Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes fordern auch mit Streiks – wie hier in Stuttgart – höhere Einkommen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Verwaltungsausschuss setzt sich das ökolinke Lager durch. Die Landeshauptstadt wird Fachkräfte im Sozial- und Erziehungsbereich rückwirkend besser bezahlen.

Die Landeshauptstadt wird den Bezieherkreis für ihre 2014 eingeführte Zulage im Erziehungsbereich, den „Tarif plus“, und tarifliche Zulagen (130 und 180 Euro) erheblich ausweiten. Die Fraktionen Puls und SPD haben zum Nachtragsetat 2023 einen entsprechenden Antrag gestellt. Grüne und Linksbündnis sicherten im Verwaltungsausschuss die Mehrheit, die sich auch im Gemeinderat stellen.

Mit dem Tarif plus zahlt die Stadt bisher monatlich 100 Euro zusätzlich, in ihren Kitas aber nur bis zur Entgeltgruppe S 8b (Einstiegsgehalt: 2995 Euro pro Monat). Leitungspositionen sind davon ausgenommen. Mit der Zulage will die Stadt die Fluktuation reduzieren, also Personal halten, aber auch neue Fachkräfte gewinnen. Der Zuschlag sollte eigentlich über drei Jahre abgeschmolzen werden, er wurde aber vom Gemeinderat bisher in jedem Haushalt verlängert.

Fachkräftemangel wirkt sich aus

Puls und SPD argumentieren, dass der Mangel an Fachkräften im Erziehungsbereich und in der Schulkindbetreuung anhält und dieser letztlich Eltern davon abhalten kann, wieder umfangreicher ins Berufsleben einzusteigen. Mit ausreichend Erziehungspersonal könne man also auch dem Fachkräftemangel in anderen Berufsfeldern begegnen.

Fachbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) hatte den Antrag im Jugendhilfeausschuss mit Blick auf den Nachtragshaushalt 2023 aus formalen Gründen abgelehnt. Da keine Dringlichkeit oder unabweisbare Situation vorliege, könne er nicht berücksichtigt werden, so Fezer laut Protokoll.

Im Verwaltungsausschuss lehnten CDU, Freie Wähler, FDP und AfD den Antrag auf die 100 Euro monatlich ab. Das Anliegen sei nachvollziehbar, man wolle aber „nicht mitten im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes eingreifen“, so FDP-Fraktionschef Matthias Oechsner. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz verwies auf die Beratungen zum Doppelhaushalt 2024/25, die bald starten. Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer (CDU) versuchte den Antrag mit dem Hinweis zu stoppen, dass die Stadt Beschäftigten in anderen Bereichen jetzt nicht erklären könne, warum man bei ihnen nicht über Zulagen spreche. Außerdem müsse man grundsätzlich über eine Stuttgart-Zulage sprechen, aber dann geordnet im Doppelhaushalt. „Wir müssen alles tun, um Personal zu halten“, sagte die Grünen-Sprecherin Petra Rühle.

Das Geld soll auch rückwirkend fließen

Die Zulage soll rückwirkend zum 1. Januar auf alle Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsbereich in den Kindertagesstätten der Stadt und auch der freien Träger ausgeweitet werden, außerdem auf die in der Schulkindbetreuung in den Ganztagsschulen und Schülerhäusern. Profitieren würden insgesamt rund 4900 Beschäftigte. Die Zusatzkosten belaufen sich auf 5,87 Millionen Euro im Jahr. Ob die Zulage über 2023 hinaus gezahlt wird, will der Rat in den Beratungen zum Doppelhaushalt entscheiden. Das Linksbündnis hat zum Nachtragsetat eine Reihe von Forderungen wie zum Beispiel die Rücknahme von Mieterhöhungen bei der Wohnungsbautochter SWSG, die Verdoppelung des Guthabens auf der Familiencard und kostenlosen Nahverkehr im VVS für Bonuscard-Inhaber angekündigt. Eine Mehrheit für diese Hilfen ist nicht absehbar.