Gewerkschaften hatten zum Streik des öffentlichen Dienstes aufgerufen, wie hier Mitte Februar auf dem Schlossplatz in Stuttgart. Foto: dpa

Nach dem Tarifabschluss für die Angestellten der Länder wollen die Landesbeamten in Baden-Württemberg davon profitieren. Dazu muss der Beamtenbund mit der grünen Finanzministerin Sitzmann verhandeln – die tut sich schwer mit der sofortigen Übernahme und bietet einen Pakt an.

Stuttgart - Nach dem Tarifabschluss für die Angestellten der Länder von 4,35 Prozent für zwei Jahre fordert der Beamtenbund Baden-Württemberg die sofortige und inhaltsgleiche Übertragung des Ergebnisses auf die 184 000 Beamten und 127 000 Versorgungsempfänger im Südwesten. „Ich gehe davon aus, dass wir nicht mehr lange darum feilschen müssen“, sagte der Landesbund-Chef Volker Stich dieser Zeitung. Der Abschluss liege nicht allzu hoch über den veranschlagten Personalkostensteigerungen. Zudem verwies er auf Bayern, Rheinland-Pfalz und andere Länder, die schon erklärt haben, den Abschluss eins zu eins übernehmen zu wollen.

„Einkommensschere geht auseinander“

Kritisch sieht Stich die Einführung der Lohnstufe 6 für die Entgeltgruppen 9 bis 15, die nach dem Potsdamer Kompromiss in zwei Schritten zum 1. Januar und 1. Oktober 2018 erfolgen soll. Davon profitieren zwar länger dienende Tarifangestellte, doch geht Stich zufolge damit auch die Einkommensschere zwischen Beamten und Angestellten während des Berufslebens deutlich auseinander – selbst wenn man die Notwendigkeit der Tarifkräfte berücksichtige, für ihre Rente privat vorzusorgen. Zum Beispiel erhalte der Angestellte in der Entgeltgruppe 9 dann nach 15 Jahren rund 4000 Euro, der Beamte nach 28 Jahren in der vergleichbaren Besoldungsstufe A9 aber lediglich 3268 Euro. „Von einer Benachteiligung des Tarifbereichs kann keine Rede mehr sein“, sagte Stich. Dies könne für junge Leute bedeutend sein, die eher auf die Zahlen schauten – der Beamtenberuf werde für sie womöglich weniger attraktiv. Schon jetzt würden die Arbeitgeber oft kein Personal mehr finden.

Baldige Gespräche mit der Landesregierung in Sicht

Nun dürften „relativ bald“ Gespräche mit der Landesregierung beginnen, nachdem es schon in den vergangenen Wochen intensive Kontakte des Landesbundes mit den Fraktionen von CDU und Grünen sowie der Staatskanzlei gegeben hat. Alle Signale stehen auf Kooperation. Auch Stich hofft auf ein konstruktives Verhältnis und will sich der von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) angebotenen mehrjährigen Paketlösung nicht verschließen. „Wir streben keinen Pakt an“, sagte er. „Aber wenn die Landesregierung ihn anbietet, werden wir ihn ernsthaft in Erwägung ziehen.“

Was dabei alles verhandelt wird, ist noch offen. Zunächst ist die Regierung am Ball, ihre Position deutlich zumachen. Stich zufolge könnte dabei eine Revision der Besoldungstabellen zur Sprache kommen, die er wegen der Lohnlücke mittelfristig fordert – zudem der Umstand, dass die unteren Besoldungsgruppen A5 und A6 in großen baden-württembergischen Städten mit hohen Lebenshaltungskosten unter das Sozialhilfeniveau zu rutschen drohen. In Stuttgart sei dies bereits der Fall. Folglich müsse die in Potsdam für den Tarifbereich vereinbarte Mindesterhöhung von 75 Euro auch im Beamtenbereich „adäquat umgesetzt werden“, verlangt der Landesbund-Vorsitzende.

Karlsruhe bleibt ein Thema für den Beamtenbund

Er gehe „mit einer Portion Nüchternheit“ in die Gespräche, weil er wohl nicht „die Erfüllung aller unserer Wünsche“ erreichen werde, so Stich – „aber auch mit der klaren Überzeugung, dass wir uns nicht mit Fehlentscheidungen abspeisen lassen“. Für diesen Fall schließt er weiterhin nicht aus, dass der Beamtenbund vor dem Bundesverfassungsgericht klagen könnte. Das entsprechende Gutachten der Speyrer Verwaltungswissenschaftlerin Gisela Färber, präventiv erstellt als Munition für eine solche Auseinandersetzung, liegt bekanntlich schon vor.