Verdi rollt bei der Post wieder die Flaggen aus. Foto: dpa/Moritz Frankenberg

Die Führung der Deutschen Post DHL hat noch keine Antwort auf die 15-Prozent-Forderung der Gewerkschaft. Daher will Verdi den Tarifkonflikt nach der zweiten Verhandlungsrunde auch in Baden-Württemberg zuspitzen.

Es ist die bisher höchste Tarifforderung in der Energie- und Inflationskrise: 15 Prozent mehr Einkommen verlangt die Gewerkschaft Verdi für die rund 160 000 Tarifbeschäftigten bei der Deutschen Post DHL. Da ist es wenig erstaunlich, dass die Verhandlungen am Donnerstag in der zweiten Runde kaum vorangekommen sind. „Die Arbeitgeber haben sich sehr deutlich geäußert, dass sie nicht bereit sind, den Reallohnverlust und die Inflation auszugleichen“, so Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.

Arbeitsniederlegungen auch in der Brief- und Paketzustellung

Somit ruft die Gewerkschaft auch in Baden-Württemberg zu Warnstreiks auf. Am Donnerstagnachmittag gab es Arbeitsniederlegungen zu Beginn der Abendschicht in allen Brief- und Paketzentren (Verteilzentren). Betroffen sind die Standorte Mannheim, Karlsruhe, Bruchsal, Pforzheim, Heilbronn, Freiburg, Offenburg, Lahr, Waiblingen, Salach, Köngen, Reutlingen, Villingen-Schwenningen, Eutingen und Weingarten. Mit Beginn der Frühschicht an diesem Freitag, so Verdi, soll auch in der Brief- und Paketzustellung gestreikt werden. Im Südwesten arbeiten rund 25 000 Beschäftigte bei der Post, davon 14 Prozent Beamte.

Verdi argumentiert auch mit der Wirtschaftslage des Unternehmens. Im November hatte die Deutsche Post für 2022 das erfolgreichste Jahr der Konzerngeschichte mit einem operativen Ergebnis von 8,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Schon 2021 betrug das Ergebnis 8,0 Milliarden Euro.

„Unternehmen macht einen Schweinegewinn“

„Das Unternehmen macht einen Schweinegewinn, der ins Unermessliche läuft – während die Arbeitsbedingungen wirklich brutal sind“, sagte Verdi-Landesleiter Martin Gross unserer Zeitung. Er könne sich nicht erinnern, dass die Leute bei der Post so sauer gewesen seien „angesichts dessen, was sie schaffen müssen und wie wenig sie vom Gewinn abkriegen“. Die Belastung sei „riesengroß, auch wegen der Personalknappheit“.

Auch dieses Unternehmen habe Probleme, neue Arbeitskräfte zu bekommen. Es wäre „ein wichtiger Beitrag, mit anständiger Beschäftigung statt mit Sub- und Subsubunternehmen konkurrenzfähig zu bleiben.“ Der Landeschef erklärt die Rekordforderung auch damit, dass 88 Prozent oder 140 000 der 160 000 Tarifbeschäftigten bei der Post in den Entgeltgruppen eins bis drei eingruppiert sind. Das Monatsgrundentgelt beträgt dort zwischen 2108 und 3090 Euro brutto. Diese Beschäftigten seien in besonderem Maße von der hohen Inflation betroffen. Gross verweist zudem auf die Dividende für das Geschäftsjahr 2021, die von 1,35 auf 1,80 Euro angestiegen sei, was in etwa 30 Prozent entspreche – „unsere Forderung ist bloß halb so hoch“. Ihm sei allerdings klar, „dass die Leute uns an der Forderung messen werden“ – was auf einen langen, harten Tarifkampf hindeuten könnte.

Arbeitgeber will in der dritten Runde ein Angebot vorlegen

Ein Sprecher der Post berichtete, man habe Verdi „eine Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht, in denen es vor allem um die Bausteine und Struktur der Lohnerhöhungen ging“. Das Unternehmen habe deutlich gemacht: „Die gewerkschaftliche Annahme, dass Lohnsteigerungen durch Preiserhöhungen weitergegeben werden können, trifft wegen der umfassenden Preisregulierung für das Brief- und Paketgeschäft in Deutschland nicht zu.“

Es sei aber „die Grundlage geschaffen, um in der dritten Verhandlungsrunde am 8./9. Februar ein Angebot vorzulegen, das sich an einem fairen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten und den ökonomischen Realitäten der Post orientieren wird“. Die Umsetzung der 15 Prozent Tariferhöhung würde dem Sprecher zufolge eine Mehrbelastung für das Unternehmen von einer Milliarde Euro bedeuten.