Nach dem Willen der IG Metall sollen Arbeitnehmer selbst entscheiden können wie viel sie arbeiten. Foto: dpa

Die Tarifkommission der IG Metall hat sich darauf verständigt, mit der Forderung nach mehr Geld und weniger Arbeit in die Verhandlungen zu gehen. Unser Kommentator Klaus Köster fragt, ob das gut gehen kann.

Stuttgart - Bei dieser Tarifforderung dürfte manch einem Mittelständler das Blut in den Adern gefrieren. Bis zu vier Jahre lang sollen Beschäftigte nach dem Willen der IG Metall ihre Arbeitszeit reduzieren können, ob sie dafür einen zwingenden Grund haben oder nicht. Für kleine Unternehmen, denen es schon jetzt immer schwerer fällt, sich am Personalmarkt gegen die Konzerne zu behaupten, wäre eine solche Regelung auch jenseits des rituellen Tarifgejammers nur schwer zu verkraften. Ihnen fehlt es schon jetzt an den Mitarbeitern, die die vielen Aufträge abarbeiten.

Dies umso mehr, als die Gewerkschaften auch die Leiharbeit erschwert haben. Die gegenwärtige Tarifpolitik führt somit dazu, dass die Lücken in den Reihen der Mittelständler größer und deren Möglichkeiten, diese zu schließen, kleiner werden. Die Kerze brennt von beiden Seiten. Die IG Metall erzeugt damit Erwartungen, die sich in den Verhandlungen nur noch schwer korrigieren lassen werden.

Lohnforderung von rund sechs Prozent

Dabei greift die IG Metall mit ihrer Forderung durchaus ein gesellschaftspolitisches Thema auf, das zunehmend an Dringlichkeit gewinnt. Immer mehr Menschen haben Angehörige zu pflegen – das ist mit einem Vollzeitjob oft nur unter größten Mühen zu vereinbaren. Doch die Gewerkschaft beschränkt ihre Forderung ausdrücklich nicht auf Menschen, die sich zwischen Familie und Beruf zerreißen müssen, sondern will einen individuellen Rechtsanspruch für jedermann durchsetzen. Nur der zusätzliche Lohnausgleich soll an Bedingungen geknüpft werden.

Die empfohlene Lohnforderung in der Größenordnung von sechs Prozent fällt gegenüber den Forderungen zur Arbeitszeit kaum noch ins Gewicht, obwohl sie noch über die vergangene Tarifrunde hinausgeht. Allerdings hat die IG Metall hier den Trend auf ihrer Seite. Der Mangel an Fachkräften zwingt die Unternehmen ohnehin dazu, sich stärker um Mitarbeiter zu bemühen, auch durch hohe Gehälter. Doch diese können sie nur zahlen, wenn noch genügend Beschäftigte zur Arbeit kommen und den Laden am Laufen halten.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de