Wieder einmal überzeugend: Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm Foto: NDR Presse und Information

Im neuen „Tatort“ mit Maria Furtwängler geht es um die Wurst. „Der sanfte Tod“ setzt dabei zwar auf viele Versatzstücke, aber auch auf gute Schauspieler – neben Furtwängler auf Heino Ferch und auf Bibiana Beglau.

Stuttgart - Nahrungsproduktion ist vor allem eines: ein großes Geschäft. Und eines, in dem Verdrängung nicht nur ein Wort ist und auch nicht immer nur mit den besseren Lösungen erreicht wird. Fleisch ist in dieser Industrie der Beschleuniger – und entsprechend ist schon die Präsentation einer neuen Wurst speziell für Kinder mutmaßlich ein Verbrechen.

Wem also glauben wir – dem blonden Lauser, der so unbeschwert am Bach entlang hüpft und herzhaft zubeißt? Dem sympathischen Fleischfabrikanten Jan-Peter Landmann, den Heino Ferch zunächst als freundlichen Macher zeichnet?

Selbst Charlotte Lindholm zögert für ein paar „Tatort“-Sekunden, dann aber lässt Maria Furtwängler keinen Zweifel, dass diese LKA-Ermittlerin Besseres zu tun hat, als Kinder- oder Männeraugen zu glauben.

Immerhin ist Landmanns Chauffeur bei der Einfahrt auf das Fabrikantenanwesen erschossen worden. Ein Anschlag auf den Chef – oder doch nicht? Alexander Adolph (Buch & Regie) setzt auf klassische Versatzstücke, und so darf weder der unterstellt brutale Sicherheitschef fehlen wie der von Landmann in den Ruin getriebene Landwirt oder der unterdrückte Cousin. Aber die Fabrikantenmutter als ewige Herrin? Da wird es denn doch sehr einfach.

Jutta Pohlmanns Kamera hält sich denn auch lieber an das Wesentliche – und Maria Furtwängler kostet das Solo auf dem Land auch bestens aus. Das heißt, eigentlich sind es zwei, die ihre Kreise allein ziehen, und Heino Ferch gibt seinem mutmaßlich einsamen Wolf Landmann ein wunderbar abgründiges Lächeln mit.

Wie behauptet man sich zwischen so starken Polen? Bibiana Beglau, im Ensemble des Residenztheaters in München sowie im Hamburger Thalia-Theater auf der Bühne und 2014 zur Schauspielerin des Jahres gekürt, gibt ihrer aus der Welt des Fahrraddiebstahls in das Morddezernat katapultierten Frau Bär möglichst wenig und damit sehr viel mit. Die von der LKA-Ermittlerin Lindholm zunächst eher herablassend behandelte Kriminalpolizistin Bär entwickelt sich in diesen sehenswerten 90 Minuten – und bietet noch viel Potenzial.

Wenn es um Fleischfabriken geht, ist „Der sanfte Tod“ ein Wunschtraum. Wie groß aber ist der Albtraum, in den Charlotte Lindholm hier gerät? Und – geht es bei einer neuen Wurst überhaupt noch um Fleisch?

„Tatort – Der sanfte Tod“. An diesem Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD