Foto: Julia Barnerßoi

Für den November-„Tatort“ dreht der SWR einige Szenen im Café des Fernsehturms. Julia Barnerß0i war vor Ort mit dabei.

Stuttgart-Degerloch - Der Turm schwankt beträchtlich. Die Schauspielerin Carolina Vera gerät auf ihren High Heels ins Wanken. Das Team wartet die Sturmböe geduldig ab. Dann heißt es: Kamera läuft, Ton läuft, die Klappe fällt, „uuund bitte“, ruft der Regisseur Oliver Kienle. Carolina Vera stolziert durch das Café im Korb des Fernsehturms auf einen Tisch zu, die Kamera fährt neben ihr mit. Im Raum ist es mucksmäuschenstill, obwohl sich 40 Leute darin tummeln. „Uuund aus – perfekt“, ruft der Regisseur. Damit ist die letzte Szene des Abends im Kasten.

Mit mehr als einem halben Dutzend Fahrzeugen war der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) am Mittwochnachmittag auf den Parkplatz unterhalb des Fernsehturms gerollt. Der Sender hat die Bar „Oben“ im Turmkorb als Kulisse für den Stuttgart-Tatort „Happy Birthday, Sarah“ ausgewählt. Darin dreht sich alles um den Mord an einem Sozialarbeiter in einem Jugendhaus. Richy Müller und Felix Klare alias die Kommissare Thorsten Lannert und Sebastian Bootz ermitteln in dem Fall, der im November im Fernsehen zu sehen sein soll.

Alles geht Hand in Hand

Es ist der zweite von 24 Drehtagen. Bevor das Filmteam den Fernsehturm erreicht hat, wurde in einem Hotel an der Haußmannstraße gedreht. Dann ging es für die rund 30-köpfige Crew sowie Statisten und Komparsen in luftige Höhen – auf 145 Meter. „Etwa 20 Aufzugfahrten waren nötig, bis die ganze Ausrüstung oben war“, erzählt ein Mitarbeiter des Fernsehturms.

Oben angekommen wurde aufgebaut, das Filmteam hat sogar eigenes Mobiliar mitgebracht – leuchtende Bistrotische etwa, die es sonst im Fernsehturm nicht gibt. Eine Szene mit verschiedenen Einstellungen wird an diesem Tag gedreht, berichtet Aufnahmeleiter Daniel Geier. Die Staatsanwältin Emilia Álvarez (Carolina Vera) trifft sich mit einem Jugendfreund, dem Hotelmanager Thomas Christmann (Urs Remond), der noch immer eine Schwäche für sie hat. Bei einem Cocktail in der Fernsehturm-Bar versucht sie, ihm mit den Waffen einer Frau für die Ermittlung relevante Informationen zu entlocken.

„Du bist ein hinterhältiges, von Grund auf durchtriebenes Luder“, presst Urs Remond verärgert zwischen den Lippen hervor. „Darf ich noch mal? Ich habe einen Knoten in der Zunge“, unterbricht er sich gleich darauf selbst. Wieder fällt die Klappe für die Szene. Immer wieder müssen Carolina Vera und ihr Kollege das erhitzte Gespräch durchspielen. Zwischendurch hüpfen die Souffleuse oder die Visagistin in die Szene, um letzte Textanweisungen zu geben oder die glänzenden Gesichter der Schauspieler nachzupinseln. Jeder der rund 30 Mitarbeiter im Raum hat seine Aufgabe, alles geht Hand in Hand. Eine Dame scheint nur dafür da zu sein, das Glas mit den Nüsschen immer wieder gerade zu rücken. Eine andere hält Carolina Veras High Heels in den Händen – bei den Proben trägt diese nämlich nur Filzpantoffeln.

Caféleiterin Rebecca Scheurle spielt sich selbst

Während im 145. Stock fleißig gedreht wird, warten auf der Veranstaltungsebene eine Etage tiefer die Komparsen. Einer von ihnen ist Alexander Fritzsche. Es ist sein zweiter Ausflug ins Fernsehen, erzählt der 21-Jährige. „Ich stand schon mal mit Heike Makatsch vor der Kamera“, sagt er. Damals doubelte er den Schauspieler Jonas Nay für einen Film. Diesmal ist seine Aufgabe weniger spektakulär. Er sitzt in Hintergrund der Barszene und blickt auf die leuchtende Stadt. Er kann sich vorstellen, nach dem Studium zum Fernsehen zu gehen, sagt er.

Das Personal des Fernsehturms wurde ebenfalls in den Dreh mit einbezogen. Die Caféleiterin Rebecca Scheurle spielt sich selbst. Immer wieder betritt sie mit einem Getränk die Szene und serviert es. „Ich habe das Glas bestimmt schon 15mal neu gebracht“, sagt sie und lacht. Sie findet es toll, dass sie mitspielen darf. „Ich gucke den Tatort jeden Sonntag.“

Nach rund fünf Stunden Arbeit für weniger als zwei Minuten Sendezeit rückt das Filmteam wieder ab. Der Aufzugführer transportiert es mitsamt Equipment zurück auf festen Boden. Im Fernsehturm kehrt wieder Ruhe ein. Touristen sind um die Uhrzeit keine mehr da. Nur der Wind rüttelt noch ab und an am Turmkorb.