Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets lässt voraussichtlich noch etwas auf sich warten. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Auf die gute Nachricht über die Einführung des 49-Euro-Tickets folgt eine weniger gute: Die Umstellung wird Monate dauern. Und die Stadt fordert Geld vom Land.

Mit dem von Bund und Ländern beschlossenen 49-Euro-Nahverkehrsticket können Reisende gegenüber den im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) ab dem 1. Januar gültigen Tarifen kräftig sparen. Die Frage ist allerdings, ab wann? Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), hat am Donnerstag erklärt, dass eine Einführung nicht vor dem 1. März 2023 realistisch sei. Das Ticket soll es nur online und im Abo geben, für eine Übergangszeit könnten bei kleineren Verbünden aber wohl auch Papierfahrkarten ausgegeben werden.

Preiserhöhung zum 1. Januar beschlossen

Der VVS erhöht seine Fahrpreise zum 1. Januar 2023 um im Schnitt 4,9 Prozent. Das ist längst von zahlreichen Gremien beschlossen oder zur Kenntnis genommen. Bevor Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten sich auf das Deutschlandticket einigten, gab es im Stuttgarter Gemeinderat und im Verkehrsausschuss des für die S-Bahn zuständigen Verbands Region Stuttgart Stimmen, die mit dem neuen Günstigticket den VVS-Tarif kräftig entrümpeln wollen. Dazu werde es kommen, verspricht VVS-Geschäftsführer Horst Stammler, aber nicht gleich. „Wir werden das Tarifwerk im zweiten Schritt bereinigen“, so Stammler, „im ersten lassen wir es vollkommen unverändert.“ De facto würden die bisherigen Abotarife „mit der Einführung des Deutschlandtickets keine Rolle mehr spielen“, denn sie sind teurer als 49 Euro.

Einheitlicher Starttermin wichtig

Stammler plädiert eindringlich für einen bundesweit einheitlichen Starttermin für das neue Angebot. Sonst könnten findige Kunden auf die Idee kommen, quer durch die Republik Tarifverbünde zu wechseln. Die nächste Sitzung des VVS-Aufsichtsrats ist am 29. November. Bis dahin gelte es, alles Wesentliche aufzubereiten. Andere Beteiligte müssten Gesetze verabschieden und die Verteilung der Mittel organisieren. „Wichtig ist, dass Liquidität aus den Ausgleichsleistungen rechtzeitig vor der Einführung zur Verfügung steht“, so Stammler.

Wer schon ein VVS-Abo hat, braucht vorerst nichts zu unternehmen. Der Verbund will möglichst automatisch auf die 49 Euro umstellen. Das verspricht auch die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ihrer Kundschaft.

OB Nopper fordert Geld vom Land

Bund und Länder haben sich beim Gipfeltreffen am Mittwoch gönnerhaft gezeigt. So sollen die Regionalisierungsmittel, die der Bund für die Bestellung von Nahverkehr an die Länder reicht, in diesem Jahr um eine Milliarde erhöht werden. Nahverkehr wird aber auch von Kommunen organisiert und bezahlt. Darauf hat Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) am Donnerstag hingewiesen. Der Zuschussbedarf der SSB steige von früher 20 auf 150 Millionen Euro im Jahr. Alte Fahrzeuge müssten ersetzt, neue Strecken gebaut, das Angebot zum Klimaschutz verbessert werden. Nopper fordert daher das Land auf, einen wesentlichen Teil der Regionalisierungsmittel an die Kommunen weiterzuleiten.

Was wird aus dem Mobilitätspass?

Im Koalitionsvertrag haben Grüne und CDU allerdings vorgeschlagen, dass Kommunen sich selbst eine Finanzierungsquelle für den öffentlichen Nahverkehr erschließen. Sie heißt Mobilitätspass, vulgo Nahverkehrsabgabe. Stuttgart und die VVS-Landkreise beteiligen sich mit Noppers Billigung an Pilotuntersuchungen dazu, das Land will ein Gesetz für die Abgabe schaffen, die zum Beispiel alle Bürger oder alle Autohalter treffen könnte.

Zunächst aber dürfen sich Bus- und Bahnfahrer auf deutliche Einsparungen freuen. Je nach Zonenzahl kommen hohe Summen zustande: Wer bisher ein VVS-Netzticket (Gingen, Kuchen, Geislingen) löste, wird statt 2470 mit dem Deutschlandticket noch 588 Euro im Jahr zahlen, spart also 1882 Euro. Drei Zonen (zum Beispiel Schwaikheim, Plochingen, Leonberg, Steinenbronn) werden um 710 Euro im Jahr billiger, zwei um 387 Euro.