Côte d’Azur ist irgendwie anders: Der obdachlose Lucky (Kai Malina) am Seeufer. Foto: SWR-Pressestelle/Fotoredaktion

Kurz vor dem Fest der Liebe schlägt ein Weihnachtsmann zu: Eine Mutter liegt tot im Schilf, ihr Kind überlebt nur knapp. Der neue „Tatort – Côte d’Azur“ vom Bodensee ist gut gefilmt, schwarzhumorig, aber gegen Ende geht ihm die Luft aus.

Stuttgart - Das Christkind steht vor der Tür. Es ist die Zeit der Weihnachtsmänner. Die treiben sich, vier Mann und eine Frau hoch, auf dem Konstanzer Weihnachtsmarkt herum und sammeln für „notleidende“ Orang-Utans. Mit Affen allerdings hat die Aktion nur insofern zu tun, dass die Kuttenträger sich mit der Kohle besaufen werden.

Ihnen ist nicht zu trauen, diesen Weihnachtsmänner, die versuchen, in einer Côte d’Azur genannten Bretterbude über den Winter zu kommen. Manchmal stapfen sie in ihren roten Mänteln komisch durchs Bild, aber eigentlich sind sie tragische Figuren – und einer von ihnen ist wohl ein Mörder. Er hat die alleinstehende Vanessa (Mandy Rudski) mit einer Axt erschlagen.

Die Mordszene gleich zu Beginn dieses Bodensee-„Tatorts“ ist packend in Szene gesetzt von Regisseur Ed Herzog und Kameramann Andreas Schäfauer: Wir sind ganz dicht bei der Mutter, die alkoholgeschwängert mit ihrem Kinderwagen durchs hohe Schilfgras torkelt. Sie rennt um ihr Leben, aber noch mehr um das ihres Kindes. Wenn der Weihnachtsmann ausholt, trifft auch den Zuschauer der Schlag.

Was dann folgt, hat mit Action nichts, aber mit Kammerspiel und Psychostudie viel zu tun (Buch: Wolfgang Stauch), zumal auch die Kommissare Blum (Eva Mattes) und Perlmann (Sebastian Bezzel) nicht gut aufeinander zu sprechen sind. Die Chefin wirft ihrem Kollegen vor, dass er nicht rechtzeitig nach dem verschwundenen Säugling suchen ließ und sich der Sicherung der Spuren hingab. Perlmann weiß, was es verbrochen hat, gibt es aber gegenüber seiner Chefin nicht zu. Er sitzt lieber reumütig am Kinderkrankenhausbett und sucht, so anrührend wie komisch, das Gespräch mit dem lieben Gott.

Überhaupt, der Humor, der darf in diesem düsteren Krimi nicht unerwähnt bleiben, meist ist er kohlrabenschwarz. Der Regisseur weiß, was er dem Darsteller Bezzel zutrauen kann (und nicht nur diesem), mit dem er auch die herrlichen Krimikomödien „Dampfnudelblues“ und „Winterkartoffelknödel“ gedreht hat. Als Perlmann hört, dass das Mordopfer von Harz IV gelebt hat, genauso wie die Mutter, sagt er trocken: „Da wird Familientradition ja noch großgeschrieben.“

Das sind Lichtblicke in dieser auch schauspielerisch gut besetzten TV-Produktion, die allerdings eines nicht vermag: bis zum Schluss zu fesseln.

Der Bodensee-„Tatort“ des SWR ist ein Auslaufmodell. Im kommenden Jahr werden noch zwei Folgen ausgestrahlt. Aber so richtig mag nach der Folge „Côte d’Azur“ keine Trauer wegen des nahenden Abschieds aufkommen. Blum und Perlmann wirken wie ein in die Jahre gekommenes Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat.

„Tatort – Côte d’Azur“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD