Mit dem Rückhalt der Basis: Verdi-Chef Frank Werneke am Verhandlungsort in Potsdam. Foto: dpa/Carsten Koall

Die Gewerkschaften reagieren enttäuscht auf das Angebot von Bund und Kommunen, das ein Einkommensplus im Volumen von zwölf Prozent vorsieht. In den nächsten Wochen werden die Proteste intensiviert – speziell im Südwesten.

Als „völlig unakzeptabel“ wertet die Gewerkschaft Verdi das Angebot, das die Arbeitgeber von Bund und Kommunen in der zweiten Verhandlungsrunde in Potsdam vorgelegt haben – damit sei eine Einigung in weite Ferne gerückt, heißt es.

Somit sollen auch in Baden-Württemberg die Warnstreiks in den kommenden Wochen stark ausgeweitet werden. Die Gewerkschaft rechnet mit einer sehr hohen Beteiligung, da im Vorfeld der Tarifrunde bereits an die 50 000 Beschäftigte im Land mit ihrer Unterschrift Streikbereitschaft bekundet hatten.

Den Auftakt machen Anfang nächster Woche Beschäftigte in Pforzheim, Baden-Baden, Rastatt, in den Landkreisen Rems-Murr und Böblingen, in Rottenburg und Tübingen sowie den Kliniken in Ehingen und Blaubeuren. Die Arbeitsniederlegungen würden in den kommenden Wochen Schritt für Schritt ausgeweitet, heißt es. Betroffen seien alle Bereiche des kommunalen Dienstes.

Zuvor hatten die Arbeitgeber ein Angebot vorgelegt, das eine tabellenwirksame Erhöhung von drei Prozent zum 1. Oktober 2023 und von zwei Prozent zum 1. Juni 2024 über eine Laufzeit von insgesamt 27 Monaten vorsieht. Dazu kommt eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in zwei Raten von 1500 Euro im Mai 2023 und von 1000 Euro im Januar 2024. Nach Rechnung der kommunalen Arbeitgebervereinigung VKA ergibt sich allein aus dem Inflationsausgleichsgeld und der Entgelterhöhung beispielsweise für einen Müllwerker ein Plus von etwas mehr als 12 Prozent – während eine Pflegefachkraft auf ein Plus von 10,8 Prozent komme.

Die Verhandlungsführerin der Kommunen, VKA-Präsidentin Karin Welge, wies zudem auf die Erhöhung der Jahressonderzahlung hin, die auch eine Verbesserung für den Fachkräftebereich vorsehe. Zudem enthalte die Offerte die für die kommunalen Arbeitgeber wichtigen Punkte bezüglich der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Sparkassen und Versorgungsbetriebe. „Am Ende hat das Angebot ein Volumen von rund zwölf Prozent und würde die Arbeitgeber mehr als 11,7 Milliarden Euro kosten“, sagte die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin. „Das ist kein Pappenstiel.“

„Kein Angebot besser als diese Kampfansage“

Verdi-Landeschef Martin Gross hält dagegen: „Kein Angebot wäre besser gewesen als diese Kampfansage.“ Statt einer Stärkung der besonders belasteten unteren Einkommensgruppen durch einen Mindestbetrag wollten die Arbeitgeber sogar die Jahressonderzahlung für die oberen Einkommensgruppen überproportional erhöhen. Verdi fordert für die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen 10,5 Prozent höhere Entgelte – mindestens aber 500 Euro mehr im Monat.

Die Arbeitgeber hatten aus Verdi-Sicht zuletzt betont, dass die Inflation rückläufig sei, sodass die Belastung mit der Inflationsprämie ausgeglichen werden könne. Dies sei „doppelter Unsinn“, kritisiert Landesvize Hanna Binder. „Zum einen wissen die Arbeitgeber genau, dass Inflation immer dauerhaft an den Einkommen nagt – zum anderen hat sie längst wieder angezogen: in Baden-Württemberg allein im Januar von 7,9 auf 8,5 Prozent.“

Die dritte und möglicherweise finale Verhandlungsrunde ist vom 27. bis 29. März geplant – mit der Option auf eine Verlängerung. Denkbar erscheint es diesmal, dass im Anschluss eine Schlichtung erfolgen muss.