Alle Zeichen stehen auf Tod in der „Tatort“-Folge „Liebe mich“: Auch die Wege der Ermittler Faber (Jörg Hartmann) und seiner Kollegin Bönisch (Anna Schudt) trennen sich auf dramatische Weise. Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas /Kost

Schock am Sonntagabend: „Tatort“-Kommissarin Martina Bönisch wird tödlich getroffen. Sie ist nicht die erste Ermittlerin, die im Dienst stirbt. Doch was wird aus ihrem Kollegen?

Stuttgart - Gibt’s einen größeren Schock am Sonntagabend als eine tote „Tatort“-Kommissarin oder einen toten „Tatort“-Kommissar? Der Schreck an diesem Sonntag beim Schauen der Folge aus Dortmund war wohl ähnlich groß wie vor zweiteinhalbtausend Jahren fürs griechische Tragödien-Publikum, als Aischylos einen zweiten Schauspieler auftreten ließ. Größer noch: Der Dortmunder Fall „Liebe mich“ endete mit einem Abgang, dem Tod von Fabers Kollegin Martina Bönisch.

Trägt sie eine Schussweste? Steht sie wieder auf? Dass die Kommissarin mit einer Kugel im Bauch aus dem Dortmunder „Tatort“ aussteigt, war deshalb so verblüffend, weil der verantwortliche Sender WDR und die Schauspielerin Anna Schudt diesen Abgang zuvor nicht zum Thema gemacht hatten. TV-Kritiker, die den Krimi sichten durften, wurden gebeten, aufs Spoilern zu verzichten.

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Der Tod ist eine beliebte Lösung, um Schauspieler, die ihre Karriere fortan vom Kommissaren-Image trennen wollen, den „Tatort“-Ausstieg zu ermöglichen. Fans des Ermittlerpaars aus Weimar erinnern sich an das gespenstische Ende von Christian Ulmen als Kommissar Lessing, der erschossen in einem Kellergang lag, aber in der Fantasie seiner Kollegin und Frau (Nora Tschirner) auch für die Zuschauer sichtbar präsent blieb.

Tod in Münster: Nadesha Krusenstern

Auch die Münsteraner Kriminaloberkommissarin Nadesha Krusenstern und freundliche Assistentin (Friederike Kemper) von Frank Thiel starb im Dienst den Serientod; sie wurde im Januar 2020 von einem fiktiven Kollegen aus Paderborn ermordet.

Tod in Bremen: Hauptkommissar Nils Stedefreund

Das Bremer „Tatort“-Team mit Hauptkommissar Nils Stedefreund und Inga Lürsen (Oliver Mommsen und Sabine Postel) verabschiedeten sich mit einem Todesfall aus dem Dienst: In der an Ostern 2019 ausgestrahlten Folge „Wo ist nur mein Schatz geblieben?“ wurde der Kommissar von einem skrupellosen BKA-Beamten erschossen, als er sich schützend vor seine Kollegin stellte.

Tod in Hamburg: Cenk Batu

Gleich nebenan erwischte es den Undercover-Ermittler Cenk Batu ähnlich kalt: Im Mai 2012 schoss ein SEK-Scharfschütze den Schauspieler Mehmet Kurtulus aus dem Hamburger „Tatort“.

Tod in der Pfalz: Ben Becker als Gast

Auch „Tatort“-Gäste dürfen auf ähnlich spektakuläre Abgänge hoffen: Das zweite Gastspiel von Ben Becker im „Tatort“ aus Ludwigshafen endete für den Polizisten, der zum Dienststellenleiter aufgestiegen war, tödlich: Er erschoss sich 2019 in der Folge „Die Pfalz von oben“ nach dem Auffliegen einer Korruptionsaffäre, an der er beteiligt war, vor den Augen von Lena Odenthal.

Bönisch stirbt nach 22 Folgen

Im Fall der Dortmunder Kommissarin hinterlässt der Abgang eine große emotionale Lücke, nachdem der grantige Faber (Jörg Hartmann) und Bönisch nach zehn gemeinsamen Jahren sich zum Finale ein bisschen annähern durften. Bönisch stirbt in den Armen von Faber, der fortan alleine ermitteln muss.

„Martina Bönisch zu spielen, hat in den letzten zehn Jahren einen großen Platz in meinem Herzen eingenommen“, sagt Anna Schudt zu ihrem Abgang nach 22 Folgen. Es sei allerdings an der Zeit, Lebewohl zu sagen. „Für mich entsteht damit Raum für Neues, auf das ich mich sehr freue.“

Wie geht es nun weiter mit Faber?

„Ich habe mich schon gefragt, wie es ohne sie überhaupt weitergehen kann. Sie ist ohne Frage ein wichtiger Bestandteil des Dortmunder Tatorts“, sagte der zuständige WDR-Redakteur Frank Tönsmann. Die Schauspielerin war nach Tönsmanns Angaben mit dem Wunsch auf ihn zugekommen, sich vom „Tatort“ lösen und damit wieder Freiheit bei der Rollenauswahl bekommen zu können - auch wenn ihr dieser Abschied alles andere als leicht falle.

Entsprechend hätten die „Tatort“-Macher schließlich behutsam auf ihren Serientod hingearbeitet. Nach ihrem Serientod ermittelt Faber nach Information des WDR mit seinen beiden jungen Kollegen erst mal allein weiter. „Zunächst werden wir erstmal in einer Dreierkonstellation weiterarbeiten“, sagt Frank Tönsmann. „Jörg Hartmann ist so engagiert wie eh und je und ganz sicher weiter dabei“, räumte der WDR-Redakteur Befürchtungen aus, Schudts Abschied vom „Tatort“ könne den Abgang des raubeinigen Ruhrgebiets-Ermittlers einleiten.

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„Auf dramaturgischer Ebene ist so ein Figurenabschied auch immer eine Chance, etwas neu zu erzählen - das gilt auch für die Figur von Faber. Er kann jetzt nicht immer so weitermachen. Wir müssen ihm eine neue Perspektive geben“, macht Tönsmann den Faber-Fans Hoffnung. Wie er mit dem erneuten Verlust - so ist seine Figur ja stark geprägt vom Unfalltod von Frau und Kind - umgehen wird, möchte der Redakteur nicht verraten. Nur so viel: „Er wird mit dem Verlust von Martina Bönisch anders umgehen als mit dem Tod seiner Familie“, sagte Tönsmann.