Devid Striesow und Julia Koschitz in „Mord Ex Machina“ Foto: SR

Das neue „Tatort“-Jahr beginnt mit dem vorletzten Fall für den Saarbrücker Kommissar Jens Stellbrink alias Devid Striesow: Es geht um High-Tech-Autos, Datenhandel und eine schöne Hackerin.

Stuttgart - Das Jahr 2017 brachte insgesamt 85 „Tatort“-Leichen; im Vergleich zum Ausreißerjahr 2016 mit 162 Toten also ein stinknormales Krimijahr. Und stinknormal beginnt auch die „Tatort“-Saison 2018: „Mord Ex Machina“ aus Saarbrücken ist mit lediglich einer Leiche braver Durchschnitt.

Die Todesart indes ist eher ungewöhnlich: Sebastian Feuerbach (Nikolai Kinski) rast in einem Auto mit Höchstgeschwindigkeit auf einen Abgrund zu. Er sitzt in einem sogenannten Erlkönig, einem autonom fahrenden Prototypen, bis oben hin vollgepackt mit modernster Software. Feuerbach war Justiziar einer Firma, die digitale Daten sammelt. Mit dem Unternehmens-chef, seinem Freund Victor Rousseau (Steve Windolf), hatte er zuvor einen heftigen Streit; die Firma stand kurz vor einem kapitalen Deal mit der Autoindustrie. Aber zuvor musste er mit Entsetzen feststellen, dass ihm jemand kinderpornografische Bilder auf den Rechner gespielt hatte.

Gute Gründe für Jens Stellbrink (Devid Striesow), auf Selbstmord zu tippen. Doch dann entdeckt der Hauptkommissar in dem Blech- und Elektronik-Schrotthaufen einen abgebrochenen, blutigen Fingernagel. Hatte der Fahrer also versucht, aus der rasenden High-Tech-Maschine zu entkommen? Zudem erfährt Stellbrink, dass die Firma just in der Todesnacht gehackt worden ist. Und so taucht er ein in die schöne neue digitale Welt, in der Daten vor allem eines bedeuten: Macht.

Die Kolleginnen haben nur noch Statisten-Status

Viel Macht scheint dabei die Hackerin Natascha zu haben, und zwar nicht nur über Einsen und Nullen. Julia Koschitz ist die schöne Spinne, der sämtliche Männer in ihrer Umgebung ins Netz gehen, sogar Stellbrink zappelt für einen kurzen Moment hilflos in ihren Fängen.

Die Chancen und Risiken von Digitalisierung und Big Data – der Krimi aus Saarbrücken ist nach „Echolot“ und „HAL“ schon der dritte „Tatort“, der sich an diesem Thema abarbeitet. Das Drehbuch verlässt sich aber nicht auf dessen kriminalistisches Potenzial, sondern mischt noch reichlich Beziehungsmotive abgestandenster Art in den Plot. Julia Koschitzs Natascha ist dabei nicht mehr als ein verzwungen um Coolness bemühter, öffentlich-rechtlicher Abklatsch von Lisbeth Salander in den Stieg-Larsson-Filmen. Der Regisseur Christian Theede lässt seine Figuren erschreckend steif agieren, vorzugsweise in Kulissen, die das Saarland als modernen IT-Standort ausweisen. Das Drehbuch drängt Stellbrinks Kolleginnen (Elisabeth Brück, Sandra Maren Schneider) endgültig ins Abseits und verheddert sich im Handlungsgewirr.

Nachvollziehbar, dass Striesow die Lust am „Tatort“ mit diesem kruden Krimi endgültig vergagen zu sein scheint. Jedenfalls hatte er nach dem Dreh der letzten beiden Filme – 2019 folgt noch „Der Pakt“ – seinen Abschied vom Sonntagskrimi bekannt gegeben. Es war allerhöchste Zeit.

ARD, 1. Januar, 20.15 Uhr