Der Mann hinter dem Tanzfestival „Colours“: Eric Gauthier Foto: J. Riederer

Smart, charmant, verbindlich: Wenn Eric Gauthier anklopft, dann findet sich Geld für ein Festival, und selbst der VfB-Kapitän eilt, um auf der Bühne Freistöße zu schießen. So staunt Stuttgart über die getanzte Vielfalt.

Ab in den Urlaub!

Doch noch ein wenig Party gab es für Marie Chouinards Tänzer nach der erfolgreichen Premiere ihres neuen Stücks. Immerhin: Der Botschafter Kanadas, extra aus Berlin angereist, bat im oberen Theaterhaus-Foyer zum Empfang. Nach den beiden Stuttgarter Aufführungen und dem Rückflug am Montag steht für die Kompanie aus Montréal sowieso Urlaub im Kalender. Nicht lange, dann sind sie zurück in Deutschland: Beim Berliner Festival „Tanz im August“ zeigen sie ihre Neuproduktion.

Helfer Egon Madsen

Auch Egon Madsen darf bei „Colours“ nicht fehlen. Doch der Kompanie-Coach von Gauthier Dance ist eher auf der Durchreise und schaute nur an den ersten Tagen des Festivals hinter den Kulissen nach dem Rechten. Nach Hamburg muss er noch, auch John Neumeier setzt auf die Hilfe des Ex-Kollegen, und dann schnell zurück nach Italien. Seine Frau, die frühere Stuttgarter Tänzerin Lucia Isenring, erzählt Madsen, brauche nach einer Hüftoperation Beistand.

NDT: Es gibt wieder Karten

Was ist das Schöne an einem von Sponsoren großzügig unterstützten Festival? Ein tolles Programm, klar. Aber auch das: Plötzlich kommen unverhofft Kartenkontingente zurück. So zum Beispiel für den ersten Abend des sehr begehrten – und deshalb seit langem ausverkauften – Auftritts des Nederlands Dans Theater mit dem Kronos Quartet. Nicht auf Ebay, sondern ganz direkt an der Kasse im Theaterhaus gibt es nun wieder Karten für „Spiritwalking“ am 6. Juli.

Wie macht der das?

Smart, charmant, verbindlich: Wenn Eric Gauthier anklopft, dann findet sich Geld für ein Festival, und selbst der VfB-Kapitän eilt, um auf der Bühne Freistöße zu schießen. „In Berlin wäre das undenkbar“, sagt Sandra Luzina. Die Tanzkritikerin des „Tagesspiegels“ ist für die ersten Tage von „Colours“ aus Berlin angereist, wo sich Tanzfestivals, wie sie berichtet, mit der Finanzierung schwertun. „Ich wollte mal sehen, wie Eric Gauthier das macht“, sagt sie.

Auf nach London

Die Kritikerin des britischen Magazins „Dance Europe“ kommt viel herum und ist immer wieder erstaunt über den Reichtum der Tanzwelt jenseits des Ärmelkanals. „Ich hätte gerne, dass Gauthier Dance einmal in London tanzt, diese Kompanie würde zum Beispiel prima ins Sadler’s Wells passen“, sagt Deborah Weiss. Dass der Leiter des Londoner Tanzhauses zum Auftakt des „Colours“-Festivals in der Premiere von Marie Chouinard sitzt, ist vielleicht schon der erste Schritt. Noch einen, den Deborah Weiss gerne näher kennenlernen würde: Marco Goecke – an der Aussprache arbeitet sie bereits.

Stuttgart tanzt

Zusammen für eine bessere Welt? Ganz einfach geht das an der „Dance for Good“-Tanzbox am oberen Ende der Königstraße. Die Währung sind hier Tanzschritte, die Mercedes-Benz-Bank tauscht sie um in Euro. Verwendet werden sie für ein integratives Tanzprojekt von Eric Gauthier, das benachteiligten Jugendlichen und jungen Flüchtlingen eine Brücke zurück in die Normalität bauen will. Ein Sechs-Sekunden-Tänzchen reicht schon, um groß auf dem Display außen herauszukommen – und um Gutes zu bewegen. Der „Colours“-Sponsor Mercedes-Benz-Bank überweist für jeden Tänzer sechs Euro, ihr Vorstand Franz Reiner, Initiator der Aktion, war unter den ersten. „Tanz verbindet“, sagte er, „das ist auch ein Statement für Stuttgart und die Region.“ Bis jetzt sind mehr als 6000 Euro zusammen, bis zum 12. Juli wird gesammelt. (ak)