Kommen“, sagt er zu aktuellen Entwicklungen in der Branche. Außerdem seien Tattoos endgültig im Mainstream angekommen. „Wenn Popstars wie Rihanna eine neue Tätowierung haben, bekomme ich Anfragen, ähnliche Motive zu machen“, sagt Jakk. Aber niemals eine Doublette des Urhebers. Das verbietet die Tätowiererehre.

Für Jakk ist die Präsenz auf der Convention – wie für viele andere Tätowierer auch – weniger aus finanziellen Anreizen interessant. „Es ist eine gute Werbung. Und man muss sich zeigen, um im Gespräch zu bleiben“, sagt er.

Sehen und gesehen werden – das ist auch für das Tattoomodel Lena Weigand ein wichtiger Aspekt. Denn von Schaulustigen umringt tätowiert zu werden ist sicher nicht jedermanns Sache. Aber für viele die einzige Chance, sich die Haut von exotischen Künstlern wie Lo aus Samoa verzieren zu lassen.