Tansanias Präsident John Magufuli (links) Foto: AFP

In Tansania wird Präsident John Magufuli vom Reformer zum Autokraten. In Brüssel ist man entsetzt.

Daressalam - Bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren wurde Tansanias Präsident John Magufuli noch als Vertreter einer neuen Generation dynamischer afrikanischer Staatschefs gefeiert. Doch der autokratische Führungsstil des „Tingatinga“ (Kisuaheli für Planierraupe) genannten Politikers ließ bald Zweifel an der demokratischen Verwurzelung Magufulis aufkommen: Verhaftungen und das Verschwinden zahlreicher Oppositionspolitiker und Journalisten nährten die Befürchtung, der ostafrikanische Staat könne zu einer Diktatur verkommen.

Jetzt hat der Rausschmiss des EU-Botschafters aus Tansania zu einem offenen Zerwürfnis zwischen den Gebernationen und deren einstigem Lieblingsland geführt: Nach wiederholter Kritik an Magufulis Regierungsstil musste der Holländer Roeland van de Geer die Hauptstadt Daressalam verlassen. Der „tief besorgte“ europäische Staatenbund werde seine Politik gegenüber Tansania „einer umfassenden Überprüfung“ unterziehen, hieß es aus Brüssel.   Nur wenige Wochen zuvor hatte die Weltbank einen 300-Millionen-Dollar-Kredit für Bildungsprojekte auf Eis gelegt, weil die tansanische Regierung schwangere Schülerinnen aus den Schulen wirft und das infrage stellen offizieller Statistiken als Verbrechen verfolgen lässt. Kurz darauf hatte Dänemark fast zehn Millionen Dollar an Entwicklungshilfe ausgesetzt: Kopenhagen hatte an der Ankündigung eines Politikers der Regierungspartei Anstoß genommen, Homosexuelle ausfindig zu machen und vor Gericht zu bringen. Die Regierung distanzierte sich zwar von dieser Initiative: Trotzdem wurden auf der Insel Sansibar zehn Männer verhaftet, denen vorgeworfen wird, die Hochzeit eines gleichgeschlechtlichen Paares organisiert zu haben. Auf homosexuelle Liebe stehen in Tansania bis zu 30 Jahre Gefängnis.

Washington und Kopenhagen legen Kredite auf Eis

  Die jüngsten Vorfälle sind nur der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe an Menschenrechtsverletzungen, die dem Magufuli-Regime vorgeworfen werden. Allein in diesem Jahr brachte die Regierung Dutzende von Journalisten und Oppositionspolitikern hinter Gitter: Manche verschwanden spurlos, wie vor einem Jahr der Reporter der Zeitung „Mwananchi“, Azory Gwanda. Er hatte über eine Reihe politischer Morde recherchiert. Die Pressefreiheit sei in Tansania praktisch außer Kraft gesetzt, klagt die US-Organisation „Freedom House“: Mehrere Zeitungen und Radiostationen wurde die Lizenz entzogen, Kritik am Präsidenten wird als „Beleidigung“ bestraft, Blogger müssen sich registrieren lassen und dafür mehr als 900 US-Dollar bezahlen – soviel wie der Jahresverdienst eines Durchschnittstansaniers.

Magufuli entließ Beamte und sagte der Korruption den Kampf an

Der inzwischen 59-jährige Magufuli hatte seine Präsidentschaft 2015 unkonventionell begonnen. Statt wie früher üblich mit einem teuren Gala-Dinner beging er den Unabhängigkeitstag, indem er in Daressalam die Straßen reinigte. Er entließ Beamte, die nicht rechtzeitig zur Arbeit erschienen, sagte der Bestechung den Kampf an und säuberte die staatliche Gehaltsliste, auf der rund 16 000 nicht existierende Beamte aufgeführt waren, deren Gehälter sich korrupte Kollegen in die Tasche schoben. Auf Twitter machte damals der Hashtag „#Was würde Magufuli tun?“ in den sozialen Medien die Runde. Unter ihm wurden Ärgernisse von Menschen in anderen Ländern aufgezählt, mit denen Magufuli – wäre er nur auch ihr Präsident – endlich aufräumen würde. Inzwischen schlagen Kritiker des Autokraten die Umbenennung des Hashtags vor: „Was tut denn Magufuli nun schon wieder!“

  In Tansania selbst ist die Zustimmung für Magufuli von einst 90 Prozent der Bevölkerung auf knapp die Hälfte gesunken. Viele befürchten, er könnte die Geldströme aus Europa zum Versiegen bringen – allerdings kann der Autokrat vor allem im afrikanischen Ausland auch mit Sympathien rechnen. Im April dieses Jahres kürten Zigtausende afrikanischer Fernsehzuschauer Magufuli zum besten Führer des afrikanischen Erdteils – und stellten ihn damit in eine Reihe mit anderen nationalistischen Helden des Kontinents – wie Muammar al-Gaddafi, Ex-Diktator Lybiens, oder Robert Mugabe, Simbabwes ehemaliger Präsident.